Baustelle Schule:Knapp kalkuliert

Hausverwalter Alfons Lengenfelder muss in diesem Jahr nicht nur die üblichen Reparaturen an der Helen-Keller-Realschule beaufsichtigen. Vor allem der Aufbau der neuen Container bereitet ihm Sorgen

Von Melanie Staudinger

Die Hitze steht in den Gängen. Die Sonne strahlt durch die Glasfassade. Es riecht ein wenig muffig in der Helen-Keller-Realschule in Oberföhring. Normalerweise drängen sich hier 520 Schüler durch die Räume. 19 Klassen zählt die Schule mittlerweile, für zwölf war sie ursprünglich gebaut. Jetzt aber ist alles leise. Sommerferien. Ganz verlassen ist die Schule dennoch nicht. Alfons Lengenfelder ist da und passt auf, dass alles in geordneten Bahnen verläuft. Seit 23 Jahren ist er der technische Hausverwalter, wie Hausmeister heute heißen - genauso lange wie es die Schule gibt. Wenn Schüler und Lehrer im Urlaub sind, beaufsichtigt er die anstehenden Arbeiten: Die Klassenzimmer müssen mal richtig gereinigt werden, die Böden neu versiegelt, die restlichen Toiletten saniert. Täglich öffnet er die Oberlichten: Sonst heize sich die Schule auf 50 Grad auf.

"Wir haben außerdem gerade den Kiosk komplett umbauen lassen", sagt Lengenfelder. Die Feuerwehr hatte den fehlenden Brandschutz angemahnt. Der Hausmeister koordiniert die Firmen, sperrt die Schule auf, schaut, dass alles rechtzeitig fertig wird. Routine für den Mann, der jeden Winkel der Schule kennt. In diesem Jahr aber hat er ein Sorgenkind. Es steht ein paar Meter hinter der Schule auf dem alten Allwetterplatz. Zumindest von außen sieht es schon ziemlich fertig aus, wäre da nicht das Baugerüst.

Baustelle Schule: Ob der neue Pavillon rechtzeitig zum Beginn des Schuljahres einsatzbereit ist, da ist sich der Hausverwalter nicht sicher.

Ob der neue Pavillon rechtzeitig zum Beginn des Schuljahres einsatzbereit ist, da ist sich der Hausverwalter nicht sicher.

(Foto: Robert Haas)

"Drinnen aber fehlt es noch weit", sagt Lengenfelder, hebt das Absperrband auf der Treppe zur Turnhalle hoch und geht auf die roten Container zu. Bis hier die ersten Klassen einziehen können, muss noch viel passieren. Im Aufzugschacht fehlt die Kabine, die Klos haben keine Trennwände. "Immerhin hängen die Lampen jetzt", sagt Lengenfelder. Ob das noch alles rechtzeitig fertig wird bis zum Beginn des neuen Schuljahres in wenigen Wochen? Der 55-Jährige schüttelt den Kopf. In der Grundschule an der Ostpreußenstraße im benachbarten Denning seien sie schon viel weiter. "Mein Kollege hat mir erzählt, dass sogar schon die Möbel da sind", sagt der Hausmeister. Lengenfelder ist nicht der einzige technische Hausverwalter, der in diesem Sommer mehr zu tun hat als sonst. Die Stadt lässt an insgesamt 14 Schulen Pavillons errichten. Die sollen die größte Platznot abfedern, bis die eigentlichen Gebäude ertüchtigt oder neu gebaut werden können. Container sind günstiger, sie sind schneller aufgestellt und im Vergleich zu mancher Schule auch luxuriöser. In der Helen-Keller-Realschule zwängen sich die Jugendlichen normalerweise in 60 Quadratmeter große Zimmer, im Container haben sie zehn Quadratmeter mehr.

