Besorgte Bands:"Es gibt Musiker, die Angst haben"

Besorgte Bands: Mit Regenbekleidung sind die Kontrollen noch etwas beschwerlicher. Für viele Fans war am Dienstag das Wetter die Hauptsorge.

Mit Regenbekleidung sind die Kontrollen noch etwas beschwerlicher. Für viele Fans war am Dienstag das Wetter die Hauptsorge.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Coldplay, Blink 182 oder Robbie Williams: In den kommenden Wochen finden in München viele große Konzerte statt.
  • Der Veranstalter Marek Lieberberg hat die Polizei um Unterstützung gebeten. Viele Konzertgänger und Künstler seien wegen potenziellen Terrors besorgt.
  • Die Polizei hat die Einsatzkräfte wegen der generellen Verunsicherung ohnehin aufgestockt.

Von Thomas Schmidt

Musikveranstalter Marek Lieberberg fordert eine sichtbare Polizeipräsenz bei seinen Konzerten in München. Unter den Eindrücken der Anschläge von Manchester und London sowie der Unterbrechung des Musikfestivals "Rock am Ring" würden sich Musiker immer wieder besorgt bei ihm informieren, wie es um die Sicherheit in Deutschland stehe. Daher bitte er das Münchner Polizeipräsidium um "sichtbare Unterstützung". Die Polizei hat die Zahl ihrer Einsatzkräfte für das Coldplay-Konzert am Dienstagabend auch tatsächlich aufgestockt, mit der Bitte Lieberbergs habe das aber nichts zu tun, erklärt ein Sprecher auf Anfrage.

Die vielen tausend Menschen, die schon vom Nachmittag an ins Olympiastadion strömen, merken sehr wohl, dass sich die Sicherheitslage verändert hat. An den Kontrollen am Eingang sind auch Polizisten beteiligt. Besucher mit größeren Taschen und Rucksäcken müssen diese in gesonderten Zelten abgeben, selbst kleinere Handtaschen sind - entgegen anderer Ankündigungen - nicht erlaubt. Einige Coldplay-Fans nehmen das gelassen. Sie wirken, als ob sie sich mehr ums Wetter sorgen als um alles andere. Die Gepäckabgabe geht schleppend voran und ist nicht überdacht, die Leute müssen im Regen warten. Selbst als das Konzert beginnt, stehen noch einige vor dem Stadion, dementsprechend wütend sind die Kommentare bei Twitter.

Der Abend ist der Auftakt zu einer dichten Konzertserie im Olympiapark: Nach Coldplay im Olympiastadion stehen unter anderem auf dem Programm: Green Day (Mittwoch, Olympiahalle), Depeche Mode (Freitag, Olympiastadion) sowie Guns n' Roses (Dienstag nächster Woche, Olympiastadion). Kurz darauf folgen Kings Of Leon und Blink-182, im Juli kommen Andreas Gabalier und Robbie Williams.

Die Musiker der Punk-Band Green Day hätten explizit um Polizeischutz gebeten und nachgefragt, ob Einsatzkräfte vor der Halle stünden, berichtet Veranstalter Lieberberg. "Es gibt Musiker, die Angst haben", sagt er der SZ. Wenn der Wunsch nach einer Begleitung durch die Polizei nicht erfüllt werde, könne dies zu Absagen von Konzerten führen. Konkret sei dies zwar nicht geplant, "aber wir wissen nicht, wie sich Gruppen entscheiden", mahnt Lieberberg. "Wir möchten vermeiden, dass es zu Absagen kommt. Das ist keine leere Drohung, die Befindlichkeiten sind im Moment so, dass alle sehr aufgeregt sind."

Der Konzertveranstalter aus Frankfurt warnt seit Tagen vor Problemen für das Konzertgeschäft wegen der schwierigen Sicherheitslage. Nach der Unterbrechung des Festivals "Rock am Ring" hatte er in einer emotionalen Rede Muslime aufgefordert, gegen Gewalt und Terror zu demonstrieren. Nun warnt er davor, dass die abstrakte Terrorgefahr "jederzeit zu einer konkreten Gefahr werden kann".

Für das Sicherheitsbedürfnis von Musikern und Zuschauern reiche es nicht aus, "wenn sich Polizeikräfte nur im Hintergrund aufhalten. Das ist zu wenig. Hier muss Flagge gezeigt werden", fordert Lieberberg. Er als Veranstalter habe bereits "auf die Bedrohung reagiert" und die Sicherheitsvorkehrungen "erheblich gesteigert". Das Sicherheitspersonal sei aufgestockt worden. "Wir beobachten das Umfeld der Hallen, wir patrouillieren das Gelände." Das allein reiche aber nicht aus, er sei auf die Unterstützung durch die Polizei angewiesen.

Besorgte Bands: Lange Schlangen, genaue Kontrollen: Vor dem Konzert von "Coldplay" mussten sich die Fans schon am Nachmittag auf längere Wartezeiten einstellen.

Lange Schlangen, genaue Kontrollen: Vor dem Konzert von "Coldplay" mussten sich die Fans schon am Nachmittag auf längere Wartezeiten einstellen.

(Foto: Stephan Rumpf)

"In Dresden wird unser Konzert von Anti-Terror-Einheiten und auch von gepanzerten Fahrzeugen begleitet", berichtet Lieberberg. Das Publikum empfinde das als "geeignete Maßnahme", die Menschen fühlten sich dadurch geschützt. Im Gegensatz zu Fußballspielen gebe es bei Konzerten keinerlei negative Einstellungen gegenüber den Einsatzkräften, sondern eher einen "Schulterschluss".

Lieberberg hält den Mehraufwand für die Sicherheitsbehörden angesichts der aktuellen Lage für vertretbar: "Ich meine, dass das die Polizei überhaupt nicht in dem Maße belastet, wie beispielsweise Hochsicherheitsspiele der Bundesliga, wo ganze Hundertschaften vorhanden sind und sich auch immer wieder zwischen die Fronten werfen müssen."

Die Aufstockung ist keine Reaktion auf eine konkrete Gefahr

Die Münchner Polizei versucht derweil, die Aufregung herunterzukühlen. Ja, man habe die Zahl der Einsatzkräfte für das Coldplay-Konzert aufgestockt auf etwa 100 Beamte, berichtet Sprecher Werner Kraus. Zudem seien eine Reiterstaffel und Sprengstoff-Hunde im Einsatz. Kraus betont aber, dass "wir in jedem Fall Präsenz gezeigt hätten", auch vor Manchester und London. Außerdem sei die Aufstockung der Kräfte am Olympiastadion keine Reaktion auf eine konkrete Gefahr. Der Grund dafür sei vielmehr die "Verunsicherung in der Bevölkerung". Die Polizisten sollen vor allem beruhigend wirken. Sollte wider Erwarten doch "irgendwas passieren", könne man sofort weitere Kräfte hinzuziehen.

Ob die großen Konzerte in den kommenden Tagen und Wochen ebenfalls verstärkt geschützt werden, sei noch nicht klar, sagt Polizeisprecher Kraus. "Wir entscheiden das von Einsatz zu Einsatz." Das Präsidium bewerte von Fall zu Fall die aktuelle Lage und das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung. Für die Einlasskontrollen vor den Konzerten sei ohnehin der Veranstalter zuständig.

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