Backstage:"Ein bisschen wie russisches Roulette"

Der Musikclub Backstage zieht von der West- zur Ostseite der Friedenheimer Brücke um. Doch wieder handelt es sich hierbei nur um ein Provisorium.

Wally Schmidt

Das "Ohrwaschel" hat ausgedient. Nach sechs Jahren muss der Musikclub Backstage sein Domizil auf dem ohrförmigen Grundstück auf der Westseite der Friedenheimer Brücke in Neuhausen räumen, Ende Juni ist es soweit. Der Konzertbetrieb geht nahtlos in der früheren Aga-Gas-Halle auf der Ostseite der Brücke weiter. Doch wieder handelt es sich nur um ein Provisorium und die Zukunft des beliebten Jugendclubs scheint weiter ungewiss.

Backstage, München

Der Umzug des Backstage von der West- auf die Ostseite hat angeblich rund 600.000 Euro gekostet.

(Foto: Foto: Schmidt)

Zwar ist eine endgültige Bleibe an diesem Standort in Sicht - doch der Kaufvertrag für das ehemalige Bahn-Grundstück sei trotz drei Jahre langer Bemühungen immer noch nicht unterschrieben, klagt Backstage-Betreiber Hans-Georg Stocker. Die Verhandlungen mit der Immobiliengesellschaft Aurelis "sind zäh und ziehen sich wahnsinnig hin". Sie könnten - auch - an der Frage scheitern, wer die Entsorgung möglicher Altlasten finanziert.

Was sich da im Untergrund befinde, sehe man erst im Laufe der Bauarbeiten. Falls das Gelände doch mehr belastet sei, als von der Aurelis angenommen, wolle sich die Gesellschaft nur mit einer Pauschalsumme von maximal 60.000 Euro beteiligen, ärgert sich Stocker. "Wir sehen nicht ein, dass wir das Altlastenrisiko haben." Sein Fazit: "Es ist ein bisschen wie russisches Roulette."

Dabei drängt die Zeit. Ende 2010 muss der Club das soeben bezogene Provisorium, die Aga-Gas-Halle, verlassen. Danach wird sie abgerissen. Auf einem Teil des Areals will Stocker einen Festbau errichten: mit Innenhöfen, Biergarten und Dachterrassen. Insgesamt habe er schon acht Konzepte für dieses Vorhaben erarbeiten lassen und der Stadt vorgestellt - obwohl ihm das Grundstück noch nicht einmal gehöre. Er müsse also den zweiten Schritt vor dem ersten tun.

Dieser Schwebezustand mache es nicht gerade leichter, bei den Banken Geld für den Gebäudekomplex aufzutreiben. Aktuell rechnet der Backstage-Chef mit Kosten von fünf bis zehn Millionen Euro. Zugleich hofft er auf eine Reduzierung des Grundstückspreises durch die Aurelis, denn die Immobilienwerte für Gewerbeflächen seien auf einen Musikclub nicht anwendbar.

Vielmehr sei es ein "Kultur- und Konzertbetrieb", der fast ohne Subventionen auskomme. Der Umzug von der West- auf die Ostseite verschlinge rund 600.000 Euro - und das für eine Zwischenlösung von nur zweieinhalb Jahren. "Alles, was wir jetzt machen, muss wieder weg, das ist bitter", sagt Stocker.

In der Aga-Halle, die früher zum Gasabfüllen diente, können die jungen Leute Live-Musik hören, feiern, tanzen und momentan die Fußball-EM erleben. Die Industriehalle ist in eine Musikarena mit mehreren Stufen und Ebenen verwandelt worden. Draußen ist der Biergarten bereits aufgebaut, Backstage-Club und -Halle werden demnächst von der West- auf die Ostseite der Friedenheimer Brücke versetzt. Es ist das dritte Provisorium in Neuhausen. Den Standort an der Donnersbergerbrücke musste der Club wegen des Arnulfparks räumen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: