Auszeichnung:Diese Münchnerin ist Deutschlands beste Lehrerin

Auszeichnung: Mathe - das sei Schönheit und Ästhetik, das mache einfach Spaß, erklärt Maria Urban, Lehrerin am städtischen Münchenkolleg in Giesing (hier mit Schulleiter Michael Bäßler).

Mathe - das sei Schönheit und Ästhetik, das mache einfach Spaß, erklärt Maria Urban, Lehrerin am städtischen Münchenkolleg in Giesing (hier mit Schulleiter Michael Bäßler).

(Foto: Robert Haas)
  • Maria Urban unterrichtet am Münchenkolleg in Giesing und bereitet dort Erwachsene aufs Abitur vor.
  • Nun wurde sie mit dem "Deutschen Lehrerpreis" ausgezeichnet.
  • Ihre Schüler schlugen Urban für die Kategorie "Schüler zeichnen Lehrer aus" vor. Beim zweiten Versuch bekam sie die Auszeichnung.

Von Melanie Staudinger

Wenn die besten Lehrer Deutschlands gewählt werden, müsste Frau Urban auf jeden Fall dabei sein, dachte sich Iryna May. Damals surfte die Münchnerin gerade im Internet und stieß mehr durch Zufall auf den "Deutschen Lehrerpreis". Tags drauf versammelte sie ihre Mitschüler im städtischen Münchenkolleg und präsentierte ihre Idee.

"Alle waren sofort dabei: Wir waren uns einig, dass wir schon viele tolle Lehrer hatten, aber niemand war so toll wie Frau Urban", sagt May. Die Lehrerin habe sich so viel Mühe mit der Klasse gegeben, auch nach der Schule noch mit den Schülern Matheaufgaben geübt und habe stets bei Problemen geholfen. "So viel Engagement hatten wir vorher noch nicht erlebt."

Die Schüler reichten also eine Bewerbung ein in der Kategorie "Schüler zeichnen Lehrer aus" - und scheiterten beim ersten Mal prompt. Also probierten sie es ein Jahr später wieder und gaben sich noch mehr Mühe. Jeder Abiturient schrieb eine eigene Begründung. Die Chancen seien höher, je länger und detaillierter die Bewertung ausfalle, sagt May. Dazu haben die Kollegiaten gemeinsam noch einen Brief verfasst.

Fünf Seiten ist er lang und er beginnt mit folgenden Worten: "In jeder Schule, an jeder Uni und in jeder Firma gibt es immer diese eine Person, deren Schritte man sofort erkennt, zu der man sich dann umdreht und die einem mit ihrem Strahlen und ihrer Ausstrahlung ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Die jeden mit Namen grüßt. Mit der Smalltalk immer angenehm ist. Die, obwohl sie es bestimmt eilig haben muss, jedes Mal kurz Zeit für einen hat. An unserer Schule trägt dieser Jemand den Namen Maria Urban."

Der zweite Versuch gelang: Mehr als 4800 Schüler und Lehrer beteiligten sich bei der zehnten Auflage des Lehrerpreises, der seit 2009 von der Vodafone Stiftung Deutschland und dem Deutschen Philologenverband vergeben wird. In der Kategorie "Schüler zeichnen Lehrer aus" konnte sich Maria Urban durchsetzen, sie wurde am Montag mit 20 anderen Lehrern oder Pädagogenteams ausgezeichnet. Auch in der zweiten Kategorie, "Innovativer Unterricht", ging ein Preis nach München, an die Adolf-Kolping-Berufsschule und ihr Maibaum-Projekt.

Maria Urban wusste von den Plänen ihrer Schüler lange nichts, wie sie erzählt. Deshalb habe die Einladung nach Berlin sie überrascht, sie musste erst einmal nachforschen, wie es überhaupt zur Nominierung kam. Umso mehr habe sie sich gefreut. "Ich habe mich in der zehnten Klasse dazu entschieden, Lehrerin zu werden", sagt sie. Die Frage sei nur gewesen, welche Fächerkombination sie studieren wolle.

Auch die Altersgruppe sei von Anfang an klar gewesen: Das Gymnasium sollte es sein. Also schrieb sie sich an der Universität für Mathematik ("Weil ich gerne kalkuliere und gerne Recht habe") und Wirtschaft ein, letzteres, weil sie aus einer Unternehmerfamilie stamme. "Ich fand Schule schön, allerdings hatte ich als Studentin die Illusion, dass man mittags heim geht", sagt Urban und lacht.