Es ist ein ambitioniertes Programm, das der Stadtrat im November 2014 beschlossen hat. 14 Schulen sollen Container bekommen, und das bis Mitte September dieses Jahres, darunter zwei Realschulen, ein Gymnasium und elf Grundschulen. Die Zeit drängte von Anfang an, die Projekte mussten ausgeschrieben, die Container aufgestellt und übergeben werden. Bei drei Schulen, das steht mittlerweile fest, wird es nicht klappen: Die Grundschulen an der Konrad-Celtis-Straße und der Flurstraße sowie die Anne-Frank-Realschule müssen noch bis zu den Herbstferien warten - und improvisieren. Das Bildungsreferat will den Schulleitern organisatorische Lösungen anbieten, um die knapp zwei Monate bis November zu überbrücken.

Baustelle Schule: Alfons Lengenfelder nutzt die Sommerferien für Wartungsarbeiten in der Helen-Keller-Realschule in Oberföhring.

Alfons Lengenfelder nutzt die Sommerferien für Wartungsarbeiten in der Helen-Keller-Realschule in Oberföhring.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Stadtverwaltung hat aus dieser ersten Pavillon-Runde gelernt. Im kommenden Jahr soll es besser laufen und alle Schulcontainer sollen pünktlich fertig werden. Dann geht es gleich um 28 Interimsschulen, also um doppelt so viele wie in diesem Jahr. Der Stadtrat hat darüber bereits im Juli entschieden, nicht erst im Herbst wie beim letzten Mal. "Dadurch ist es möglich, die Anlagen zeitlich gestaffelt auszuschreiben und auszuführen", erklärt eine Sprecherin des Baureferats. So könnten sich die entsprechenden Firmen bei mehreren Projekten bewerben. Die Container-Unternehmen sind zur Zeit gut ausgebucht, ihre Anlagen werden deutschlandweit nicht nur für Schulen oder Kindertagesstätten, sondern auch für Krankenhäuser, Flüchtlingsheime und Wohnungen gebraucht. Die Liefer- und Wartezeiten verlängern sich durch die hohe Nachfrage. Auch dass drei Schulpavillons in München nicht rechtzeitig fertig wurden, ist auf Kapazitätsengpässe der Firmen zurückzuführen, wie eine Sprecherin des Baureferats sagt.

Bildungsreferat und Baureferat müssen deshalb genau planen. Wie lange soll ein Container stehen? Kann er danach noch von einer anderen Schule genutzt werden? Und bleibt noch genügend Freifläche für Pausenhof und Sportanlagen? Denn auch wenn 14 Schulen nun mehr Platz für Klassenzimmer haben, sie werden sich einschränken müssen, was die Bewegung an der frischen Luft betrifft. Gerade in dicht bebauten Innenstadtlagen erweist sich die Suche nach Flächen als enorm schwierig. Auch für die Helen-Keller-Realschule gibt es einen detaillierten Zeit- und Belegungsplan. Im September werden sechs Klassen in die neuen Container ziehen. "Es handelt sich dabei um die Schüler, die nur halbtags bei uns sind", sagt Hausverwalter Lengenfelder. Die Ganztagsklassen bleiben im alten Gebäude. Acht Jahre wird das so bleiben. Bis dahin soll die Schule auf der jetzigen Tartanbahn einen Anbau bekommen, damit endlich alle Schüler genug Platz haben. Der Sportunterricht wird aber nicht jahrelang ausfallen. Die Kinder und Jugendlichen können die Anlage des benachbarten Sportvereins Rot-Weiss Oberföhring nutzen. Und die alte Halle, die im Boden versenkt ist, existiert ja auch noch, wenn auch nicht mehr in ganz so gutem Zustand.

2023 hat der Container ausgedient, er soll wieder abgebaut werden. An seinem Standort entsteht dann eine größere Sporthalle. Langenfelder will das nicht zwingend noch mitbekommen. "Ich hoffe, dass ich da schon in Rente bin", sagt der Hausverwalter. Jetzt aber muss die Oberföhringer Schule bis Ende August erst einmal ohne ihn auskommen - Lengenfelder fährt in den Urlaub. Er hat ihn extra so gelegt, dass er wieder zurück ist, wenn die Möbel geliefert werden. "Ich bin wirklich gespannt", sagt er.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: