Streik der Lokführer:Ratlos ans Ziel

Streik der Lokführer: Viele Bahnkunden lassen sich im Reisezentrum des Hauptbahnhofs beraten, um zu erfahren, welche Züge trotz des Streiks fahren.

Viele Bahnkunden lassen sich im Reisezentrum des Hauptbahnhofs beraten, um zu erfahren, welche Züge trotz des Streiks fahren.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Am Münchner Hauptbahnhof haben die Service-Mitarbeiter der Bahn alle Hände voll zu tun.
  • Bei den Reisenden herrscht vor dem erneuten Ausstand der Lokführer vor allem Unsicherheit.
  • Viele Fahrgäste haben Verständnis für den Streik, andere sind verärgert, weil sie Geschäftstermine und Urlaub nicht zuverlässig planen können.

Von Andreas Schubert

Das Sch . . .-Wort nimmt Manfred Rinner oft in den Mund, an diesem Tag. Am Freitag will der Kaufmann geschäftlich nach Zürich fahren, aber noch kann niemand verlässlich sagen, welche Züge an diesem Tag gehen. Trotzdem ist er schon am Dienstag zum DB-Reisezentrum am Hauptbahnhof gekommen, um sich zu informieren - und das meiste, was er zum erneuten Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zu sagen hat, ist nicht zitierfähig, außer: "Ich bin auf 180." Unverrichteter Dinge zieht er wieder von dannen, Autofahren sei für ihn aber keine Alternative, sagt er. "Das ist mir zu weit." Ihm bleibt nur übrig, wiederzukommen und sich erneut zu informieren.

Es herrscht vor dem angekündigten Ausstand vor allem Unsicherheit bei den Reisenden. Die Frauen am Infoschalter haben am Dienstagnachmittag gut zu tun. Über dem Schalter hängt ein großer Bildschirm, auf dem vor rotem Hintergrund ein Ausrufezeichen zu sehen ist und das Wort "Streik" - die Kunden sehen buchstäblich rot. Natürlich gibt es die Möglichkeit, sich im Internet über den Ersatzfahrplan und Alternativen zum Zug aufklären zu lassen. Doch viele suchen lieber die persönliche Beratung, und die freundlichen Schalterdamen geben sich sichtlich Mühe, jedem Kunden, der sich mit ratlosem Gesichtsausdruck an sie wendet, gerecht zu werden. Vielen können sie helfen, denn es fahren auch trotz des Streiks viele Züge.

Viel Unsicherheit bei den Fahrgästen

Doch nicht immer klappt das. Asrat Gebru etwa, Sozialarbeiter aus München, hat derzeit Besuch von seinem Vater aus Äthiopien. Dessen Rückflug ist am Donnerstag von Frankfurt aus, am Abend heißt es im Ersatzfahrplan im Internet: Der Zug dorthin wird wohl fahren, aber am Dienstagmittag ist das noch offen. Über die Streikenden schimpft Asrat Gebru nicht, er hat sogar Verständnis, dass die Lokführer ihr Streikrecht in Anspruch nehmen. Dennoch sei es natürlich ärgerlich. "Zur Not muss ich meinen Vater halt mit dem Auto nach Frankfurt fahren", sagt er.

Die bevorstehenden Pfingstferien machen das Ganze nicht einfacher, viele Familien wollen mit der Bahn verreisen. Verlässliche Informationen sind aber erst zwei Tage vorher erhältlich. Gut vorstellbar, dass Urlauber auf andere Verkehrsmittel umsteigen oder zu Hause bleiben. Noch habe man keinen Überblick über Stornierungen und Umbuchungen, sagt Bahnsprecher Franz Lindemair am Dienstag. Von diesem Mittwoch an wisse man aber mehr. Beim Autovermieter Sixt, der wiederholt mit dem Konterfei von GDL-Chef Claus Weselsky ("Mitarbeiter des Monats") geworben hat, läuft das Geschäft in diesen Zeiten richtig gut. Beim vorangegangenen Streik war die Flotte annähernd ausgebucht, sagt ein Sprecher. Und auch jetzt sei die Nachfrage nach Mietwagen deutlich höher als sonst, auch mit längeren Buchungszeiten, sprich: Wer es sich leisten kann, fährt mit dem Mietauto in den Pfingsturlaub.

Pläne für Pfingsten müssen geändert werden

Für die Lehramtsstudentin Annika Werner ist das keine Alternative, schon wegen ihres Budgets. Zusammen mit einer Freundin will sie am Wochenende nach Rom fahren, wie sie nun dorthin kommen, ist noch offen. Trotzdem blieb sie trotz der Unsicherheit gelassen. "Irgendwie kommen wir schon an, es ist ja nicht so, dass überhaupt nichts fährt."

In der Gleishalle herrscht wie im Reisezentrum ein normaler Betrieb. Es sind viele Servicemitarbeiter unterwegs, die geduldig Frage um Frage beantworten. Eine Reisegruppe aus fünf älteren Frauen macht sich gerade auf zum Gleis. Auf die Frage, was sie vom Streik halten, zieht eine der Frauen, die allesamt aus Erfurt kommen, die Schultern nach oben und erzählt, dass sie eigentlich noch zwei weitere Tage in Bayern hätten bleiben wollen. Am Mittwoch etwa war ein Ausflug nach Andechs geplant. Ein bisschen Enttäuschung ist der Gruppe schon anzusehen. Aber das Wetter sei ohnehin nicht so toll, meint eine andere. Eine weitere ergänzt: "Müssen wir eben noch mal kommen."

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