Autobahn:Bei München entsteht die "Raststätte der Zukunft"

Autobahn: So soll sie mal aussehen - die Raststätte der Zukunft. Unter der Rotunde in der Bildmitte werden die Ladesäulen für E-Autos errichtet.

So soll sie mal aussehen - die Raststätte der Zukunft. Unter der Rotunde in der Bildmitte werden die Ladesäulen für E-Autos errichtet.

(Foto: Allmann Sattler Wappner (Simulation))
  • Von Strom über Gas bis zu Wasserstoff sollen sämtliche Betankungsarten zur Verfügung stehen. Zudem soll die Anlage energieautark laufen.
  • Allerdings wird sie auch viel Fläche in Anspruch nehmen.

Von Marco Völklein

Die sogenannten Tanktische stehen schon. Wo also später einmal die Autofahrer vorfahren und die Zapfpistole in den Tank hängen werden - das steht schon fest. Die Rohre im Untergrund sind bereits verlegt, auch die mehrere zehntausend Liter fassenden Tanks sind schon tief im Erdreich verbuddelt. Und dennoch ist noch eine ganze Menge zu tun auf der Großbaustelle direkt an der A 9 bei Fürholzen.

"Wir sind ja auch erst seit etwas mehr als 13 Wochen am Arbeiten", sagt Steffen Krott, der das Großprojekt betreut. Der Zeitplan allerdings drängt: Am 1. September 2017 soll die neue Tank- und Rastanlage an der Westseite der A 9 im Landkreis Freising eröffnet werden. "Sportlich" sei der Zeitplan, sagt Projektleiter Krott. Aber durchaus zu schaffen.

Was die Bauarbeiter da gerade hochziehen auf dem Gelände, soll am Ende eine der modernsten Tank- und Rastanlagen Deutschlands werden. Das zumindest sind die Anforderungen der Autobahndirektion Südbayern. Von der "Raststätte der Zukunft" spricht gar die Tank & Rast GmbH, die vor einiger Zeit den Zuschlag erhalten hat für den Betrieb der Tank- und Rastanlage.

So sollen Autofahrer an der Nürnberger Autobahn in Fahrtrichtung München künftig nicht nur Benzin- und Dieselkraftstoff zapfen können. Vielmehr soll es Zapfsäulen für Erdgasfahrzeuge und Autos geben, die mit Flüssiggas (abgekürzt: LPG) fahren.

Fahrer mit E-Antrieb sollen an vier Ladesäulen Strom tanken können, das sei für den Anfang ausreichend, meinen die Planer. Später könne man die Anlage noch erweitern. Zudem will der Gashersteller Linde Wasserstoff produzieren, um Autofahrer mit Brennstoffzellenautos zu versorgen. "Wir wollen den Autofahrern sämtliche Betankungsarten anbieten", sagt Projektbetreuer Krott.

Die gesamte Anlage wird energieautark laufen

20 Millionen Euro investiert das Unternehmen nach eigenen Angaben in die neue Tankstelle und Raststätte. Aber nicht nur bei den Treibstoffarten verfolgt das Unternehmen neue Ansätze. So soll es an allen Zapfsäulen auch Scheibenklar-Flüssigkeit zum Direkttanken geben. Bislang wird das Produkt zum Säubern der Autofrontscheibe in Kanistern verkauft. Künftig sollen die Autofahrer nur noch die Motorhaube öffnen und einen Schlauch direkt in ihren Scheibenklar-Tank hängen.

Außerdem wird die gesamte Anlage energieautark laufen. Der von Linde produzierte Wasserstoff wird in einem eigenen Blockheizkraftwerk auf der Raststätte mittels einer Brennstoffzelle in Strom umgewandelt. Auf einem Lärmschutzwall entlang der A 9 sowie auf einigen Dächern der Rastanlage werden die Ingenieure Photovoltaikanlagen anbringen, die zusätzlich Strom erzeugen.

Geplant ist, dass die Raststätte nicht nur so viel Energie produziert, wie sie selbst verbraucht, sondern überzählig produzierten Strom in das übergeordnete Netz einspeist. Die Planer sprechen vom "Energie-Plus-Konzept". Das sei, betont Josef Seebacher von der Autobahndirektion Südbayern, eine echte Herausforderung: Raststätten mit Küche, Kühlung, Rund-um-die-Uhr-Betrieb und den vielen Lichtquellen seien wahre Stromfresser.

Baustelle Rastanlage Fürholzen West

"Sportlich" nennt Projektleiter Steffen Krott den Zeitplan.

(Foto: Florian Peljak)

Mit der Anlage in Fürholzen will Tank & Rast nach eigenen Angaben Erfahrungen sammeln für den Bau weiterer solcher Raststätten in der Zukunft. "Wir wollen die Technik erproben", sagt Krott. Werden die Schnellladesäulen für die E-Autos genutzt? Wie häufig legen Wasserstofffahrer einen Tankstopp ein? Und holen sich die Kunden tatsächlich die Scheibenklar-Flüssigkeit direkt aus dem Hahn?

Nicht zuletzt wollen die Planer klären, ob das Energie-Plus-Konzept funktioniert. Und ob es den Pächtern hilft, die Anlage wirtschaftlicher zu betreiben. Sollte sich der Ansatz bewähren, könnte er an anderen Rastanlagen bundesweit eingesetzt werden.

