Ausbau:CSU wirft Reiter wegen Tramprojekt Politik nach Gutsherrenart vor

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  • Der Oberbürgermeister will den Bau einer neuen Tram-Westtangente durchsetzen.
  • Die CSU ist verärgert: Reiter verstoße gegen die Kooperationsvereinbarung.
  • Bürgermeister Schmid sagte, er sei überrascht und enttäuscht.
  • "Wir sind hier in München und nicht in Wild West", schimpfte CSU-Bezirksvorsitzender Spaenle. "Gutsherrenmanier" nehme man nicht hin.

Von Christian Krügel

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) drückt beim Bau einer neuen Tramtrasse durch den Münchner Westen aufs Tempo - und verärgert damit massiv die CSU. Deren führende Vertreter reagierten am Wochenende äußert scharf auf Reiters Ankündigung vom Freitag, noch vor der Sommerpause im Stadtrat den Bau der Strecke durch die Fürstenrieder Straße notfalls gegen die Stimmen der CSU zu beschließen.

"Wir sind hier in München und nicht in Wild West", schimpfte CSU-Bezirksvorsitzender Ludwig Spaenle. Auch Bürgermeister Josef Schmid empfindet Reiters Vorpreschen als Affront: "Ich bin über den Vorstoß des OB überrascht und enttäuscht. Zumal er bereits einen Tag nach Beilegung der Irritationen rund um die Referentenwahlen erfolgt ist", sagte Schmid am Sonntag der SZ.

Auch die betroffenen Stadtbezirke sind uneins

Nach dem Knatsch um Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD), die wegen schlampiger Abrechnungen in deren Behörde von der CSU nicht mehr unterstützt worden war, hatte sich die Stimmung zwischen SPD und den Christsozialen in der vergangenen Woche eigentlich wieder verbessert. Alle anderen Referenten waren von beiden Fraktionen gemeinsam gewählt worden. Sollte OB Reiter nun gegen den Willen seines Partners die Tramstrecke durchsetzen, verstoße er damit klar gegen die Kooperationsvereinbarung mit der CSU, kritisieren Schmid und Spaenle. Dort heißt es: "Die Trambahn-Westtangente wird mit dem Ziel weitergeplant, die verkehrliche Leistungsfähigkeit für den Autoverkehr möglichst unangetastet zu erhalten." Über das weitere Vorgehen werde dann "im Konsens" entschieden.

Aber dieser "Konsens" war bisher noch nicht herzustellen. Im Gegenteil: Trotz vieler Um- und Neuplanungen durch die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) spaltet der Bau der neun Kilometer langen Trasse von Nymphenburg nach Obersendling nicht nur SPD und CSU, sondern auch die betroffenen Stadtbezirke. Die Bürgerversammlung in Neuhausen-Nymphenburg hatte sich im November klar für den Bau ausgesprochen, in Laim war eine knappe Mehrheit dagegen, in Sendling-Westpark wechselten die Mehrheiten, in Hadern ist die CSU dagegen, die SPD dafür.

Das Hauptargument der Befürworter, zu denen auch MVG-Chef-König und zuletzt Verkehrsplaner der TU gehören, ist, dass mit der Strecke eine wichtige tangentiale Nahverkehrsverbindung geschaffen würde. Die entlaste die S- und U-Bahn in der Stadtmitte und beruhige zudem den Verkehr in der Fürstenrieder Straße. Die Gegner der Trasse fürchten genau diese "Beruhigung": Der Autoverkehr auf der bislang sechsspurigen Straße könne nicht mehr richtig fließen, sondern werde zum Erliegen kommen, wenn mindestens zwei Spuren für die Tram geopfert werden würden.

Schmid und MVG-Chef König streiten über Autoverkehr

Die MVG-Planer versuchten in den vergangenen Jahren, diesen Bedenken Rechnung zu tragen, planten zusätzliche Abbiegespuren ein und verlegten Haltestellen, um möglichst wenig neue Hindernisse für die Autofahrer zu schaffen. Aus Sicht von MVG-Chef König sei damit alles getan, was im Rahmen der Planungen gerade noch vertretbar gewesen sei - mehr Konzessionen gingen nicht mehr. Bürgermeister Josef Schmid sieht das völlig anders: "Den Stadtwerken gelingt es seit Monaten nicht, eine Planung vorzulegen, die den Autoverkehr möglichst unangetastet lässt." Streitpunkt bleibe, wie stark die Belastung der Autofahrer in der Fürstenrieder Straße während den Stoßzeiten sei und wie diese vermindert werden könne. Schmid rät dem OB Reiter keine "vorschnelle Sprüche zu klopfen". Ansonsten breche Reiter den Kooperationsvertrag.

CSU-Bezirkschef Spaenle wird noch deutlicher: "Gutsherrenmanier ist kein Politikstil, den die CSU hinzunehmen bereit ist." Bereits Ende Juni 2015 hatte der OB angekündigt, für das Tram-Projekt eine "solide Beschlussvorlage" mit allen Details vorzulegen. Die Grünen hakten per Stadtratsanfrage im November nach, zum Jahreswechsel berieten noch erneut die Fraktionen von SPD und CSU über die Planungen und vereinbarten weitere Gespräche.

OB Reiter will aber rasch Fakten schaffen: Beim Spatenstich für die Tram-Verlängerung nach Steinhausen sagte er an, eine Entscheidung vor der Sommerpause sei sein Ziel, notfalls mit anderen Mehrheiten. Die Rücksicht auf die CSU könne sich in Grenzen halten, denn schließlich habe seine SPD auch Wunschprojekten des Partners zugestimmt: der U-5-Verlängerung nach Pasing und einem neuen Autotunnel in der Landshuter Allee. Klar ist, dass Reiter bei diesem Thema die CSU nicht für eine Mehrheit braucht, weil in anderen Fraktionen und Gruppierungen die Zustimmung groß ist. So haben selbst die Stadträte von Alfa für das Projekt geworben. Und Grünen-Fraktionschef Florian Roth postete am Wochenende auf Facebook: "Also auf unsere Stimmen kann man zählen."

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