Berg am Laim:Nur für Einzelfälle

Eine Ausnahmeregelung ermöglicht, dass pflegebedürftige Senioren Wohnungen an der Seebrucker Straße beziehen dürfen

Von Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

Die behindertengerechten Wohnungen in der Gewofag-Anlage an der Seebrucker Straße müssen nicht länger leer stehen: Dieser Standort des Erfolgsprojekts "Wohnen im Viertel" ist gesichert - jedoch nur mit Hilfe einer Ausnahmeregelung, die der Sozialausschuss des Stadtrates nun beschlossen hat.

Seit 2008 gibt es in München dieses Projekt, das es ermöglicht, dass Pflegebedürftige in ihrer Umgebung bleiben können, weil die städtische Wohnungsbaugesellschaft barrierefreie Wohnungen zur Verfügung stellt und einen Pflegedienst beauftragt, dessen Einsatz sich an diesen Stützpunkten gut bündeln lässt. Bisher hatte die Stadt das Projekt finanziert, doch neuerdings steht sie auf dem Standpunkt, dies sei Aufgabe des Bezirks Oberbayern. Neueste Rechtsprechung lege dies nahe. Der Bezirk sei zuständig für die Eingliederung Behinderter - genau darum gehe es hier.

Das sieht nicht nur der Bezirk anders, auch die Wohlfahrtsverbände kritisieren die Haltung der Stadt. Pflegebedürftigkeit im Alter verlange nicht nach Eingliederung, es gehe nicht darum, einem Behinderten das Einkaufen beizubringen oder das Einschrauben einer Glühbirne: "Wir kaufen für die Menschen ein und wir sorgen für die neue Glühbirne, so ist das", sagt etwa Geschäftsführerin Karin Majewski vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Die juristische Konstruktion, mit der das Sozialreferat nun die Finanzierung des neuen Stützpunktes für die Wohnungen an der Seebrucker Straße über Einzelfalllösungen finanzieren will, sei zu komplex, um zukunftstauglich zu sein, kritisiert Majewski. Diese Regelung kläre nicht den Status der bestehenden 129 Einheiten und sie erlaube leider keine Perspektive für die geplanten Projekte an der Sehererstraße in Laim und der Attenkofer Straße in Sendling-Westpark. Auch die Gewofag räumt ein, dass die ungeklärte Finanzierungsthematik die Belegung dieser Komplexe verzögern werde.

In dem Papier für den Sozialausschuss jedoch beharrte das Sozialreferat grundsätzlich auf seiner neuen Auslegung des Gesetzes. Die Stadträte trugen die Vorlage mit, froh, dass die Anlage an der Seebrucker Straße nun genutzt werden kann. Gleichzeitig machten aber CSU, SPD und Grüne übereinstimmend deutlich, dass eine grundsätzliche Lösung her muss.

Um die bemühe man sich in Gesprächen mit dem Bezirk, erklärt Sozialreferatssprecher Matthias Winter. Zu einem Ergebnis sei man bisher nicht gekommen. Majewski erklärt, in diesem Streit gebe es derzeit keinen Schiedsrichter, da niemand einem Pflegebedürftigen oder dessen Angehörigen ein Gerichtsverfahren aufbürden wolle. Also gehe die Stadt nun den Weg, mit dem Bezirk gemeinsam eindeutige Kriterien zu definieren, um Klienten für Wohnen im Viertel zu bestimmen. Offen sei, wer die Definitionsmacht habe. Für Majewski ist nur eines klar: Den eindeutigen Wunsch des Stadtrats dürfe das Referat nicht ignorieren: "Wohnen im Viertel muss bestehen bleiben."

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