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Auf Wahl-Fang: Zu Füßen des Rathauses: SPD-Kanzlerkandidat Schulz beim Wahlkampf im Herzen Münchens.

Zu Füßen des Rathauses: SPD-Kanzlerkandidat Schulz beim Wahlkampf im Herzen Münchens.

(Foto: Schiffmann/afp)

Wie die Bundestags-Kandidaten um Stimmen werben. Heute: Der Marienplatz

Von Heiner Effern

Kalt hat der Marienplatz Martin Schulz empfangen, genau genommen sogar eiskalt. Als der Kanzlerkandidat der SPD am Donnerstagabend die Bühne vor dem Rathaus betrat, sehnten sich die Gäste vorne auf den Bierbänken und auch die dahinter Stehenden nach Wärme. Viel Wärme. Und Schulz verlor keine Zeit, warb energisch für mehr soziale Gerechtigkeit, für bessere Löhne, für sichere und ausreichende Renten, für bezahlbare Mieten. Zumindest SPD-Sympathisanten dürften da schon wieder aufgetaut sein. Schulz legte nach, forderte Merkel zu einem weiteren (TV)-Duell heraus und formulierte eine Kampfansage an alle Gegner und Kritiker: "Freut euch nicht zu früh. Uns kriegt ihr nicht klein."

Nicht einmal die dicken Regentropfen konnten ihn jetzt noch bremsen, die aufs Pflaster des Marienplatzes klatschten. Auf die große Freiluftbühne der Münchner Politik. Je näher die Bundestagswahl rückt, desto größer werden ja die Veranstaltungen der Spitzenkandidaten. Zumindest gilt das für die Plätze, auf denen sie sprechen. Die goldene Maria vor dem Rathaus, die in den vergangenen Jahren angesichts der regelmäßigen Pegida-Dudelei zu ihren Füßen politisch zu verkümmern drohte, erlebt deshalb gerade beste Unterhaltung. Am Mittwoch waren die Linken zu Gast, Alt-Star Gregor Gysi warb für seine Partei. Auch Bayernchef Ates Gürpinar, Bewerber um das Direktmandat im Norden, und Nicole Gohlke, Kandidatin im Süden, durften die große Bühne nutzen. Ihr Parteikollege im Westen, Dominik Lehmann, kümmerte sich um professionelle Zweitverwertung. Er schickte Fotos von Gysi und sich über Twitter, schließlich sollen auch die Lokalen profitieren, wenn die Großkopferten zum letzten Mal vor der Wahl in die Stadt kommen.

Christian Lindner (FDP) wird am 19. September auf dem Marienplatz erscheinen, die Kanzlerin hat sich ihr Finale in Bayern für Freitag, 22. September, aufgehoben. Ob sie dem Auftritt bei ihren Schwesterparteifreunden mit besonderer Freude entgegenfiebert, darf man angesichts atmosphärischer Spannungen bezweifeln. Ob sie den Marienplatz als Ort schätzt, ist ebenso wenig bekannt. Aber selbstverständlich wird auch sie hier sprechen. Und man darf neugierig sein, ob so mancher Zweitverwerter, sprich Münchner Direktkandidat der CSU, nicht doch ein bisschen Promi-Glanz abbekommen will.

Die vier SPD-Kandidaten jedenfalls haben die Bühne genützt, um sich nochmals vor großem Publikum vorzustellen. Und die Anhänger, Wahlkämpfer, Passanten und Sympathisanten haben dafür gesorgt, dass Schulz den Marienplatz trotz des eiskalten Windes und des grauen Regentags guten Mutes verlassen konnte. Ob es für die ganz große Bühne reicht, wird sich am 24. September zeigen.

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