Ausstellungsraum des "Gestalterbunds":Ort der Originale

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Im Ausstellungsraum des "Gestalterbunds" zeigen Oliver Pütz und Walther Schüler Arbeiten junger Handwerker und vermitteln den Kontakt zu Designfirmen.

Matthias Kolb

Um schöne Dinge angemessen in Szene zu setzen, braucht es den passenden Rahmen. Wochenlang arbeiteten Walther Schüler und Oliver Pütz am Design ihres Showrooms in der Holzstraße: Sie strichen Wände, fertigten Regale an, montierten das Logo über die Tür und grübelten über Details wie die passende Farbe für die Fensterrahmen. Der Aufwand hat sich gelohnt: Seit Ende Mai zieht der helle Laden neugierige Passanten an, die wissen wollen, was sich hinter dem "Gestalterbund" verbirgt.

"Die Idee entstand in der Schreinerwerkstatt": Oliver Pütz und Walther Schüler (sitzend) und ihr "Gestalterbund". (Foto: Robert Haas)

"Die Idee entstand in der Schreinerwerkstatt", berichtet Oliver Pütz. Dort lernte der 38-Jährige im Herbst 2009 seinen Partner Walther Schüler kennen, der als Freiberufler die Teilnehmer des einjährigen Weiterbildungslehrgangs "Gestalter im Handwerk" betreut. Den staatlich anerkannten Titel der Münchner Akademie für Gestaltung und Design kann jeder erwerben, der eine handwerkliche Ausbildung absolviert hat - etwa als Raumausstatter, Polier, Tischler oder Goldschmied.

Am Ende steht eine praktische Abschlussarbeit, die in einer Schau der Handwerkskammer für München und Oberbayern präsentiert wird. Er wollte wissen, was danach mit diesen Stücken passiere, erzählt Pütz, und erfuhr: "Obwohl darin viel Können steckt, nimmt jeder Absolvent sein Werk mit nach Hause, wo es oft verstaubt."

Um diese Verschwendung von Talent künftig zu verhindern, gründeten Pütz und der 30 Jahre alte Schüler den "Gestalterbund": Sie wollen die Einzelstücke interessierten Privatleuten präsentieren, diese besser vermarkten und im Auftrag der Handwerker mit Designfirmen verhandeln. Die ausgestellten Stücke zeigen die Kreativität der Gestalter: Vor einem imposanten Kleiderschrank aus vier weißen Kuben steht eine hölzerne Liege, während im Schaufenster ein professionelles Aufbewahrungssystem für Schmuck zu bewundern ist.

Andere Absolventen haben kleine Schachteln aus edlen Hölzern oder ein Geschicklichkeitsspiel aus steinernen Pyramiden gefertigt, die auch gut in einen Manufactum-Laden passen würden. Die Schreibtische für das Büro sowie den Lichtschrank im Flur haben die beiden selbst geschreinert und auch die Tischlampe hat ein Freund entworfen.

Um das Prinzip des Gestalterbunds zu erklären, zieht Pütz einen Aktenordner hervor. "Das ist ein Lightfolder, den Ruben Löbbert entworfen hat", berichtet er. In das Loch des Ordners ist eine kleine LED-Lampe eingebaut und je nach Gusto lassen sich die Lightfolder auf einen Tisch stellen oder aufhängen. "Die Idee hat uns so gut gefallen, dass wir auf unsere Kosten eine limitierte Serie von 25 Stück produziert haben und diese nun für 45 Euro verkaufen", sagt Pütz. Auf der Verpackung prangt das Gestalterbund-Logo, in der Zeile darunter steht der Name des Produktdesign-Studenten.

Eine möglichst enge Zusammenarbeit sei der Schlüssel zum Erfolg, so die Überzeugung der beiden Geschäftsführer. "Wir sprechen bewusst nicht von Mitgliedern, sondern von Kooperationspartnern", erläutert Pütz. Für jährlich 84 Euro erhalten die Partner etwa eigene Gestalterbund-Visitenkarten und suchen mit Pütz und Schüler nach einer Nische im Markt. Bisher gehören zehn Gestalter zum Netzwerk, das "Schritt für Schritt wachsen" soll. Wer mehrere Leute vertrete, könne gegenüber Firmen selbstbewusst auftreten und etwa auf die Unterzeichnung einer Geheimhaltungserklärung pochen, damit diese nicht die besten Ideen klauten, argumentiert Pütz.

Der 38-Jährige mit der dunklen Hornbrille ist der Wortführer der beiden und wird sich vor allem um den Verkauf und die externen Kontakte kümmern. Er hat als Abschlussarbeit an der Akademie das optische Erscheinungsbild der "Wort- und Bildmarke Gestalterbund", die corporate identity, entwickelt. Er entwickelte Logo, Visitenkarten und Briefpapier, und das eigene Design ziert auch die Schutzhülle von Pütz' Mobiltelefon. "Wir haben uns fast jeden Morgen zum Kaffeetrinken getroffen und haben am Konzept gefeilt", berichtet Schüler, der weiterhin eineinhalb Tage pro Woche an der Akademie als Werkstättenleiter arbeiten will - und dort Talente sofort ansprechen kann, um sie für den Gestalterbund zu begeistern.

Nachschub ist auch nötig: Um die Besucher immer wieder in den Showroom zu locken, wollen die beiden im Abstand von sechs Wochen neue Designerstücke präsentieren. "Das Glockenbachviertel ist die ideale Umgebung, denn hier kommen genügend Leute vorbei, die sich für Design interessieren", sagt Schüler. Sie hätten schnell zugegriffen, als ihnen der Zeitschriftenladen, den das Ehepaar Lippert nach 26 Jahren freiwillig auflöste, angeboten wurde. Die beiden wissen, wie beliebt der kleine Laden bei den Anwohnern war. Pütz ist jedoch überzeugt: "Das Viertel mag eines seiner Originale verloren haben, aber es hat im Gegenzug ein neues Original hinzu bekommen."

© SZ vom 18.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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