Bericht des Stadtkämmerers:Die Kleinen sind der dickste Brocken

Vom Kindergarten bis zur Philharmonie, vom Friedhof bis zum Theater: Die Stadt bietet jede Menge Dienstleistungen an, die jedes Jahr riesige Summen verschlingen. Die Nutzer müssen nun - etwa bei den Kindergartengebühren - deutlich mehr zahlen.

Von Berthold Neff

Das meiste Geld gibt die Stadt für ihre Kindergärten aus. Der Finanzdaten- und Beteiligungsbericht, den Stadtkämmerer Ernst Wolowicz demnächst im Rathaus vorlegen wird, listet von 2000 bis 2004 die stolze Summe von 401 Millionen Euro auf. Rechnet man noch die Kindertagesbetreuung (in Kinderkrippen) sowie die Kooperationsmodelle für Kinderbetreuung hinzu, steigert sich der städtische Aufwand für Münchens Kleinste auf 700 Millionen Euro. Dies entspricht fast einem Drittel der Beihilfen von knapp zwei Milliarden Euro, die von der Stadt in diesen fünf Jahren an ihre Betriebe überwiesen wurden.

Auch der zweite große Brocken wird für soziale Zwecke verwendet. An die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG, bei denen die Stadt fast alle Anteile hält, gingen von 2000 bis heute insgesamt 340 Millionen Euro, so dass ins Bau- und Wohnungswesen 18 Prozent aller städtischen Hilfen gesteckt werden. Der Bereich Bildung, Wissenschaft und Kultur beansprucht 26 Prozent des städtischen Beihilfen-Etats.

Spitzenreiter ist hier die Stadtbibliothek mit 140 Millionen Euro, gefolgt von den Münchner Kammerspielen (knapp 100 Millionen) und den Münchner Philharmonikern (knapp 79 Millionen).

Jeder zehnte Euro aus dem städtischen Jahres-Etat von rund fünf Milliarden Euro fließt in die Arbeits- und Wirtschaftsförderung. Das meiste davon - nämlich fast 190 Millionen Euro - fließt dorthin, wo einst die Flugzeuge abhoben: zur Messe München GmbH nach Riem.

Ins Erdinger Moos, zur Flughafen München GmbH (städtischer Anteil 23 Prozent) überwies die Stadt in den letzten fünf Jahren knapp 106 Millionen Euro. Beim MVV kommt sie hingegen vergleichsweise billig weg, nämlich mit einem jährlichen Zuschuss von etwa 450 000 Euro.

Mit einigen ihrer Regiebetriebe macht die Stadt aber durchaus gute Geschäfte. Die Dulten zum Beispiel schließen seit Jahren schon stets mit Gewinn ab. Sie profitierten zwar davon, dass ihnen die Stadt etwa den Mariahilfplatz in der Au oder große Teile der Fußgängerzone unter Wert (zu Pachten zwischen 90 Cent und 2,84 Euro pro Quadratmeter) und seit 2002 sogar unentgeltlich überließ, lieferten dafür aber Überschüsse an den städtischen Haushalt ab. Auch das Oktoberfest (wird wegen der Brauchtumspflege unter ¸¸Kultur" geführt) fährt schon lange keine Verluste mehr ein, sondern überwies zuletzt im Schnitt eine halbe Million Euro im Jahr an die marode Stadtkasse.

Welchen Aufwand die Stadt vor allem auch bei der Kultur leistet, wird bei einem Blick auf die Deckungsgrade deutlich. Bei der Stadtbibliothek und beim Stadtmuseum beträgt er kaum neun Prozent, die Münchner Philharmoniker spielen immerhin ein Fünftel ihrer Kosten wieder ein, so dass ihr jährlicher Fehlbetrag bei etwa 15,7 Millionen Euro liegt. Der städtische Zuschuss pro Nutzer beträgt bei der Stadtbibliothek 154 Euro. Bei jedem Medium, das dort über die Theke wandert, ist die Stadt mit 2,60 Euro dabei. Bei ihren Kammerspielen subventionierte die Stadt jeden Besuch mit bis zu 578 Euro (im Jahr 2000, als die kostspielige Sanierung anstand). Mittlerweile hat sich der Zuschuss auf 158 Euro pro Gast verringert.

Die meisten der städtischen Firmen, von denen der Kämmerer Auskunft verlangte, zeigten sich kooperativ und verrieten auch, wie hoch die Gehälter der Chefs sind. Sie leisten hiermit dem Artikel 94 der Gemeindeordnung Folge, wonach die Kommunen verpflichtet sind, im Beteiligungsbericht die Bezüge der Geschäftsführer aufzuführen, damit man überhöhten Gehältern ¸¸im Hinblick auf die allgemeinen Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entgegentreten" kann.

Die unrühmlichen Ausnahmen machten aber gerade einige jener Betriebe, die von der Stadt in den letzten fünf Jahren die meisten Zuschüsse erhalten. Die Flughafen München GmbH (105 Millionen), die Olympiapark München GmbH (57 Millionen), das Deutsche Theater München (12,5 Millionen), die Stadtwerke München GmbH (knapp zehn Millionen) oder der Altenheim-Träger Münchenstift (9,5 Millionen). Einige der Betriebe verweigerten dem Kämmerer auch Einblick in ihre Planzahlen, was Ernst Wolowicz aber künftig nicht mehr akzeptieren will: ¸¸Wer städtische Finanzhilfen in Anspruch nimmt, muss sich damit abfinden, dass die Stadt diese Mittelverwendung aufzeigt."

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