Besuch im Rathaus:Arbeitsplatz mit Aussicht

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"Es ist der schönste Arbeitsplatz Münchens", sagt die Bürgermeisterin über ihr Büro. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Bärlis, ein Wegweiser und eine Dusche: Im Büro von Münchens Dritter Bürgermeisterin mischt sich Privates mit Kunst und Seventies-Style. Christine Strobl fehlt an ihrem Arbeitsplatz nur eine Sache.

Von Andreas Glas

Wäre man nicht selbst durch die Tür herein gekommen, man würde glauben, es gäbe in diesem Raum gar keine Türen. Weil die weiße Schrankwand, die rechts und links des Eingangs verläuft, sich kaum von der Tür abhebt. Es sei sogar schon vorgekommen, dass ihre Gäste in den Schrank spaziert sind statt zur Tür hinaus, erzählt Christine Strobl, Dritte Bürgermeisterin, die hier, im zweiten Stock des Münchner Rathauses ihr Büro hat. Dass sie hier immer noch Gäste empfängt, daran hatte Strobl vor einem halben Jahr gar nicht mehr geglaubt.

Denn eigentlich war sie schon ausgezogen. Sie hatte ihren Schreibtisch ausgeräumt, hatte ausgemistet und alles in Kisten gepackt, in den Schränken sind die meisten Fächer immer noch leer. Aber dann platzten die Dreier-Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, CSU und Grünen und die SPD-Politikerin wurde doch wieder zur Bürgermeisterin gewählt. Zur Dritten Bürgermeisterin zwar, aber weil Josef Schmid (CSU), der neue Zweite Bürgermeister in das eigentliche Büro des Dritten Bürgermeisters zog, durfte Christine Strobl in ihrem Arbeitszimmer bleiben. "Sehr froh" sei sie darüber: "Es ist der schönste Arbeitsplatz Münchens."

Seit Januar 2006 residiert die SPD-Politikerin Christine Strobl in ihrem Büro im zweiten Stock des Rathauses, mit Blick auf den Fischbrunnen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ein schöner Altbau mit toller Aussicht

Der schönste Arbeitsplatz Münchens ist "35 oder 40 Quadratmeter" groß, sagt Strobl, ganz genau wisse sie das selbst nicht. Ein heller Raum mit Fischgrätparkett, weißen Wänden und hohen Decken, wie es sich für einen anständigen Altbau gehört. "Manche Besucher stellen sich das noch viel pompöser vor, die glauben, dass hier überall Kronleuchter hängen", sagt Strobl.

Statt Kronleuchtern strahlen 13 helle Halogenlampen von der Decke, im Zentrum des Raums steht ein großer Besprechungstisch, über dem Tisch hängt das Gemälde eines Bergpanoramas, eine Leihgabe der Galerie im Lenbachhaus, in warmen Farben gehalten: rot, gelb, orange. Der Rest wirkt eher kühl, aber es wäre natürlich Quatsch, daraus Rückschlüsse auf die Persönlichkeit der Büroinhaberin zu schließen. Außerdem: Wer putzige Eisbärenbabys mag, der kann gar kein kühler Mensch sein. Und Eisbärenbabys findet man in Strobls Büro überall - zum Beispiel auf einem Foto, das an der Edelstahl-Pinnwand hinter ihrem Schreibtisch hängt.

Großes Geheimnis: Das Schild hat Strobl "gemopst". (Foto: Alessandra Schellnegger)

"Meine Bärlis", sagt Strobl, und streichelt mit der Hand über das Bild der beiden Hellabrunner Eisbärenschwestern Nela und Nobby. Neben dem Eisbären-Foto hängt ein Bild ihrer Kinder, darunter eines von Oskar Maria Graf, ihrem Lieblingsschriftsteller. "Das war es dann aber schon mit dem privaten Schnickschnack", sagt Strobl. Auch das schönste Büro ist und bleibt eben ein Arbeitszimmer.

Wonach ihre Gäste oft als erstes fragen, sagt Strobl, sei das weiße Schild, das auf ihrem Aktenschränkchen an der Wand lehne. "Pilgerweg" steht darauf geschrieben. Es ist eines jener Schilder, die während des Besuchs von Benedikt XVI. vor acht Jahren in der ganzen Stadt aufgehängt wurden, um den Weg zur Papstmesse nach Riem zu weisen. "Das habe ich mir damals gemopst", sagt Strobl, aber das sei ein Geheimnis: "Nicht weitersagen."

Viele Klinken in den Wänden

Ein wenig geheimnisvoll wirkt auch die Klinke hinter ihrem Schreibtisch. Wieder so eine Tür, die sich kaum von den weißen Wänden ihres Büros abhebt. Dahinter befindet sich allerdings kein Geheimgang, sondern ein winziger, schmuckloser Raum, der im Wesentlichen aus einem ebenso winzigen, karierten Schlafsofa besteht. "Das Sofa ist für mich zu kurz", sagt Strobl, aber für eine kurze Pause zwischen zwei Terminen tauge es schon: "Fenster auf, zehn Minuten runter kommen, dann geht's wieder."

Notfalls hilft ja immer noch eine kalte Dusche. "Hier ist die Seventies-Style-Toilette", sagt Strobl und öffnet eine weitere Tür. Seventies-Style deshalb, weil die Wände im Bürgermeister-Badezimmer mit beige-braunen Fliesen gekachelt sind, die zuletzt in den Siebzigerjahren in Mode waren. Am Waschbecken steht der übliche Badezimmer-Kram: Parfüm, Haarbürste, Haarspray. Vor allem die Dusche sei "schon ein Privileg", sagt Strobl, "im Sommer bin ich wirklich froh, wenn ich mich mal frisch machen kann".

Dann ist die Büroführung zu Ende, auf dem Weg zum Ausgang bleibt Strobl noch einmal am Fenster stehen: "Aber das Schönste am ganzen Büro ist der Blick auf den Marienplatz und rauf zum Alten Peter." Das Einzige, was hier fehle, sagt sie, sei ein Balkon: "Das wär's noch."

In den nächsten Tagen folgen Beiträge über die Büros des Zweiten Bürgermeisters Josef Schmid und von Oberbürgermeister Dieter Reiter.

© SZ vom 28.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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