Bayerns Innenminister zum Moschee-Urteil:"Muslime brauchen angemessene Gebetsräume"

Im Streit um den Bau der Moschee am Gotzinger Platz hat Bayerns Innenminister früh einen Bebauungsplan gefordert. Vom Verwaltungsgericht München wurde er jetzt darin bestätigt. Günther Beckstein im Gespräch

Berthold Neff

SZ: Rechnen Sie es sich als Verdienst an, die Moschee am Gotzinger Platz zumindest vorerst verhindert zu haben?

Beckstein: Von einem Verdienst kann keine Rede sein. Ich bin ja auch dafür, dass Muslime angemessene Gebetsräume und Moscheen haben sollen, und zwar nicht nur im Hinterhof. Aber auch ein Moscheebau muss die Interessen der Nachbarschaft berücksichtigen.

SZ: Ihrer Meinung nach hat die Stadt dafür nicht gesorgt?

Beckstein: Das hat sie in der Tat nicht. So ein Projekt kann nur über einen Bebauungsplan realisiert werden. Hätte die Stadt rechtzeitig den Bebauungsplan in die Wege geleitet, läge er jetzt längst vor.

SZ: Ihre Argumente haben beim Gericht nur am Rande gezählt, die Richter richteten ihr Augenmerk vor allem auf den Verkehr, den dieser Bau auslöst.

Beckstein: Warten Sie doch erst einmal die schriftliche Urteilsbegründung ab. Die Minarette hatte der Antragsteller ja schon aus diesem Verfahren herausgenommen.

SZ: Sie haben den Baustil als ,,anatolisch'' kritisiert, das Gericht hatte daran aber nichts auszusetzen. Finden Sie den Stil noch immer inakzeptabel?

Beckstein: Ich räume ein, dass ich dieser Frage mehr Gewicht beigemessen habe als das Gericht. Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass sich eine Moschee anatolischen Baustils nicht in die Umgebung einfügt. Im Verfahren des Bebauungsplans hätte man solche Dinge gut und transparent diskutieren können.

SZ: Welcher andere Stil würde Ihnen denn besser gefallen?

Beckstein: Wir haben in Bayern durchaus Beispiele von Moscheen, die sich besser in die Umgebung einfügen.

SZ: Halten Sie den Standort Gotzinger Platz für richtig?

Beckstein: Wenn der Trägerverein das Projekt kleiner realisieren will, kann die Moschee dort gebaut werden, in der bisher geplanten Größe aber nur anderswo. Man muss bedenken, dass die Moschee eine Attraktivität über München hinaus entwickeln wird. Da muss man auch über das Verkehrsaufkommen reden.

SZ: Was die Parkplätze betrifft, war der Freistaat sonst oft damit einverstanden, die Parkplätze zu begrenzen. Nun können es plötzlich gar nicht genug sein?

Beckstein: Wir haben doch nicht gesagt, dass möglichst viele nötig sind. Aber man muss die Zahl der Parkplätze an der Zahl der Besucher ausrichten. Im Bauleitplanverfahren wird auch dies zu klären sein. Wir hätten da schon längst Gewissheit, wenn sich die Stadt nicht aus ideologischen Gründen auf den Justament-Standpunkt verlegt hätte.

SZ: Aber die staatlichen Behörden haben sich neun Monate Zeit gelassen, bis sie den Vorbescheid abgelehnt haben.

Beckstein: Es ist richtig, dass dies einige Zeit gedauert hat. Ich bestreite ja nicht, dass die Regierung von Oberbayern und mein Ministerium intern geprüft haben. Dabei hat sicher eine Rolle gespielt, dass eine Ablehnung dieses Projekts politische Diskussionen mit der Stadt München auslösen würde.

SZ: Inwiefern haben Sie Einfluss genommen auf die Entscheidung?

Beckstein: Ich habe mehrere Besprechungen angesetzt. Die staatlichen Behörden haben sehr sorgfältig gearbeitet. Die tatsächliche Ablehnung hat ja dann auch heftige Diskussionen ausgelöst, Oberbürgermeister Ude hat mich in sehr massiver Weise angegriffen. Deshalb haben wir so sorgfältig geprüft.

SZ: Sie werden wohl von Herbst an als Ministerpräsident für alle Bayern Verantwortung übernehmen. Es stellt sich die Frage, ob die Muslime dazugehören.

Beckstein: Ich bitte um Nachsicht, dass ich meine Antwort nicht darauf beziehe, welches Amt ich von Oktober an bekleiden werde. Tatsache ist, dass ich auch als Innenminister nicht nur für die Einwohner Bayerns Verantwortung trage, die Christen oder Atheisten sind, sondern auch für die Muslime.

Ich nehme für mich in Anspruch, dass ich als erster Politiker europaweit nach den Anschlägen vom 11. September eine Moschee besucht habe, um deutlich zu machen, dass man gläubige Muslime nicht mit Terroristen in einen Topf werfen kann. Ich habe erst kürzlich zwei Moscheen in Bayern besucht. Es ist wichtig, dass auch Muslime angemessene Gebetsräume und Moscheen haben. Dieses Anliegen ist in einem ordentlichen Verfahren mit den Interessen der Anwohner abzustimmen.

SZ: Inwieweit wollen Sie sich an dem nun beginnenden Verfahren beteiligen?

Beckstein: Ich habe den Verantwortlichen des Trägervereins Ditim, der ja Bauherr der geplanten Moschee ist, schon mehrmals ein Gespräch angeboten. Mein Angebot steht nach wie vor.

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