Ballett:Anmut im Blaumann

Bei der Matinee der Bosl-Stiftung stellen sich junge Tänzer vor

Von Rita Argauer

Rein zeitgenössisch darf sich der Tänzer-Nachwuchs in der Matinee der Heinz-Bosl-Stiftung bei der Ballett-Festwoche präsentieren. Auf klassische Variationen oder Volkstänze wird diesmal völlig verzichtet - die Junior Company des Bayerischen Staatsballetts und die Studenten der Ballett-Akademie dürfen hingegen in zwei Uraufführungen Neues erspüren. Und dennoch wirken die beiden ältesten Stücke des Abends am frischesten.

Es beginnt mit Arbeitswahn, Akkordarbeit und Massenproduktion. Kinsun Chan hat mit "JIT" ein typisches Ballettschul-Gruppenstück choreografiert und zeigt, wie die jüngeren Ballett-Studierenden in Blaumännern ihrem zu erfüllenden Arbeitspensum hinterher hechten. Zwar wird hier nicht an Jetés und Fouettés gearbeitet, sondern jazzig, aber abgehackt pantomimisch das anachronistische Bild der Fabrikarbeit nachgestellt, dennoch passt Arbeitswut zu den jungen Tanzwütigen. Denn ohne die wäre ihr Ziel nicht erreichbar. Die Arbeitswut hat sich bei den Tänzern der von Ivan Liška ins Leben gerufenen Junior Company schon ein wenig mehr ausgezahlt. In der Uraufführung von Liškas "Luce/Licht" präsentieren sich fünf Paare. In Popfarben getauchte Neoklassik trifft dabei auf präpotente Jungs und kecke Damen - der Blick des erwachsenen Choreografen auf die jungen Tänzer ist dabei ein wenig altmodisch.

Ganz anders sind da die beiden ältesten Stücke des Abends: 50 Jahre gibt es den Studiengang Tanz in München, den auch Gigi Hyatt - als Bosl-Stipendiatin und Star-Schülerin unter Konstanze Vernon - absolvierte. Mittlerweile ist sie stellvertretende Chefin und pädagogische Leiterin der Ballettschule des Hamburg Balletts. Mit sechs von ihren Schülern und zwei Neumeier-Choreografien ist sie zur Matinee nach München gereist. Und wie frisch - gerade für so junge Tänzer - Neumeiers "Petruschka-Variationen" sind, ist eine wahre Freude. Ebenso der Pas de deux zu Mahlers "Wo die schönen Trompeten blasen", das auch von Heranwachsenden beeindruckend getanzt werden kann. Die beiden Choreografien von 1989 und 1976 wirken, gerade weil sie den Tanz furchtbar ernst nehmen, berührend und für die sich in der Ausbildung befindenden Jugendlichen, die den Tanz ebenso ernst nehmen, angemessen.

Die Münchner Stipendiaten Isidora Marković und Simon Jones werfen sich anschließend mit allem Leichtsinn einer Jugendliebe in die jazzig-pantomimische Choreografie von David N. Russos "Love-Therapy", abschließend vereint der Münchner Ballettschulleiter Jan Broeckx Hamburger und Münchner aller Altersklassen in "Run", einem athletischen Abbild reiner Freude am Tanzen.

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