Auto beschädigt:Eltern haften nicht immer für ihre Kinder

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Das Fahrrad einer Fünfjährigen fällt um und beschädigt ein Auto. Doch das Gericht urteilt zugunsten der Eltern des Mädchen: Der Mercedes-Fahrer muss die 1350 Euro Schaden selbst bezahlen.

Ekkehard Müller-Jentsch

Eltern haften nicht immer für ihre Kinder - dieses Urteil des Amtsgericht hat ein Münchner Vater mit Erleichterung zur Kenntnis genommen. Geklagt hatte ein Mercedes-Besitzer, dessen Auto im November 2009 durch ein umgekipptes Kinderfahrrad zerkratzt worden war.

Die Ehefrau des Mannes musste vor dem Eingang des St.-Ludwig-Kindergartens im Walter-Klingenbeck-Weg anhalten, weil dort Kinder mit ihren Rädern standen. Eines davon stürzte um, und die am Rad befestigte Stange mit dem Warnwimpel schrammte über die linke Fahrzeugseite. Schaden: 1350 Euro. Diesen Betrag wollte der Eigentümer des Autos vom Vater der fünfjährigen Radlerin erstattet haben.

Das Amtsgericht München hat nun rechtskräftig entschieden: Eltern dürfen kleinen Kindern auch im Straßenverkehr gewisse Freiräume lassen. Im Bürgerlichen Gesetzbuch steht, dass Kinder unter sieben Jahren grundsätzlich nicht haften - es sein denn, die Eltern hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt. Darauf berief sich der Autobesitzer: Das Mädchen sei alleine mit dem Fahrrad vor dem Wagen seiner Frau unterwegs gewesen. "Und von den Eltern ist niemand in der Nähe gewesen." Seine Fünfjährige fahre schon eine Weile allein, erwiderte der Vater. Er hätte sie stets ermahnt, vorsichtig zu sein.

Die Amtsrichterin wies die Klage ab: Auch wenn der Schaden durch das Rad des Mädchens verursacht wurde, habe der Vater seine Aufsichtspflicht nicht verletzt.

Natürlich bedürften nichtschulpflichtige Kinder im Straßenverkehr einer gewissen Aufsicht, sagte die Richterin. Aber dabei komme es auch auf deren Erfahrung als Verkehrsteilnehmer an - und auf die konkreten Straßenverhältnisse. In diesem Fall sei die Tochter bereits seit zweieinhalb Jahren Rad gefahren und habe davor ein Laufrad gehabt. Die Strecke zum Kindergarten fahre sie seit zwei Jahren unfallfrei. "Deshalb ist keine Pflichtverletzung darin zu sehen, dass ihr erlaubt wurde, die letzte Strecke alleine voraus zu fahren", führte die Richterin aus.

Zu den Pflichten der Eltern gehöre auch, Kinder zu eigenständigen und verantwortungsbewussten Verkehrsteilnehmern zu erziehen: "Dazu ist es nötig, Kindern gewisse Freiräume zu geben, die es ihnen ermöglichen, Gefahrensituationen zu erkennen und zu meistern." Eine Fünfjährige müsse schließlich bald dazu in der Lage sein, den Schulweg zu bewältigen. Es sei daher in Ordnung, wenn sie kleinere Strecken alleine fahren dürfe.

Das Fahrrad sei aufgrund eines Getümmels umgefallen: "Dies hätte der Vater auch nicht verhindern können, wenn er in Sichtkontakt gewesen wäre." Man könne nicht verlangen, "dass permanent ein Elternteil die Lenkstange des Kinderrades hält - dies würde einer Gängelei des Kindes gleichkommen, die einer normalen Persönlichkeitsentwicklung hin zum selbstständigen Verkehrsteilnehmer nicht dienlich wäre", heißt es in dem Urteil (Az.:122 C 8128/10).

© SZ vom 31.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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