Beitrag zur Integration:Begeistert vom Praktikum

Münchenstift bildet in einem Pilotprojekt junge Flüchtlinge für die Altenpflege aus

Von Sven Loerzer

Seine Praktika hätten alle Spaß gemacht, sagt der 21-jährige Mayatu aus Sierra Leone. Im Gartenbau hat er sich versucht und auch im Kindergarten. Er hat ausprobiert, ob ihm eine Ausbildung als Kameramann oder fürs Radio taugt. Gefallen hat ihm das alles schon, "aber nicht so wie bei den Senioren". Nach dem Orientierungspraktikum in der Altenpflege bei dem städtischen Heimträger Münchenstift stand für ihn fest: "Das ist mein Beruf." Mayatu ist einer von zwölf jungen Männern und vier Frauen, die an diesem Donnerstag ihre Ausbildung in einem Pilotprojekt beginnen, das auch vom Bundesarbeitsministerium gefördert wird: Münchenstift-Geschäftsführer Siegfried Benker hat nach umfangreicher Vorarbeit erstmals eine eigene Ausbildungsklasse für junge Flüchtlinge eingerichtet.

Mayatu kam vor fünf Jahren zusammen mit seinem jüngeren Bruder nach Deutschland. Er hat schon einmal die einjährige Ausbildung zum Pflegefachhelfer absolviert, scheiterte aber an der schriftlichen Prüfung. Inzwischen hat er mit Unterstützung des Heimträgers seine Deutschkenntnisse erheblich verbessern können und freut sich auf die zweite Chance.

"Die meisten Senioren sprechen bairisch, nicht hochdeutsch."

"Junge Menschen mit Fluchthintergrund brauchen Begleitung für den Erfolg in der Ausbildung", sagt Benker. Sie sollen nicht nur die einjährige Ausbildung zum Altenpflegefachhelfer schaffen, sondern auch die daran anschließende dreijährige Ausbildung zur Altenpflegefachkraft. "Da Altenpflege ohne Zuwanderung gar nicht mehr denkbar wäre, hat die Münchenstift GmbH auch viel Erfahrung in der Anwerbung und Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund", betont Benker. Die Ausbildung von jungen Flüchtlingen nütze auch den Senioren, die so neue engagierte Fachkräfte erhalten.

Jedes Jahr fangen 70 bis 80 Auszubildende neu an, mit rund 250 Auszubildenden in den verschiedenen Lehrjahren ist der städtische Träger der größte kommunale Ausbilder in der Pflege. Bis zu 90 Prozent der Auszubildenden sind Migranten. Um ihnen den Start zu erleichtern und Orientierung in München zu geben, steht ihnen schon seit einigen Jahren Heidi Obermeier zur Seite. Um das Pilotprojekt mit den Flüchtlingen kümmert sich Christian Wiedemann als Koordinator, die halbe Stelle dafür finanziert das Bundesarbeitsministerium. Etwa die Hälfte der jungen Flüchtlinge, die jetzt in die insgesamt vierjährige Ausbildung starten, kommt aus afrikanischen Ländern, die andere aus dem arabischen Bereich. Viele wohnen noch in Jugendhilfeeinrichtungen oder in Gemeinschaftsunterkünften. Zumindest für die Ausbildungszeit ist das Bleiberecht gesichert, danach haben sie bei erfolgreichem Abschluss in dem Mangelberuf beste Aussichten, bleiben zu können, zumal sie dann einen unbefristeten Arbeitsvertrag bei dem Heimträger erhalten.

Seit Anfang August absolvieren die jungen Auszubildenden des Pilotprojekts einen Intensiv-Deutschkurs mit 5,5 Stunden täglichem Unterricht und haben so inzwischen alle ein mittleres Sprachniveau erreicht. Mayatus Sorge ist dennoch die Sprache: "Die meisten Senioren sprechen bairisch, nicht hochdeutsch." Ein bisschen Dialekt habe er aber schon gelernt.

Parallel zur Ausbildung gibt es noch weiteren Deutschunterricht, wie Wiedemann erklärt. Er kümmert sich um Begleitung zu Arzt- und Behördenbesuchen, hilft bei der Zimmersuche. Und auch bei Alltäglichem: Gesunde Ernährung bringt ein Kochkurs näher. "Wir wollen einen Schwimmkurs und Sportvereinsmitgliedschaften organisieren", sagt Wiedemann. Auch Exkursionen sind geplant. All das soll den angehenden Pflegekräften erleichtern, sich in München zu integrieren.

Ghulam Rasool Saidjan Zada, 26, kam 2015 aus Afghanistan. "Meine Tante arbeitet seit 23 Jahren beim Münchenstift." Er hat dort ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolviert, "die Arbeit gefiel mir". Salahkalbi Mohamed Ibrahim, 19, aus Somalia, möchte eigentlich Arzt werden, "weil ich so viele Leute gesehen habe, denen ich nicht helfen konnte". Er hat ebenfalls das FSJ absolviert und sich danach für die Ausbildung in der Pflege entschieden. "Ich möchte mit Menschen arbeiten, es macht mir Spaß, sie zu unterhalten", sagt der 19-Jährige. Zudem habe er nette Mitarbeiter getroffen. "Die Arbeit in der Altenpflege gefällt mir gut. Da ist es ganz anders als das Bild, das man von außen hat."

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