Ferienbeginn:Hier müssen Sie mit Staus rechnen

Stau an der A99 Richtung Salzburg/Autobahndreieck München Süd an der Autobahnbrücke zwischen Putzbrunn und Hohenbrunn.

Lange Staus gehören für Urlauber zu Pfingsten ebenso dazu wie für die Helfer.

(Foto: Florian Peljak)

Man muss kein Experte sein, um Staus an Pfingsten vorauszusagen. Die Fachleute analysieren Statistiken und vergleichen Alternativrouten - und geben damit gestressten Autofahrern wertvolle Tipps.

Von Silke Lode und Marco Völklein

Es wird eng werden auf den Autobahnen rund um die Landeshauptstadt: So rechnen der Auto Club Europa (ACE) und der ADAC bereits am Freitagnachmittag mit langen Staus, ebenso am Pfingstsamstag. "Autofahrer fast aller Bundesländer starten in ein verlängertes Wochenende oder in die Ferien", sagt Markus Bachleitner vom ADAC. So entlassen die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg ihre Bürger am Wochenende in zwei Wochen Pfingstferien, Hamburg hat eine Woche. Länder wie Berlin, Bremen oder Nordrhein-Westfalen gewähren den Kindern nach Pfingstmontag einen oder zwei schulfreie Tage. Wer sich auf den Weg in den Süden macht, wird vermutlich spätestens auf den Autobahnen rund um München im Stau stehen - die Strecken hier zählen zu den schlimmsten Staustellen.

Die Datenlage

Keiner weiß das besser als Markus Bachleitner, der Leiter der ADAC-Verkehrsredaktion. Wenn er seine Staukarte hervorkramt, dann stechen insbesondere die Strecken um München, satt rot eingefärbt, hervor. "Das sind nun mal die Hauptreiserouten in den Süden", sagt er. Da müssten alle durch. Wie eng es um München zugeht, zeigen auch Daten des Navigationsgeräteherstellers Tomtom: Fließt der Verkehr, erreichen Autofahrer auf der A 8 München-Rosenheim eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 123 Stundenkilometern.

In den vergangenen Jahren sackte dieser Wert freitagnachmittags vor Pfingsten auf teils nur noch 31 km/h ab. An den Pfingstsamstagen kamen die Autofahrer zwischen sieben und neun Uhr morgens mit im Schnitt teils nur noch 41 Kilometer pro Stunde voran. Unter Experten gelte eine Faustregel, sagt ADAC-Mann Bachleitner: "Wer am Pfingstsamstag vor sieben Uhr nicht an München vorbei ist, der steht garantiert im Stau." Die Daten von Tomtom belegen das.

Der Ersthelfer

Hauptgrund für Staus sind neben hohem Verkehrsaufkommen und Baustellen schwerere Unfälle. Und da kommt dann nicht selten Thomas Nindl ins Spiel. Seine Aufgabe bei der Motorradstaffel des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in München ist es, besonders schnell da zu sein, wenn es irgendwo kracht. Auch an diesem Wochenende wird er ehrenamtlich unterwegs sein. Am Samstagmorgen setzt sich der 53-Jährige auf sein 300 Kilogramm schweres BMW-Motorrad setzen, das ausgestattet ist mit Blaulicht und Martinshorn, mit Funkgerät, Erste-Hilfe-Set, Beatmungsgerät und Defibrillator. Dann fährt Nindl los.

Etterschlag: ASB Freiwillige Motorradstaffel auf der Autobahn

Auch an diesem Wochenende ist Motorradretter Thomas Nindl vom Arbeiter-Samariter-Bund im Einsatz.

