Bauvorhaben:Die lieben Nachbarn

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Trudering tut sich schwer mit Haarer Wohnbauprojekten, denn Leidtragende sind die jetzt schon stark belasteten Anwohner der Bahnstraße, die künftig noch mehr Verkehr abbekommen könnten

Von Renate Winkler-Schlang, Trudering

Noch hat ihn niemand zerschlagen, den gordischen Knoten: Es geht um die Bauvorhaben in Haar nördlich der Bahn mit Wohnungsbau und mehreren Schulen und der nach Meinung des Bezirksausschusses Trudering-Riem unzureichenden Erschließung auf Truderinger Flur via Rappenweg beziehungsweise Bahnstraße. Im Gegenteil: Der Knoten zieht sich immer weiter zu. In seiner jüngsten Sitzung sollte der Truderinger Bezirksausschuss eine Stellungnahme zu einem neuen Wohngebiet an der Haarer Schneiderhofstraße abgeben mit 101 Wohnungen für 260 Einwohner, mit 143 Stellplätzen in einer Tiefgarage, mit 835 Quadratmetern Einzelhandel und 105 für Gastronomie. Verglichen mit Vorhaben wie Schulcampus mit Fachoberschule, Pflegefachschule, Realschule, Sportfläche und mit weiterem Wohnungsbau in viel größerem Stil, wie sie Haar in nächster Zeit plant, ist dieses aktuelle Vorhaben regelrecht unbedeutend. Doch es machte wieder einmal deutlich, wie schwierig die Gemengelage ist.

Leidtragende des bisherigen und des künftigen Verkehrs sind und bleiben die Anlieger der Bahnstraße, denn alle, die zur Wasserburger Landstraße wollen, brettern dort durch. Das Entstehen einer anderen Ableitung durchs Truderinger Gewerbegebiet am Rappenweg ist derzeit nicht möglich, denn eine Familie, die dort ein Schlüsselgrundstück mit gerichtlich bestätigtem Baurecht besitzt, will dieses nur abtreten, wenn sie dafür im Herzen Straßtruderings das alte Truderinger Rathaus bekommt plus der Fläche, auf der die Freiwillige Feuerwehr untergebracht ist. Das verursacht einen Rattenschwanz an Problemen, denn wo die Feuerwehr hinkönnte, würden Mieter vertrieben. Das alles ist so komplex, dass die Tauschverhandlungen derzeit offenbar mal wieder feststecken.

Nun aber kommt eine weitere Hiobsbotschaft hinzu: Eine Abordnung des Truderinger Bezirksausschusses war bei der Haarer Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) und hat dort erfahren, dass Haar gar nicht vorhabe, auf seinem Teil der vielleicht irgendwann einmal möglichen Verbindung via Rappenweg den ganzen Haarer Lastwagenverkehr fahren zu lassen. Die Bahnstraße als Ableitung sei also weiterhin nötig. Eine Argumentation, die die Stadt übernommen hat. Ein aktuelles Schreiben aus dem Planungsreferat an den BA bestätigte dies: Das Kreisverwaltungsreferat halte eine Sperrung der Bahnstraße für Schwerverkehr für "nicht möglich".

Wie also sollte der Bezirksausschuss auf das neue Haarer Wohnungsbauvorhaben an der Schneiderhofstraße reagieren, das er im Prinzip ja nicht schlecht fand? Auf Initiative von Stadtrat und Grünen-Sprecher Herbert Danner fordert das Gremium für diesen Haarer Bebauungsplan ein schlüssiges Mobilitätskonzept, um möglichst viele der künftigen Anwohner zum Einschränken von Autofahrten zu verführen, schließlich liege der S-Bahnhof Gronsdorf gleich ums Eck. Dort solle zudem ein großer Fahrradabstellplatz für Bike und Ride geschaffen werden. In der Bauphase sollten zudem mit einem Lkw-Transport-Konzept alle Laster mit Aushub, Kies oder Beton gezwungen werden, alles nur von und nach Norden abzuwickeln. Gleichzeitig müsse sich das Kreisverwaltungsreferat unter den von Haar geänderten Bedingungen noch einmal Gedanken machen über eine "definitiv endgültige" Sperrung der Bahnstraße und vorsorglich auch der möglichen Ausweichrouten Adlerstraße und Drosselweg für Laster mit mehr als 7,5 Tonnen. "Eine Dauerlösung der Ableitung des Lkw-Verkehrs über die Wohnstraße Bahnstraße darf es nicht geben", da ist sich der BA einig. Man könne nicht zulassen, dass eine neue Bebauung zusätzlich zu Lasten der Anwohner in Waldtrudering gehe.

Magdalena Miehle (CSU), Sprecherin des Unterausschusses Infrastruktur, hatte vorgeschlagen, das Thema mit der Debatte um den Fortbestand des Kiesquetschwerks in Haar, Verursacher von viel Lastwagenverkehr, zu verknüpfen: Man solle darauf hinweisen, dass das Weiterbefahren der Bahnstraße das angestrebte Ende des Kiesabbaus in weite Ferne rücken würde. Danner jedoch riet davon ab, denn momentan könne man froh sein, dass es die Firma gebe, sonst müsste das Baumaterial von viel weiter her gekarrt werden.

© SZ vom 28.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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