Bayerische Staatsbibliothek:Revolution in der Stabi

Durst nach Wissen - und Wasser: Die Staatsbibliothek erlaubt Studenten neuerdings, Trinkflaschen mit in den Lesesaal zu nehmen.

Martina Scherf

"Revolution!" schreibt ein Nutzer auf Facebook. "Ein kleiner Schritt für die Stabi, ein großer Schritt für die Menschheit!", ein anderer. Es handelt sich bei diesen euphorischen Kommentaren nun keineswegs um die Tatsache, dass die Bayerische Staatsbibliothek vor kurzem die Originalpredigten des Origenes von Alexandria in ihrem Fundus entdeckt hat, ein Grundfundament christlichen Denkens. Nein, die "Stabi" an der Ludwigstraße erlaubt seit Montag die "Mitnahme von Trinkwasser in handelsüblichen Plastikflaschen" im Lesesaal. Und diese kleine Revolution hat ihr eine Welle der Sympathie eingetragen.

Wissenschaftler des ehrwürdigen Hauses hegten große Bedenken gegen eine solche Aufweichung der Sitten, einige waren anscheinend geradezu entsetzt, dass man eine solche Maßnahme überhaupt erwogen hat. Es gab intensive Diskussionen im Mitarbeiterstab, an deren Ende sich die Direktion aber entschloss, eine Testphase zu wagen. An der Uni-Bibliothek auf der anderen Straßenseite, an der TU und in vielen Fachbibliotheken in München, aber auch in anderen Universitätsstädten ist das Mitnehmen von Wasser in die Lesesäle schon seit einigen Jahren erlaubt.

Jetzt also auch in der ehrwürdigen Staatsbibliothek. "Es ist in letzter Zeit sehr viel Unruhe im Lesesaal entstanden, weil die Nutzer immer raus und rein gingen, um sich an ihren Spinden mit Getränken zu versorgen", sagt Sprecher Peter Schnitzlein. Jetzt kann wieder Ruhe einkehren, und die Studierenden können ihre Gehirnzellen frisch halten.

"Ausreichend Flüssigkeitszufuhr ist beim Lernen wichtig", sagt eine Studentin, die sich ebenfalls über die Neuerung "riesig freut". Erlaubt ist aber ausschließlich Wasser in durchsichtigen Flaschen, die unter den Tischen abgestellt werden müssen. Kein Cola, kein Cappuccino. Das Risiko hält sich in Grenzen, sagt Schnitzlein. Zwar gibt es Bücher aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, die nicht ausgeliehen werden dürfen, also nur im Lesesaal zugänglich sind.

Aber die wertvollen Handschriften, Atlanten und andere Originale werden im großen Lesesaal ohnehin nicht ausgegeben. Dafür gibt es Forschungslesesäle, und dort ist das Trinken nach wie vor nicht erlaubt.

Mehr als 200 "Gefällt mir"-Einträge auf der Facebook-Seite der Stabi hat die neue Lesesaal-Regelung schon am ersten Tag gebracht. Das ist mehr als bei allen anderen Neuigkeiten. Allerdings fragt sich auch eine Besucherin: "Wie haben wir das früher nur ausgehalten, als wir nicht immer und überall am Tropf gehangen haben?"

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