(Foto: Johannes Simon)

Auf die A 8 und die A 99 - das ist das Revier der Motorradersthelfer, von denen nicht nur der ASB, sondern auch das Rote Kreuz und die Johanniter welche unterhalten. Nindl hört den Funk der Rettungsleitstellen ab - und wenn irgendwo etwas passiert, ein Unfall etwa, düst er hin. Mit dem Motorrad kann er sich, besonders bei dichtem Verkehr, durch die Autokolonnen schlängeln. Nicht selten ist Nindl deshalb mit seiner 110 PS starken Maschine als erster am Unfallort - und dort zunächst einmal auf sich allein gestellt. Seine langjährige Erfahrung im Rettungswesen hilft ihm dann, außerdem die umfangreiche Ausrüstung an Bord. Bis weit in den September hinein sind die Motorradhelfer an den Wochenenden unterwegs. Wie lange pro Tag? Nindl überlegt kurz. "So zehn Stunden auf dem Hobel kommen da schon zusammen."

Die Ausweichstrecken

"Das Problem ist", sagt ADAC-Mann Bachleitner und deutet auf seine Karte mit den rot eingefärbten Staustrecken, "dass man München kaum umfahren kann." Zwar berichten etwa Autofahrer aus den Landkreisen Erding und Rosenheim immer wieder, dass sich insbesondere an Samstagen lange Kolonnen von Autos mit niederländischen Kennzeichen auf der B 15 tummeln und so versuchen, München großräumig zu umfahren. "Aber wirkliche Alternativen gibt es kaum", sagt Bachleitner.

Immerhin einen Tipp kann er allen geben, die auf der Rückfahrt aus Italien oder Kroatien wegen der Kontrollen an der bayerisch-österreichischen Grenze lange Staus an den großen Übergängen erwarten, also in Suben bei Passau (A 3), Walserberg (A 8) und Kiefersfelden (A 93). Die könnten auf kleinere Übergänge ausweichen, etwa auf Obernberg/Bad Füssing südlich von Passau, auf Mittenwald/Scharnitz an der B 2 oder den Achenpass (B 307). Der ADAC eine Stauinfo-Hotline auch für Nichtmitglieder geschaltet, zu erreichen unter Tel. 089/7676-1444. Und der ACE erinnert daran, bei Auslandsreisen auf keinen Fall die Ausweispapiere zu vergessen, auch nicht die für die Kinder.

Baustellen und die Luftbeobachter

Die Baustellen

Wenn an Pfingsten der Ferienreiseverkehr auf die Autobahnen drückt, dann räumen die Firmen ihre Baustellen ab, um Platz zu machen. Oder etwa nicht? "Naja", sagt Josef Seebacher von der Autobahndirektion Südbayern, "im Grunde schon." Zumindest gelte das für die von Urlaubern intensiv genutzten Abschnitte. Und für die Abschnitte, wo dies möglich ist. So haben die Baufirmen in dieser Woche bereits, wie geplant, die Fahrbahnerneuerung auf der A 8 zwischen Holzkirchen und dem Parkplatz Aying beendet. Erst nach den Pfingstferien werden die Arbeiter wieder anrücken und dann den Teilabschnitt zwischen dem Parkplatz Aying und dem Autobahnkreuz München-Süd anpacken.

In vielen Fällen sind solche Unterbrechungen aber nicht möglich. An der A 9 zum Beispiel laufen zwischen dem Kreuz Holledau und Allershausen die Arbeiten für die Seitenstreifenfreigabe weiter. ADAC-Fachmann Bachleitner rechnet auf dem 17 Kilometer langen Baustellenabschnitt mit heftigen Behinderungen. Technisch sei es oft nicht möglich, die Baustelle für die Ferienzeit abzuräumen, sagt Bachleitner. Gewerkelt wird zudem an der A 99-Ost an einer Tierquerung: Bei Grasbrunn wird die bestehende Brücke durch eine neue ersetzt.

Um Platz für die Arbeiter zu schaffen, haben die Ingenieure der Autobahndirektion extra eine Umfahrung bauen lassen, dennoch sind die Fahrbahnen verengt und das erlaubte Tempo reduziert. "Das wird auch so bleiben", sagt Seebacher. Bei starkem Verkehrsaufkommen dürfte es also dort auch Staus geben. Ähnlich könnte es laut ADAC in Österreich sein: Auf der Tauernautobahn (A 10) stellen sich mehrere Baustellen dem gen Süden Eilenden in den Weg, ebenso eine größere Baustelle auf der Brenner-Autobahn (A 13) zwischen Innsbruck und Berg Isel.

