Münchner Mietmarkt:Der Abgeordnete und die Provisionsfalle

  • Eine Maklerin verlangt die Provision für die Wohnungsvermittlung von dem Mietinteressenten.
  • Dieser Mietinteressent selbst hat im Bundestag dafür gestimmt, dass dies nicht mehr möglich ist: Seit Juni gilt die Regelung, dass derjenige den Makler bezahlen muss, der ihn bestellt.

Von Bernd Kastner

Dem Interessenten gefiel die Wohnung sehr gut, man war sich schon handelseinig. Schwabing, gleich beim Englischen Garten, bezahlbare Miete. Perfekt. Die Eigentümerin verabschiedete sich nach der Besichtigung, der Mieter ging mit der Maklerin noch in ein Café um die Ecke, um letzte Details zu klären. Bald aber kam die Wohnungsvermittlerin auf ein Problem zu sprechen, das die Makler-Branche in Aufregung versetzt: Seit Juni zahlt nicht mehr automatisch der Mieter die Provision, sondern der, der ihn beauftragt, also meist der Vermieter.

Die Eigentümerin aber, erklärte die Maklerin beim Kaffee, sehe nicht ein, zu tun, was das Gesetz von ihr verlangt: Sie wolle die Provision nicht bezahlen. Also müsse er, der Interessent, einen Vertrag mit der Maklerin unterschreiben, um so zu tun, als habe er sie beauftragt. Per Post käme dann die Rechnung an ihn - üblich waren bisher zwei Kaltmieten.

Ein Abgeordneter erlebt, wie das Gesetz umgangen wird...

So berichtet der Mietinteressent, was er in der ersten Juniwoche erlebt habe. Er heißt Florian Post und ist von Beruf Bundestagsabgeordneter. Er gehört der SPD an und ist einer jener Parlamentarier, die dieses neue Gesetz beschlossen haben. Ein Gesetz der Logik, denn nun muss zahlen, wer anschafft; ein Gesetz zum Wohle von Mietern, ganz im Sinne der SPD.

Doch nun spürt ausgerechnet der Regierungsabgeordnete Post, dass er in München lebt, und hier sitzen nun mal die Vermieter am längeren Hebel. Ja, habe die Maklerin gesagt, sie kenne die neue Regel schon, sie wisse auch, dass ihr Gegenüber das Gesetz gerade erst mitbeschlossen habe, aber: So ist halt München. Das habe die Frau lachend gesagt. Damit habe sie wohl auch recht, sagt Post: So funktioniert der Münchner Mietmarkt.

Wirklichkeit trifft auf Paragrafen. Apropos typisch München: Post sucht eine neue Bleibe, weil er aus seiner bisherigen Wohnung raus müsse.

... und wird selbst Opfer vom Münchner Wohnungsmarkt

Die sei verkauft worden, und die neue Eigentümerin habe Eigenbedarf angemeldet. Er habe, erzählt der Schwabinger Abgeordnete, mit der Suche nach einer neuen Bleibe eigens bis Juni gewartet, um in den Genuss seines eigenen Mieterschutz-Gesetzes zu kommen. Stattdessen fiel er in eines jener Löcher, von denen dieses Gesetz geprägt ist. Man muss im Internet nur die Tipps und Tricks lesen: "So können Immobilienmakler das Bestellerprinzip umgehen", lautet einer der lockenden Titel.

Der einfachste und ungefährlichste - weil legale - Tipp lautet für Eigentümer einfach so: Provision klaglos zahlen, dafür die Miete anheben. Merkt in München eh keiner. Wer es allerdings so dreist versucht wie das Eigentümer-Makler-Duo, an das Post geraten ist, läuft Gefahr, ein saftiges Bußgeld zu kassieren. Vorausgesetzt, der Mieter lässt sich darauf ein. Post sagt, er habe keine Lust auf Wohnärger von Anfang an und nicht unterschrieben. Stattdessen wolle er im Justizministerium die Tricks prüfen lassen. Um dann gegebenenfalls via Bundestag die Schlupflöcher zu stopfen.

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