Ausgehen!:Ein Reich für kleine Könige - mit Begleitung

Es gibt sie, die Oasen für Mütter und Väter, in denen kreischende Kinder keine bösen Blicke nach sich ziehen.

Ulrike Heidenreich

Mia fällt mit ihrem Kids Cappuccino die Treppe hinauf. Von oben bis unten ist sie mit Milchschaum bekleckert, der schöne, dunkelbraune Holzboden sieht auch nicht viel besser aus. Moritz fährt durch die weißen Pfützen sicherheitshalber mit dem Bobbycar, damit sich alles besser verteilt.

Hektisches Wühlen in den Jackentaschen nach einem Taschentuch, nervöse Blicke Richtung Theke. Doch die Kellnerin sieht relativ gelassen herüber, reicht kommentarlos einen Packen Papierservietten zum Aufwischen und macht sich daran, für die lieben Kleinen einen neuen Kids Cappuccino zu brühen. Der besteht ausschließlich aus geschäumter Milch und es gibt ihn kostenlos in den Filialen der "San Francisco Coffee Company".

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass die vielen Coffee Shops, die in den vergangenen Jahren in München eröffnet haben, Refugien cooler Anzug- und Kostümträger sind, die hier mal eben zwischen zwei Latte Macchiato ihre Mails im Laptop checken und per Handy die nächsten Dates klar machen. Wer hinter diese Spezies schaut, die sich meist auf hohen Hockern direkt an den großen Glasfronten platziert, sieht etwa in den SFCC-Filialen am Odeonsplatz oder in Haidhausen Horden von Müttern, vor allem mit Kleinkindern, beim Kaffeeklatsch.

Woran das liegt? An der hellen, freundlichen Atmosphäre in den Cafes, an der rauchfreien Luft und an der Großzügigkeit der Einrichtung. Hier sind die gemütlichen Ledercouches und Tische nicht so eng nebeneinander gestapelt, dass man kaum mit dem Kinderwagen hindurchkommt. Im Gegenteil - selbst wenn frau mit zwei Freundinnen plus drei Kinderwagen plus drei Babys anrückt, ist es noch nicht so peinlich wie manchmal in anderen Lokalen - es bleibt genügend Raum für kinderwagenlose Kaffeekunden.

Einmal, an einem diesigen Novembernachmittag, als es schon dunkel wurde, hatten sich gar sechs Mütter mitsamt Kinderwagen in den zugegebenermaßen recht kleinen "San Francisco Coffee Shop" an der Inneren Wiener Straße geflüchtet.

Schnell kam man auf die Vorzüge der einzelnen Kinderwagenmodelle zu sprechen, während die Kinder hinten im Spielzimmer Kids Cappuccino verschütteten. "Wie wendig ist eigentlich der der Twin-One-Hill-Tree?" "Fährt sich der Quinny drei- oder vierrädrig besser?" "Mein McLaren wiegt nur acht Kilo." Solche Dialoge sind durchaus 4,10 Euro für einen großen Creme Caramel Macchiato und eine Cheese Cake für 2,20 Euro wert.

Auf den ersten Blick besser für einen Lokalbesuch mit Kindern geeignet ist natürlich das Cafe "Sirup" in Haidhausen am Preysingplatz. Und auch auf den zweiten, dritten und hundertsten Blick bleibt es eine Oase für Mütter, Väter und Kinder. Die Inhaberinnen Gita Nouriani und Julia Biehler, selbst Mütter von je zwei Kindern, haben es vor eineinhalb Jahren eröffnet. Früher, als es noch "Cafe Stöpsel" hieß, konnte man hier Müsli essen, danach im "Cafe Schädel" zwischen Totenkopfdeko Punks treffen.

Naturgemäß sind die Räume nun um einiges niedlicher eingerichtet. Wunderschönes Fünfziger Jahre-Design auf der Thekenseite, antike Schaukelpferde, buntes Spielzeug, lustige T-Shirts, ausgesuchte Kinderkleidung, gebraucht und neu, auf der anderen. Denn das "Sirup" ist auch ein Laden. Ungemein entspannend für Eltern, die in Ruhe einen Espresso für einen Euro trinken und gegrillte Bruschette für 2,50 Euro essen möchten, ist, dass sie nicht panisch aufspringen müssen, wenn die Kinder Ansätze zeigen, den Laden auseinanderzunehmen.