Der Luftbeobachter

Ferienbeginn: ADAC-Staubeobachter Robert Sandler.

ADAC-Staubeobachter Robert Sandler.

(Foto: ADAC Südbayern)

Einen besonders guten Blick auf all die Baustellen hat Robert Sandler. Er wird sich auch an diesem Freitagmittag auf dem Flugplatz Landshut-Ellermühle in ein kleines Flugzeug quetschen und dann Richtung Süden starten. "Wenn es sein muss, geht es tief rein nach Österreich bis an das Nordportal des Tauerntunnels", sagt Sandler. Alle halbe Stunde wird er sich dann per Mobilfunk aus der Luft melden - und im Radio den Autofahrern mitteilen, wie es so aussieht auf den südbayerischen und österreichischen Autobahnen.

Seit mehr als 15 Jahren ist der ehemalige Unteroffizier für den ADAC in der Luft unterwegs. Als Flugbeobachter meldet er so manchen Stau als erster, gibt Infos zur Lage. Und er schätzt ab, wie lange es noch dauern könnte. Von oben sieht er, ob bei einem Unfall schon die Rettungskräfte im Einsatz sind. Ob die Autobahn voll gesperrt werden musste oder ob die Blechkolonnen langsam an der Unfallstelle vorbeigeleitet werden. "Staudynamik und die Staucharakteristik", sagt Sandler, "lassen sich aus der Luft besser abschätzen."

Und so kann er - insbesondere bei schönem Wetter - aus seiner Flugzeugkanzel heraus auch die Entstehung eines "Staus aus dem Nichts" nachverfolgen. Beispielsweise auf der A 8 an der Südseite des Chiemsees: Dort, sagt Sandler, würden viele Urlauber das Tempo drosseln, um den See zu beobachten. "Ab Übersee oder Grabenstätt löst sich der Stau dann wieder auf", sagt Sandler. Dann ist die Attraktion Chiemsee wieder vorbei.

Der Stauexperte

Gute Laune ist für den Job, den Christian Franz macht, fast schon eine Einstellungsvoraussetzung: Er ist Stauexperte bei Antenne Bayern. "Jeder Stau tut weh, egal ob es einer oder 20 Kilometer sind", sagt Franz. "Wenn wir im Radio auch noch anfangen, schlechte Laune zu haben. . ." Franz ist mit jeder Baustelle rund um München per Du, mit den Staufallen auf der A 8 Richtung Süden oder der Umfahrung Münchens über die A 99 sowieso. Trotzdem bereitet Franz sich auf vorprogrammierte Stautage besonders vor: "Wir schauen, wo die Baustellen und Engpunkte sind, jetzt zum Beispiel ist die Grenze spannend." Deshalb recherchiert Franz, ob es eventuell doch schon zu Pfingsten Kontrollen am Brenner gibt. Oder wie das Wetter wird: "Wenn die Sicht schlechter ist, sind auch die Straßenverhältnisse schlechter."

Seine Prognose für Pfingsten lautet: "Der Freitagnachmittag wird heftig. Samstag auch, den ganzen Tag. Und nächste Woche, am Mittwoch vor dem Feiertag." Für Radiosender sind volle Straßen weniger lästig als ein wichtiges Geschäft. Antenne Bayern besetzt sein Verkehrszentrum rund um die Uhr, an erwartbaren Superstautagen sogar doppelt. "Autofahrer, die unterwegs sind, hören ganz oft Radio", sagt Franz. "Wir können über den Sender unglaublich schnell Informationen liefern." Wenn selbst Christian Franz im Studio der Stau auf die Nerven geht, hat er zwei Tricks, um die Laune zu retten: "Süßigkeiten und Kaffee." Das funktioniert meist auch im Auto ganz gut.

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