Ausgezeichnet:Mitreden, mithelfen

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Auch im Schülercafé kümmern sich die Jugendlichen selbständig um den Betrieb - ganz im Sinne von Schulleiterin Brigitte Preiß (hinten links). (Foto: Alessandra Schellnegger)

In der Wilhelm-Busch-Realschule übernehmen die Jugendlichen viel Verantwortung

Von Melanie Staudinger, München

Manchen Lehrern hat diese Entscheidung gar nicht gefallen, doch sie mussten sich dem demokratischen Votum der Schüler beugen. Mützen, so hat es der Klassenrat der städtischen Wilhelm-Busch-Realschule beschlossen, sind künftig in den Pausen erlaubt. Die Schüler hätten ihre Kopfbedeckungen auch gerne im Unterricht getragen. Aber so weit ging ihre Macht dann doch nicht. Regelmäßig tritt der Klassenrat in der Perlacher Realschule zusammen. Schüler und Lehrer entwickeln gemeinsame Regeln für den Schulalltag, sie besprechen Konflikte, organisieren Feste und formulieren Vorschläge zur Schulentwicklung. So früh wie möglich sollen die Kinder und Jugendlichen hier lernen, dass sie mitreden können, dass ihre Meinung zählt, dass es sich lohnt, Verantwortung zu übernehmen.

"Bildung ist so viel mehr als der Lehrplan", sagt Schulleiterin Brigitte Preiß. An ihrer Schule gibt es daher nicht nur demokratische Mitbestimmungsgremien wie den Klassenrat oder das Schulentwicklungsteam. Im Projekt "Verantwortung" engagieren sich zum Beispiel die Achtklässler für die Gesellschaft: Sie helfen bei der Münchner Tafel, bringen Senioren Computerkenntnisse bei, leiten eine Kindergruppe im Sportverein oder helfen in Büchereien aus. "Unsere Schüler sollen erfahren, was es heißt, wenn man jemandem hilft und gebraucht wird", sagt Preiß.

So viel Engagement bleibt nicht unentdeckt. Die Wilhelm-Busch-Realschule belegt nicht nur aktuell Platz drei beim Münchner Schulpreis, in diesem Jahr wurde die Schule auch schon von der Stiftung der Stadtwerke München mit einem Förderpreis belohnt, der herausragende Bildungsarbeit für benachteiligte Kinder und Jugendliche auszeichnet. Tatsächlich ist der Anteil der Schüler mit Migrationsanteil mit 60 Prozent vergleichsweise hoch, einige Jugendliche leben in eher schwierigen Verhältnissen. Die Eltern wissen, wie wichtig Bildung für einen sozialen Aufstieg ist, kämpfen aber gleichzeitig mit finanziellen Problemen und anderen Schwierigkeiten. Deutschförderung ist daher besonders wichtig an der Wilhelm-Busch-Realschule.

Die Lehrer wollen den Jugendlichen aber auch Anreize und neue Erfahrungen bieten, die sie von daheim nicht kennen. "Natürlich wehren sich manche Schüler am Anfang, wenn sie hören, dass sie an einem Theater- oder Tanzprojekt teilnehmen sollen", sagt Preiß. Wenn sie sich dann aber darauf einließen, mache es den meisten großen Spaß. "Und man merkt richtig, wie sie sich Stück für Stück mehr zutrauen, selbstbewusster werden und ihren Horizont erweitern", erklärt die Schulleiterin Beliebt bei den 750 Schülern ist mittlerweile auch das Projekt "Lust auf Lyrik". Schriftsteller schreiben mit den Jugendlichen Gedichte, die diese dann vortragen. Gerade die Schüler, die noch nicht so gut Deutsch sprechen, vollbringen "unglaubliche Leistungen", wie Preiß sagt.

Ganz nebenbei bereitet die Wilhelm-Busch-Realschule natürlich auch auf den mittleren Schulabschluss vor - im Halbtags- oder Ganztagsunterricht. Danach machen die Absolventen eine Ausbildung oder gehen weiter zur Schule, um die Hochschulreife zu erwerben. Gerade dieser Weg ist bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund sehr beliebt. Das Gymnasium schaffen sie wegen sprachlicher Hürden oft nicht. Die Wilhelm-Busch-Realschule zeigt, dass es Alternativen gibt, sehr erfolgreiche sogar.

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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