Ein Reich für kleine Könige – mit Begleitung

Es ist nämlich so, dass die Kleinen ganz legal mit allem, was für sie erreichbar ist, spielen dürfen. Ein absolut kindersicheres Lokal. "Ich habe es gehasst, mit meinen kleinen Kindern essen zu gehen, ich fand das ungeheuer anstrengend. Viele Leute sagen mir jetzt, dass ein Lokal wie unser Sirup ihnen bisher immer gefehlt hat", sagt Gita Nouriani.

Ein Restaurant, das schon immer auf Kinderfreundlichkeit gesetzt hat, liegt nicht weit entfernt. Im "Ristorante Tassilo da Sebastiano" an der Balanstraße sind Bambini schon seit vielen Jahren kleine Könige - mit eigener, abgetrennter Spielecke.

Die Eltern können das zarte Lammkarree, mit Senf einbalsamiert und mit Rosmarin eingerieben, genießen, die Kleinen dürfen sich zwischen Kissen, Krabbelröhre und Bällen verausgaben. Zuvor haben sie entweder das Kindermenue gegessen oder gemeinsam mit der famiglia die Familienpizza für vier Personen, Preis 14,90 Euro.

Erste Adresse für Eltern, die mittags essen gehen möchten, ohne sich pausenlos nonverbal bei anderen Lokalgästen dafür entschuldigen zu müssen, dass ihre Kinder Apfelsaft auf dem weißen Leintuch verschütten, mit Brei herumschmieren und dann auch noch nervtötend kreischen, ist ebenfalls seit langer Zeit das "Café Netzwerk". Es ist eingegliedert in das Hinterhaus der "Beratungsstelle für natürliche Geburt und Elternsein" an der Häberlstraße und hält, was das Umfeld verspricht.

Hier ist es so, dass auffällt, wer ohne Kind kommt. Von 10 bis 14.30 Uhr gibt es wochentags ein wunderbares Frühstück zu günstigen Preisen zwischen 3,50 bis 6 Euro, Köchinnen aus aller Herren Länder zaubern mittags Kürbissuppe, Hühnerfrikassee, Pasta & Co., die Kellnerinnen sind alle supernett. Auf die Kinder wartet eine Kohorte von Kinderstühlen am Eingang und ein erhöhtes Spielpodest, das sich gut von den Tischen überblicken lässt.

Wer danach kulturellen Anspruch sucht, dem sei zum Beispiel das Café in der Glyptothek empfohlen. Ins Museum mit Kindern, jawohl, besonders an Regentagen. Wer einen Euro für die Tagescafékarte am Eingang am Königsplatz bezahlt, kann auf dem Spaziergang bis zum Saal der Sphinx, in dem Kaffee (2 Euro) und Birnen-Rahm-Kuchen (2,20 Euro) warten, die Medusa Rondanini, den Barberinischen Faun und weitere prachtvolle antike Skulpturen bewundern.

Um die Nerven der Museumswärter nicht überzustrapazieren, gilt es aber darauf zu achten, dass die Kinder keine der Figuren berühren. Erfahrungsgemäß funktioniert das aber selbst bei Kleinkindern, diese staunen reglos vor den riesigen Skulpturen.

Konsum satt und zufriedene Kinder gibt es natürlich immer bei Ikea, zum Beispiel in der Niederlassung Brunnthal. Praktischerweise sind mitten im Restaurant runde Spielpavillons aufgebaut, die Kinder können nur an einer Seite hinauslaufen, und die Eltern haben sie immer im Blick, während sie Köttbullar verdrücken.

Danach zur Entspannung in die Kindermöbelabteilung, wo es niemanden stört, wenn Mia den Betthimmel Löva zerdrückt und Moritz den Ekorre-Schaukelelch umwirft. Bei so viel Kinderliebe eines Unternehmens kommt man glatt ins Grübeln, ob man das nächste Kind nicht Billy nennen sollte. Oder Rakke?

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