Aufmarsch in München:Rechtsradikale demonstrieren doch

Das Kreisverwaltungsreferat hatte den Aufmarsch von Rechtsradikalen verboten, doch nun haben am Samstag rund 40 Neonazis in Sendling trotzdem demonstriert. Zu einer Gegenveranstaltung kamen mehrere Hundert Menschen.

Mit einem Eilantrag haben Rechtsradikale am Samstag kurzfristig doch noch eine Demonstration durchgesetzt. Rund 40 Teilnehmer versammelten sich am Nachmittag im Münchner Stadtteil Sendling. Bei der Versammlung waren 275 Polizisten im Einsatz.

Das Verwaltungsgericht hatte die Demonstration in letzter Minute zugelassen. Die Versammlung war ursprünglich verboten worden - auch weil sie in der Nähe eines Tatorts der Neonazi-Mordserie geplant war. Ein NPD-Funktionär hatte die Versammlung im Namen der rechtsextremen Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) für den Heimeranplatz in München angemeldet - etwa 700 Meter von dem Ort entfernt, an dem am 15. Juni 2005 im Zuge der Neonazi-Mordserie ein griechischer Kleinunternehmer erschossen worden war.

Das Kreisverwaltungsreferat verbot das Treffen mit der Begründung, die Versammlung unter dem Titel "Kriminelle Ausländer raus" sei eine Verhöhnung der Opfer, eine Verharmlosung von Straftaten und eine nicht hinnehmbare Provokation.

Gegen diesen Beschluss gingen die Rechtsextremen mit zwei Eilanträgen in der Nacht zum Samstag vor. Sie wollten am Ostbahnhof und Am Hart aufmarschieren. Beide Versuche wurden von der Münchner Polizei als Ersatzveranstaltungen bewertet und untersagt.

Gegen das Verbot setzten sich die Veranstalter laut Polizei juristisch zur Wehr und erreichten unmittelbar vor dem Beginn der Versammlung am Nachmittag einen Beschluss des Verwaltungsgerichts, der die Demonstration an einem anderen Ort zuließ.

Eine Anwohnerin zeigte sich entsetzt, dass die ursprünglich verbotene Demonstration offenbar sehr kurzfristig doch noch erlaubt wurde. Die Versammlung der Rechtsextremisten habe etwa eine Stunde lang gedauert, berichtete die Frau der Nachrichtenagentur dpa. "Es erklangen markige Worte wie zum Beispiel, man wolle die Geschichte richtig stellen und man würde sich jetzt wieder auf der Straße treffen, um für Ordnung zu sorgen." Sie sei so verletzt gewesen, dass sie sich entschloss, als Einzelperson mit einer Trillerpfeife dagegen zu halten.

Am Samstagmittag hatten mehrere Hundert Demonstranten gegen Rechtsextremismus und die Rolle des Verfassungsschutzes im Skandal um die Mordserie aus dem Kreis der Zwickauer Terroristen protestiert. Sie forderten ein "Verbot der faschistischen Organisationen" und die "sofortige Auflösung" des Verfassungsschutzes. Die Kundgebung sollte auch eine Reaktion auf die Kundgebung von Neonazis sein.

In einer Schweigeminute gedachten die Demonstranten am Platz der Opfer des Nationalsozialismus "allen Opfern des Nazi-Terrors". Unter der ewigen Flamme des Mahnmals hielten sie Fotos der Menschen in die Höhe, die von dem mutmaßlichen Terror-Trio von Zwickau ermordet worden waren. "Die Blutspur der Nazis", stand über den Schwarzweiß-Fotos.

Die Demonstration wurde von einem großen Polizeiaufgebot begleitet. Am Rand der genehmigten Demonstration wurde ein knappes Dutzend junger Demonstranten eingekesselt und intensiv kontrolliert: Sie mussten alle Tascheninhalte auf den Boden legen und ihre Schuhe ausziehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: