Bahnverkehr:Revolution auf Schienen

Bahnverkehr: Friedrich Bürkleins "Centralbahnhof", hier auf einem Stich um 1850, erregte wegen seiner fortschrittlichen Konstruktion Aufsehen.

Friedrich Bürkleins "Centralbahnhof", hier auf einem Stich um 1850, erregte wegen seiner fortschrittlichen Konstruktion Aufsehen.

(Foto: Interfoto/Sammlung Rauch)

Ihre Anbindung an das Eisenbahnnetz verdankte die Stadt auch privaten Investoren

Von Sebastian Mayr

Den Anstoß für den ersten Münchner Bahnhof gab eine private Initiative. 1837 gründeten Handelshäuser in Augsburg und München einen Verein, um eine Eisenbahnlinie zwischen den beiden Städten zu bauen und in Betrieb zu nehmen - während König Ludwig I. für den Gütertransport noch auf die Binnenschifffahrt setzte. Durch die industrielle Revolution aber wuchs die Nachfrage nach Waren aus Eisen und Stahl, Erz und Kohle wurden benötigt. Die neuen Güter machten neue Verkehrsmittel nötig. Flöße oder die Wagen, auf denen Salz transportiert wurde, zuvor Grundlage für den Wohlstand Bayerns, konnten die Rohstoffe nicht befördern.

Am 1. September 1839 wurde die erste Teilstrecke zwischen München und Lochhausen eingeweiht. Ausgangspunkt war ein Bahnhof, der auf Höhe der heutigen Hackerbrücke auf dem Marsfeld entstanden war. Er bestand zunächst lediglich aus zwei Gleisen und einem Holzprovisorium, über das schon bald geklagt wurde: Der Weg aus dem Stadtzentrum dauerte eine halbe Stunde. Vom Karlstor aus pendelten Fuhrwerke, die aber keine schweren Lasten transportieren konnten. Das primitive Gebäude wiederum wurde als unwürdig für das königliche München angesehen.

1844 ging die private Eisenbahngesellschaft bankrott, der Staat kaufte die Strecke. Da gab es bereits Pläne für einen neuen Bahnhof, der zentraler gelegen und eleganter gestaltet sein sollte. Drei Jahre nach der Pleite brannte die Bretterbude auf dem Marsfeld ab, die Zeit für den neuen Bahnhof war gekommen. Die Gleise wurden verlängert, der neue Bahnhof entstand an seiner jetzigen Stelle. Entworfen wurde das Gebäude, das als erstes großes Bauwerk des industriellen München gilt, von Friedrich Bürklein. Mit seiner Eisenkonstruktion erregte der im Oktober 1849 fertiggestellte "Centralbahnhof" Aufsehen unter den Zeitgenossen. Die ersten Züge aber verkehrten zu einer Baustelle: Betrieb war auf den Gleisen schon ab dem Frühjahr 1848.

Was wurde transportiert? Zunächst wiederum Salz. In unmittelbarer Nähe zum "Centralbahnhof" lag der Salzstadel in der heutigen Arnulfstraße. Doch entlang der Eisenbahnlinie hatten sich schon vor Baubeginn der Gleisstrecke erste Industrieunternehmen angesiedelt, deren Erzeugnisse das Salz bald ablösten. München wuchs nach Süden und Westen, die Lokomotivfabriken Maffei und Krauss ließen sich dort nieder. Zudem siedelten sich Großbrauereien an, der Schlacht- und Viehhof und der Großmarkt folgten.

Weil die Zahl der Zugverbindungen immer weiter wuchs, war der Bahnhof ab 1870 völlig überlastet. In der Folge entstand ein Anbau, der Platz für weitere 16 Gleise bot. Später folgten der Starnberger Flügelbahnhof und der Holzkirchner Bahnhof. Und da die Stadt wuchs und wuchs, kamen immer wieder neue Pläne auf, den Bahnhof zu vergrößern. Zuletzt planten Bahn und Kommune in den Neunzigerjahren mit ihrem Projekt "München 21", den Bahnhof in den Untergrund zu verlegen; aus dem Kopf- sollte ein Durchgangsbahnhof, das bestehende Gebäude sollte abgerissen werden. Doch die Idee wurde zurückgestellt: Das Projekt wäre teuer gewesen, der Nutzen gering.

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