Bar Nachtmuseum:Früher Rocker, heute Hip-Hop

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Bar "Nachtmuseum" in München, 2014 Die Bar "Nachtmuseum" in der Lindwurmstraße 21, Ecke Reisingerstraße in der Isarvorstadt. (Foto: Stephan Rumpf)

Cool-grooviger Hip-Hop, dezent aufgehübschte Frauen, Glockenbach-Bärte über 30: Die Bar "Nachtmuseum" wirkt inzwischen wie ein zusammengewürfeltes Jugendraum-Ensemble. Dabei ist ihre Vergangenheit alles andere als das.

Von Philipp Crone

Der Blick auf einen Ort kann sich schnell verändern, je nachdem, was man über diesen Ort weiß - oder was man darüber erfährt. So ist es bei der Anfang September eröffneten Bar Nachtmuseum an der Lindwurmstraße, Ecke Reisingerstraße.

Ohne die Vergangenheit zu kennen, betritt der Gast eine Einraumbar fast ganz ohne Möbel. An den hohen Wänden hängen scheinbar wahllos hingeklebte Utensilien. Ein paar Fotos, ein Telefon, alte Tennisschläger, ein Samuraischwert oder ein Lizarazu-Plakat. Darunter stehen Gäste mit Flaschenbier oder Longdrink und wippen ein bisschen zum Hip-Hop oder schauen rüber zu den Spielautomaten im Nebenzimmer. Auf den ersten Blick: ein zusammengewürfeltes Jugendraum-Ensemble, ganz harmlos. Doch dann kommt der Gedanke: Lindwurmstraße 21, da war doch was.

In einem Regenschirm fanden die Betreiber weißes Pulver

Nicht ganz so harmlos. Genau: Das Nachtmuseum residiert in den ehemaligen Räumen der Straßengang "Black Jackets", die nach einer Razzia im Februar nun nicht mehr von den Rockern genutzt werden. Damals wurden neun Mitglieder wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und wegen Drogendelikten festgenommen und Waffen beschlagnahmt. Da wirkt das Samuraischwert gleich bedrohlicher.

Pratheek Burkhard, der mit zwei Freunden die Bar betreibt, hat zur Vergangenheit ein paar lustige Anekdoten. Zum Beispiel wie sie in einem Regenschirm versteckt weißes Pulver gefunden hätten beim Aufräumen. "Wir dachten erst: Wow, wir sind reich! Aber es war dann doch kein Kokain", sagt der 23-jährige VWL-Student. Außerdem gibt es im Gang zu den Toiletten ein unerklärlich verstecktes und tiefes Loch in der Wand, was den Nachtmuseumsgast beim Longdrink den Gedanken überlässt, was hier wohl aufbewahrt wurde.

Dezent aufgehübschte Frauen und Glockenbach-Bärte

Heute sind das im Nachtmuseum vor allem die Zutaten für einen langen Bar-Abend. Hauseigene Longdrinks (6,50 Euro) wie den "Dirk Bach" mit Weißwein, Jägermeister und der türkischen Limo Uludağ, Shots (2 Euro) oder Helles (0,33 Liter für 3,20 Euro). Mit Straßengang hat das nichts mehr zu tun, im Gegenteil.

Cool-groovige Hip-Hop-Musik für die Studenten, angenehm dezent aufgehübschte junge Frauen aber auch neugierige Glockenbach-Bärte über 30. Jeden zweiten Mittwoch gibt es Theatereinlagen, jeden zweiten Samstag Live-Gesang, und um 23 Uhr wird die Musik lauter, damit man tanzen kann, wenn es schon kaum Stühle und dadurch eine freie Tanzfläche gibt.

Später, an der Bar, fühlt man sich wieder unbeschwert: ein fröhlicher Betreiber, rhythmische Musik und gut gelaunte Gäste. Da ist die Geschichte des Ortes schon wieder sehr weit weg.

© SZ vom 04.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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