Beschäftigungsprogramm:Nach 14 Jahren Arbeitslosigkeit wieder eine feste Stelle

Beschäftigungsprogramm: Nach 14 Jahren ohne Job brauchte Sewa Mensah die Hilfe des Jobcenters. Jetzt hat er wieder Arbeit - und hilft selbst, in Flüchtlingsheimen.

Nach 14 Jahren ohne Job brauchte Sewa Mensah die Hilfe des Jobcenters. Jetzt hat er wieder Arbeit - und hilft selbst, in Flüchtlingsheimen.

(Foto: Robert Haas)
  • "Plan B" ist ein Projekt des Jobcenters München, über das Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen.
  • Dabei kümmert sich ein Berater, in diesem Fall Akquisitor genannt, um 50 Arbeitsuchende - in der regulären Beratung sind es 200.

Von Christoph Koopmann

Mit ruhiger, rauchiger Stimme erzählt Sewa Adje Tetevi Mensah von seiner Arbeit: "Bis vor kurzem habe ich in einer Flüchtlingsunterkunft den Bewohnern bei vielen Sachen geholfen." Er arbeitete im Hausservice der Unterkunft an der Hellabrunner Straße, die von der Johanniter-Unfallhilfe betrieben wird . Jetzt hilft er dabei, ein neues Lager in der Hofmannstraße herzurichten. Mittlerweile gehört er fest zum Betreuungsteam der Johanniter, ist ein wichtiger Mitarbeiter, doch das war nicht immer so: Noch bis April war der gebürtige Togolese arbeitslos, sehr lange sogar. Über das Beschäftigungsprogramm "Plan B" fand er nach 14 Jahren Arbeitslosigkeit einen festen Job.

"Plan B" ist ein Projekt des Jobcenters München, über das Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Seit gut eineinhalb Jahren läuft das Programm bereits, finanziert wird es vom Bund. Dabei werden die Bewerber von sogenannten "Akquisitoren" intensiv beraten. Ein Berater kümmert sich um 50 Arbeitsuchende, in der regulären Beratung beim Jobcenter sind es 200. Die Akquisitoren suchen dann passende Stellen und versuchen, die Arbeitslosen an Unternehmen zu vermitteln. "Bisher konnten wir 116 Menschen wieder einen Job vermitteln", sagt Sabine Schultheiß, stellvertretende Geschäftsführerin des Jobcenters.

Über einen Freund, der mithilfe des Projekts einen Job am Flughafen bekam, hatte Mensah von dem Programm gehört und ging Anfang des Jahres zum Jobcenter. "Ich wollte da unbedingt mitmachen", sagt er. "Irgendwie musste ich Geld verdienen." Denn nur mit einem festen Job konnte er seine Familie aus Togo hierher holen.

Ende der Siebzigerjahre war Mensah aus Togo zum Studium nach Wien gegangen und über eine Zwischenstation im kanadischen Quebec in München gelandet. Lange Zeit hatte er einen festen Job bei einer Firma, die Anhängerkupplungen herstellte. Als diese 1994 pleite ging, stand er plötzlich ohne Arbeit da. Er machte eine Ausbildung zum Industriekaufmann, doch auch die half ihm auf der Suche nach einer langfristigen Beschäftigung nicht weiter. Mit Gelegenheitsjobs, etwa als Postbote, verdiente er gerade genug zum Leben. "Zwischendurch habe ich mit Freunden sogar eine Entrümpelungs-Firma gegründet, aber da bekamen wir irgendwann keine Aufträge mehr", erzählt der 60-Jährige, der mindestens 15 Jahre jünger aussieht.

Als er zum ersten Mal mit Jobcenter-Akquisitorin Heike Lodenkämper zusammentraf, war er verzweifelt. "Aber ich war immer motiviert, ich wollte unbedingt arbeiten", sagt er. Als er Lodenkämper von seiner Lebensgeschichte erzählte, hatte sie eine Idee: "Weil Herr Mensah selbst in der Situation war, in ein völlig fremdes Land zu kommen, dachte ich gleich an einen Job in einem Flüchtlingsheim", sagt sie. Er kenne schließlich die Probleme und Fragen, die ein Flüchtling zum Anfang hat.

Die Mentorin vm Arbeitsamt

Wenn Lodenkämper und die sieben anderen Berater den Werdegang und die Qualifikationen ihrer Kunden kennen, machen sie sich auf die Suche nach passenden Arbeitgebern. "Dabei müssen wir die Unternehmen erst einmal dafür sensibilisieren, dass viele Jobs auch von Leuten gemacht werden können, die schon ein paar Jahre nicht gearbeitet haben", sagt die Jobcenter-Beraterin. So stellte sie den Kontakt zu den Johannitern her, machte sich für Mensah stark. "Menschlich hat das Anforderungsprofil für diesen Job gepasst, auch wenn er beruflich eigentlich nicht dafür qualifiziert war", erzählt Lodenkämper. Auch beim Vorstellungsgespräch unterstützte sie Mensah. "Das hat mir viel Sicherheit gegeben", sagt er.

Schließlich bekam Sewa Mensah den Job bei den Johannitern - sogar mit einem unbefristeten Vertrag. "Genau das ist das Ziel unseres Projekts", sagt Lodenkämper. Aus lange währender Perspektivlosigkeit soll mit "Plan B" langfristige Sicherheit werden - für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber. Als Anreiz für die Unternehmen zahlt der Bund hohe Lohnkostenzuschläge: Zu Beginn der Beschäftigung eines "Plan B"-Bewerbers werden 75 Prozent des Gehalts übernommen, die Förderung wird dann entweder über 18 oder 36 Monate stufenweise zurückgefahren. "So wollen wir den Arbeitgebern die Chance geben, die neuen Mitarbeiter geduldig einzuarbeiten, ohne dabei Nachteile zu haben", erklärt Jobcenter-Vizechefin Schultheiß.

Coaches sind bei Fragen da - auch nach Arbeitsbeginn

Zudem werden sowohl der Arbeitnehmer als auch das Unternehmen von Coaches beraten, auch nachdem das Arbeitsverhältnis begonnen hat. Sie sollen Probleme lösen, mögliche Fragen beantworten und zwischen beiden Seiten vermitteln. Das stabilisiere die Arbeitsbeziehung zusätzlich, so Schultheiß.

Bis Mai 2017 kann das Jobcenter noch Langzeitarbeitslose im Rahmen von "Plan B" vermitteln, dann endet die Förderung durch den Bund. Insgesamt 300 Menschen sollen dann mithilfe des Projekts wieder Arbeit haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: