Bayerische Idiome:Der raue Dialekt der Rhöner

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Bayern, Hessen und Thüringen teilen sich ein Gebirge - aber nicht den Dialekt. Der ist in der Rhön wie die Landschaft: rau.

Nadja Katzenberger

Hinter Bad Neustadt, in Richtung Bischofsheim, wird es einsam. Die Landschaft ist hügelig - davon leitet sich der Name "Rhön" ja auch ab. Vom Keltischen "raino" und das bedeutet eben "hügelig". Fast 1000 Meter ist das Mittelgebirge hoch, das sich Bayern, Hessen und Thüringen teilen. Nicht aber den Dialekt - bis auf wenige Ausnahmen.

Geografisch gehört etwa Fladungen gerade noch zu Bayern. Ein letzter Zipfel Franken - einen Kilometer weiter beginnt Hessen. Doch eine scharf gezogene Grenze teilt die Rhön in zwei Sprachräume. Auf der einen Seite, vom hessischen Fulda bis zum thüringischen Bad Salzungen, ist der osthessische Einschlag stärker, auf der anderen Seite setzte sich das Ostfränkische durch - mit Einflüssen aus dem Grabfelder und Henneberger Dialekt.

Viele Völker haben sich in der Rhön niedergelassen, von Kelten und Germanen bis hin zu Hermunduren (auch Elbgermanen genannt), Thüringern und Alemannen. Auf letztere gehen viele Ortsnamen mit den Endungen -ingen und -ungen zurück, wie etwas Meiningen, Salzungen oder Fladungen.

Weil immer wieder um die Salzquellen gekämpft wurde, wechselten im Mittelalter ständig die Machtverhältnisse, weshalb vor allem auf der Thüringer Seite ein Mischdialekt aus Osthessisch, Mainfränkisch und Westthüringisch entstanden ist.

Charakteristisch für die ganze Rhön ist die Veränderung des ,,W'' bei Fragewörtern zum "B": "Bam khörschd'n du o?" fragt der Rhöner, wenn er wissen will, wo einer herstammt: "Zu wem gehörst du?" Ein schlichtes "Was?" gibt es in der Rhön nicht, die Frage wird zum lang gezogenen "Boas?", in dem auch ein bisschen Ungläubigkeit und Erstaunen mitschwingt.

Der Rhöner gehört eher zu den Skeptikern und glaubt nicht alles sofort. Genauso beim "Warum" oder "Wohin" - "Boarümm" und "Bohenn" klingen zwar nicht immer ganz freundlich, aber Freundlichkeit muss man sich in Franken auch erst verdienen. Das ist in der Rhön nicht anders als am Main.

Seine Sprache nutzt der Rhöner ganz pragmatisch, ohne Ausschmückungen und "Geschnörksl". Für die Ortsnamen bleibt nicht viel Zeit: So wird aus Ostheim "Urschde", aus Stockheim "Schdooge" und aus Bastheim "Boosde".

Das "B" bei Fragewörtern und die Verkürzung der Dorfnamen haben hessische und bayerische Rhöner gemein: Nordheim beispielsweise heißt auf beiden Seiten schlicht "Nurde". Vielleicht hat die raue Landschaft mit ihren Mooren und Wäldern die Sprache so beeinflusst, dass sie auch ein bisschen rau daher kommt.

Doch wenn man länger zuhört, entfaltet der Rhöner Dialekt eine ähnliche Schönheit wie das Gebirge, zu dem er gehört. Der Rhöner weiß das schon lange und sagt selbstbewusst: "Die Rhüe is schüe."

Diese Weisheit geht aber noch weiter: "Die Rhön ist schön. Aber noch schöner sind die Rhöner." In der Sprechprobe ist Franz Hoch aus Eußenhausen zu hören.

© SZ vom 18.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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