Baustelle:Staus und Hupkonzerte am Isarring

Stau am und Rund um den Effnerplatz

Lange Staus haben sich am ersten Tag der Großbaustelle am Isarring rund um den Effnerplatz gebildet.

(Foto: Florian Peljak)

Im Münchner Osten wird gehupt und geschimpft, Busse verspäten sich und müssen vorzeitig wenden. Schuld sind Bauarbeiten. Das ganz große Chaos bleibt aber aus.

Von Marco Völklein

Peter Slamanovicz hat es sich gemütlich gemacht am Effnerplatz. Eine Breze hat er sich gekauft, und mit der lehnt er nun an einem Geländer am Fuße der Großskulptur Mae West. Die Sonne scheint ihm ins Gesicht. "Ja", sagt Slamanovicz, "wenn man so will, dann bin ich ein Stautourist." Der Rentner wohnt einige hundert Meter entfernt. An diesem Montag hat er sich aufgemacht, um zu sehen, wie sie sich auswirkt auf den Verkehr, die Großbaustelle am Isarring. Das Baureferat lässt dort eine dritte Spur anstückeln, nach Schwabing ist deshalb nur noch eine von zwei Fahrspuren frei. Und die Einmündung der Ifflandstraße in den Isarring Richtung Schwabing ist komplett dicht.

Für Hobby-Staubeobachter Slamanovicz ist genau diese Vollsperrung der Einmündung "der eigentliche Knackpunkt", wie er sagt. Von seinem Beobachtungsposten hat er einen guten Blick auf den Mittleren Ring. Das Erstaunliche ist: In Richtung Schwabing läuft der Verkehr dort gegen acht Uhr weitgehend flüssig. Erst kurz vor der eigentlichen Engstelle westlich der John-F.-Kennedy-Brücke bildet sich ein kurzer Stau, an der Baustelle selbst rollt der Verkehr einspurig flott vorbei.

Wovon die Experten der Stadt jedoch überrascht wurden: Deutlich mehr Probleme gibt es in der Gegenrichtung, obwohl dort keine Baustelle den Verkehr behindert. Auf den Karten des Navigationsgeräteherstellers Tomtom ist bereits von etwa 6.30 Uhr morgens an ein langer Rückstau auf dem Mittleren Ring bis zum Autobahnende der A 9 in Schwabing zu sehen, teils zieht er sich bis weit in den Petueltunnel hinein.

Das bestätigt auch Johannes Meyer vom Kreisverwaltungsreferat (KVR). "Rückstaus gab es vor allem in der Ifflandstraße und in der Folge auf dem Isarring nach Osten", zieht er gegen Mittag ein erstes Fazit. Das erwartete Großchaos im gesamten Münchner Osten bleibt aber aus. "Offenbar haben viele Münchner den Bereich gemieden", sagt Mayer. Auch Richard Bartl, der städtische Baustellenkoordinator, atmet auf: "Mehr Stau als erhofft, aber weniger Stau als erwartet" habe es gegeben. Und die befürchtete Blockabfertigung im Richard-Strauss-Tunnel habe man auch nicht schalten müssen. Die hatten die Fachleute des KVR aus Sicherheitsgründen als "Ultima Ratio" vorbereitet, sollte es allzu lange Rückstaus in die knapp zwei Kilometer lange Autoröhre hinein geben.

Auch in der Leitstelle der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) findet sich niemand, der ein "Riesenchaos" beklagt, wenngleich bei den Buslinien 59, 54 und 154 mitunter Verspätungen von bis zu 20 Minuten auflaufen, wie ein MVG-Sprecher bestätigt. Der städtische Verkehrsbetrieb hatte sich vorbereitet und einige wenige zusätzliche Busse eingesetzt. Einige davon bekommen im Laufe des Morgens von der Leitstelle die Anweisung, vorzeitig zu wenden, "damit die Abstände zwischen den einzelnen Fahrzeugen einigermaßen eingehalten werden", sagt der Sprecher.

Stau Isarring

SZ-Karte; Quelle: Tomtom

Dass dennoch ausgerechnet in Richtung Osten der Verkehr auf dem Ring zum Stehen kommt, liegt vor allem an den Fahrzeugen, die an der Ifflandstraße nicht nach Westen abfließen können. Die Warnschilder, die seit Wochen entlang der Isarparallele stehen, ignorieren offenbar viele Autofahrer. Sie müssen dann am nördlichen Ende der Ifflandstraße zwangsläufig nach Osten über die John-F.-Kennedy-Brücke und drängen direkt danach auf die Rampe hinauf zum Effnerplatz. Der Kreisel dort aber "packt die ganzen Automassen nicht", hat Slamanovicz erkannt. Der Rückstau wirkt sich somit aus bis zum Petueltunnel.

Tatsächlich bilden sich auf allen Straßen zum Effnerplatz Staus. Auf dem Platz selbst blockieren Autofahrer die Fahrspuren. Pech hat, wer mit offenem Verdeck fährt und sich dann auch noch dreist in die Kreuzung schiebt. "Was fährst du denn da mittenrein und verstopfst alles?", ruft eine Frau aus einem Audi A 3 dem Cabrio-Fahrer zu. Der schimpft zurück. Es hagelt Beleidigungen: "Depp" - "Kuh" - "Lackaffe". So geht das eine ganze Weile, bis die Audi-Fahrerin endlich den Kreisel gen Norden verlassen kann. "Da spielen sich ja Dramen ab", sagt Slamanovicz und beißt genüsslich ein weiteres Stück von seiner Breze ab.

Die Baustelle zieht sich bis weit in den Oktober hinein

Verschärft wird die Lage noch, weil die Abfahrtsrampe vom Effnerplatz hinunter zum Isarring in Richtung Schwabing für den normalen Verkehr gesperrt ist. Lediglich Linienbusse dürfen hinunter. Die Baustellenplaner wollen so verhindern, dass es an der einspurigen Engstelle auf dem Isarring noch enger wird. Allerdings kann Slamanovicz von seinem Beobachtungsposten aus immer wieder Autofahrer registrieren, die das Verbotsschild ignorieren und die Abfahrtsrampe hinabrauschen. "Das wäre ein Fall für die Polizei", sagt Slamanovicz. Jedoch: "Bislang habe ich noch keine einzige Streife gesehen."

Im KVR bewerten sie die ersten Tage einer Großbaustelle stets als "Einschwingphase", wie Mayer sagt. "Üblicherweise spielt sich die Verkehrssituation bei Baumaßnahmen wie am Isarring innerhalb der ersten Woche ein." Auch Baustellenkoordinator Bartl hofft, dass mancher, der am Montag im Stau steht, es sich überlegt und vielleicht doch noch auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigt oder die Gegend um den Effnerplatz in den nächsten Wochen meidet. Denn die Baustelle zieht sich noch bis weit in den Oktober hinein. Stautourist Slamanovicz bedauert schon jetzt "die armen Anwohner" direkt am Effnerplatz, wie er sagt. "Auf das ständige Hupkonzert hier könnte ich verzichten."

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