Doch daraus wurde schon während des Studiums nichts. Zu dieser Zeit arbeitete Urban bereits nach den Seminaren in der Erwachsenenbildung. Sie absolvierte ihr Referendariat am Wilhelms- und am Rupprecht-Gymnasium. Danach fällte sie eine Entscheidung, die sie bis heute nicht bereut.

"Das Ziel ist klar, das Abitur zu schaffen"

Sie wollte nicht an einem Gymnasium für Kinder und Jugendliche arbeiten, sondern an einem für Erwachsene. Sie unterrichtete zuerst an einer Münchner Berufsoberschule und wechselte dann zum Münchenkolleg an der Schlierseestraße in Giesing. "Ich glaube, dass ich mich in der Erwachsenenbildung am besten einbringen kann", sagt Urban.

Das Münchenkolleg bietet Erwachsenen die Möglichkeit, ihr Abitur nachzuholen. Interessenten müssen eine zweijährige Berufstätigkeit und nicht zwingend eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen, erklärt Schulleiter Michael Bäßler. Wer keinen mittleren Schulabschluss hat, besucht zunächst den einjährigen Vorkurs, danach dauert die Schulzeit drei Jahre.

Das Abitur entspricht dann dem, das an einem "Kindergymnasium" abgelegt wird, wie Bäßler und Urban erzählen. Die meisten ihrer Schüler sind Mitte oder Ende 20, viele sind selbst Eltern. Es waren aber auch schon Rentner dabei, die sich noch mal in die Schule trauten. "Das Ziel ist klar, das Abitur zu schaffen", sagt Bäßler. Daran orientiere sich der Unterricht.

Probleme auf diesem Weg gibt es häufig bei den Fremdsprachen und eben in Mathe. Hier hätten die Schüler ganz unterschiedliche Leistungsstände, sagt der Direktor. "Das breite Spektrum ist eine Herausforderung", bestätigt Urban. Sie bietet daher nicht nur den regulären Unterricht nach Lehrplan an, sondern auch einen Zusatzkurs, eine Art studienvorbereitende Mathematik.

Dort behandelt sie Themen, die in der Schule nicht vorkommen, in der Uni aber vorausgesetzt werden - damit sich ihre Schüler in den ersten Semestern nicht so schwer tun. Die Teilnahme ist freiwillig, der Kurs immer voll. "Er nimmt vielen die Angst vor dem nächsten Schritt, der Universität", sagt Urban.

Mathe - das sei Schönheit und Ästhetik, das mache einfach Spaß, erklärt sie. Ihre Freude am Fach springt auf die Schüler über. "Frau Urban hat Erwartungen. Zum Teil sogar sehr hohe. Doch diese Erwartungen lähmen niemanden, erscheinen nicht wie unüberwindbare Hindernisse. Sie sind Herausforderungen, denen man sich gerne stellt und die einen mit tiefer Zufriedenheit erfüllen, wenn man sie meistert. Und mit etwas Ehrgeiz meistert man sie immer", schrieben May und ihre Mitschüler an die Jury des Deutschen Lehrerpreises.

Doch am "Erwachsenen"-Gymnasium geht es nicht nur um Noten. "Schule heute ist viel mehr als nur Wissensvermittlung", sagt Bäßler. Vor allem auch dann, wenn man es mit Schülern zu tun habe, die mitten im Leben stünden und entsprechende Probleme mit sich herumschleppten - zu wenig Geld für den Lebensunterhalt zum Beispiel, Eltern, die gepflegt werden müssten, die Vereinbarkeit von Schule, Nebenjob und Kind. Auch hier versucht Urban zu helfen.

Manchmal reiche es schon, wenn jemand zuhört. So viel Engagement bleibt auch im Bildungsreferat, der übergeordneten Behörde, nicht ungesehen. "Ich freue mich über die hervorragende Arbeit, die in unseren städtischen Schulen geleistet wird", sagt Stadtschulrätin Beatrix Zurek (SPD). Eine Auszeichnung von den Schülern zu erhalten, sei das höchste Lob, das eine Lehrkraft bekommen könne. Das sieht Urban genauso.

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