Umweltschützer kritisieren den großen Flächenverbrauch

Auch die Rastanlage selbst soll mit einer relativ auffälligen Architektur Gäste anlocken. So haben die Architekten des Münchner Büros Allmann Sattler Wappner ein doppelgiebeliges Satteldach entworfen, das sich, wenn es denn mal steht, vom Tankbereich in einem weiten Schwung über die Kassen der Tankstelle und die Sanitäreinrichtungen bis hin zur Küche und zum Restaurant ziehen wird.

Unter einem Teil des Daches ist eine geräumige Außenterrasse geplant, daran anschließend wird es einen Biergarten geben. Wobei schon klar ist, dass selbst mitgebrachte Speisen dort - anders als in den großen Münchner Biergärten - nicht akzeptiert werden.

Davon ist schon einiges zu sehen. Über dem Gastraum und dem Kassenbereich haben Arbeiter das Dach bereits installiert, an den Tankplätzen stehen die ersten stählernen Stützen. "Das alles ist wie ein großes Baukastensystem", sagt Baubetreuer Krott. Stück für Stück setzen die Arbeiter die Teile zusammen. Von der Stange aber kommt hier nichts. Allein schon wegen der geschwungenen Konstruktion des Daches sind alle Teile für die neue Raststätte Einzelanfertigungen. Am Mittwoch vergangener Woche wurde Richtfest gefeiert.

Baustelle Rastanlage Fürholzen West

Bis September sollen die Arbeiten an der Raststätte beendet sein, sagt Projektleiter Steffen Krott. Vergangene Woche wurde Richtfest gefeiert.

(Foto: Florian Peljak)

Außerdem errichtet die Autobahndirektion Südbayern direkt daneben für 15 Millionen Euro einen neuen, großen Parkplatz mit separatem Toilettenhäuschen, Sitzbänken und einer überdachten Carport-Anlage. Auch dort sind die Arbeiter schon schwer beschäftigt, Toilettenanlage und die Stellplätze für die Lkw sind bereits zu erkennen.

Die Fundamente für die Carport-Anlage der Pkw sind ebenfalls schon gegossen. Insgesamt sehen die Planer der Autobahndirektion dort 110 Parkplätze für Lastwagen vor, weitere 154 Stellplätze sind für Pkw-Fahrer geplant. Busfahrer sollen künftig zehn Stellplätze vorfinden, neun Parkplätze gibt es für Pkw mit Anhänger.

Umweltschützer und einige Anrainerkommunen kritisieren unter anderem den aus ihrer Sicht großen Flächenverbrauch für die neue Anlage. Die Autobahndirektion indes will dringend zusätzliche Abstellmöglichkeiten für Lkw schaffen und so die Situation entlang der stark frequentierten A 9 entspannen: Immer wieder klagen Brummifahrer, dass sie auf den teils heillos überlasteten Parkplätzen keinen Stellplatz finden, um ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen einzulegen.

Mehr Platz für Pkw- und Lkw-Fahrer

Aus dem gleichen Grund baut die Autobahndirektion auf der Ostseite der A 9 seit einigen Monaten auch die bereits seit Jahren bestehende Tank- und Rastanlage Fürholzen-Ost massiv aus. Wenn alles nach Plan läuft, sollen dort vom 24. Mai an die Brummifahrer wieder ihre Pausen verbringen können. Vorgesehen sind laut Seebacher mehr als 130 statt der bisher 35 Stellplätze für Lkw. Auch die Pkw-Fahrer bekommen mehr Platz: Ihnen stehen künftig 169 statt bislang 48 Parkplätze zur Verfügung.

Baustelle Rastanlage Fürholzen West

Schon mitten im Bau: die "Raststätte der Zukunft".

(Foto: Florian Peljak)

Zudem wird es künftig sechs Busparkplätze geben sowie sieben Stellplätze für Pkw mit Anhänger. Und für Großraum- sowie Schwertransporte, deren Zahl ebenfalls immer größer wird, ist ein etwa 200 Meter langer Längsparkstreifen vorgesehen. Die Raststätte selbst wird von Tank & Rast ebenfalls modernisiert, aber nicht so umfangreich und auf einem so modernen Standard wie die auf der Westseite der A 9.

Dort wiederum wollen die Planer auch im Innenbereich zum Teil ganz neue Maßstäbe setzen. Die Köche zum Beispiel sollen die Mahlzeiten unter einer riesigen Abzugshaube zubereiten, die wie eine große Glocke von der Decke herabhängen wird. Die Seitenwände wollen die Architekten mit Paneelen aus Weißtanne verkleiden; aufgelockert wird das Ganze durch gelochte Metallverkleidungen, hinter denen ein spezieller Dämmstoff verbaut wird.

Der soll dafür sorgen, dass der Lärmpegel in der Raststätte auch bei einem großen Andrang, beispielsweise zu den Hauptreisezeiten, nicht allzu sehr anschwillt. "Wir haben versucht, alles einzubeziehen, was technisch möglich ist", sagt Krott. Es soll eben die Raststätte der Zukunft werden.

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