Schlachthofgelände:Verein plant ein "Haus des Humors" mit Gerhard Polt

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"Selbst unser Himmelvater lacht": Der Kabarettist Gerhard Polt (links) unterstützt als "Co-Inspirator" das Projekt des Fördervereins, den Reinhard G. Wittmann leitet. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Der Förderverein "Forum für Humor und komische Kunst" hat eine Immobilie für sein geplantes "Haus des Humors" gefunden.
  • Bei dem Gebäude handelt es sich um die einstige Viehmarkt-Bank in der Zenettistraße 17 auf dem Schlachthofgelände.

Von Wolfgang Görl, München

Bislang war es nur ein Luftschloss, doch jetzt sieht es so aus, als könnte es auf dem Boden landen und dort reale Gestalt annehmen. Für ein "Haus des Humors" - das Projekt firmierte ehedem als "Komische Pinakothek" - hat der einschlägige Förderverein eine Immobilie gefunden, die den hohen Ansprüchen genügen würde. Es ist das Gebäude der einstigen Viehmarkt-Bank, Zenettistraße 17, auf dem Schlachthofgelände.

Hier soll nach den Vorstellungen des Fördervereins "Forum für Humor und komische Kunst" ein "Museum neuen Typs" einziehen, das alle Erscheinungsformen der Komik sammelt, erforscht und natürlich auch der Öffentlichkeit präsentiert - und zwar so, dass der Besuch des Hauses ein Riesenspaß wäre.

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Reinhard G. Wittmann, der Vorsitzende des Forums und ehemalige Chef des Münchner Literaturhauses, hält die einstige Viehmarkt-Bank für "ideal", um den komischen Künsten eine Heimstatt zu geben. In unmittelbarer Nachbarschaft steht das Wirtshaus im Schlachthaus, in dem Kabarett und anderer Bühnenhumor ausgiebig gepflegt werden, zudem entsteht auf dem Viehhofgelände das neue Volkstheater, das, wenn alles nach Plan läuft, im Jahr 2020 eröffnet wird.

Die Viehmarkt-Bank, ein großes Gebäude aus rotem Backstein, steht unter Denkmalschutz. Gebaut hat man es in den Jahren 1913/14 nach Plänen von Adolf Schwiening und Richard Schachner. Einst befand sich dort eine Filiale der Hypobank, welche die Bankgeschäfte des Schlacht- und Viehhofs erledigte. Derzeit hat ein Architektenbüro einige Räume gemietet, der größte Teil des Gebäudes steht seit vielen Jahren leer. Es gehört der Stadt München.

Aber was ist das überhaupt: ein Haus für Humor? Es wäre, sagt Wittmann, ein Ort, den "der Besucher schlecht gelaunt betritt und gut gelaunt wieder verlässt". Also kein Museum, in dem die Exponate wie tote Fische in der Vitrine liegen, sondern ein Haus, in dem der Besucher mitunter auch zum Akteur wird. Nichts weniger als eine Kulturgeschichte des Humors darzustellen, natürlich mit Schwerpunkt München und Bayern, schwebt den Initiatoren vor, und damit auch das betreffende Fachwissen vorhanden ist, hat sich Gerhard Polt als "Co-Inspirator" - den Begriff "Schirmherr" möchte der Meister vermeiden - hinzugesellt.

Der Humor, sagt Polt, "ist wie ein Ozean". Polts Idee ist, in diese Weiten des Humors hineinzusegeln und die Leute mitzunehmen - denn: "Dem Humor muss man eine Heimstatt geben, in der die riesige Palette der komischen Künste und ihre Interpreten besucht werden können, wo sich junge Menschen in Werkräumen auf die Suche nach diesem Spektrum aus der Froschperspektive machen können, wo humorresistente Ältere vielleicht noch umgestimmt werden und lernen, dass Fundamentalisten, Demo-Krattler und Populisten ohne Humor arme Schweine sind, weil sie es nie für möglich halten, dass selbst unser Himmelvater lacht."

Die alte Viehmarkt-Bank, sagt Wittmann, ist so beschaffen, als "wäre sie genau für diesen Zweck gebaut worden". Im ersten Stockwerk befanden sich einstmals Großraumbüros, die auf insgesamt 500 Quadratmetern Platz böten für die Dauerausstellung. Hier könnte man die Karikaturen und Cartoons der Sammlung von Meisi und Helmut Grill zeigen, die hinreißend komischen Originalzeichnungen von Künstlern wie F.K. Waechter, Paul Flora, Tomi Ungerer, Luis Murschetz und so weiter.

Auch andere Sammler haben angekündigt, einen Teil ihrer Schätze zu stiften. Doch das Haus der komischen Kunst soll noch viel mehr bieten: Beispiele zu Humor in der Musik, zu Humor im Film, in der Literatur und auf der Bühne, der Humor der Herrschenden und der Humor der Unterdrückten. Im Erdgeschoss wäre ein erstklassiger Raum für Sonderausstellungen, etwa zum Thema "Die großen Filmkomiker", "Die Kunst des Dieter Hildebrandt" oder "Humor und Politik". Dazu eine Werkstatt, in der komische Kunst gelehrt und praktiziert wird, sowie eine Bühne für Vorträge, Filme und Gespräche.

Wo aber soll das Geld herkommen?

Es soll, so formulieren es die Forumsmitglieder, "eine Erlebnis-, Mitmach- und Lernausstellung werden, eine Ausstellung zu einem Kernbereich des Menschlichen auf höchstem ausstellungstechnischen Niveau". Die obere Etage des Bankgebäude stünde für Künstlerateliers und Studios zur Verfügung.

Einen Haken hat die Sache: Das ehemalige Bankgebäude weist erhebliche statische Mängel auf. Diese zu beheben und das Haus den humoristischen Zwecken entsprechend zu sanieren, wird sehr teuer. Der Förderverein schätzt die Sanierungskosten auf etwa 16,5 Millionen Euro. Wo aber soll das Geld herkommen? Laut Wittmann könnte das Forum etwa ein Viertel der Summe selbst auftreiben. Eine Million Euro erhofft man durch Spenden einzunehmen - für 800 000 Euro hat Vorstandsmitglied Marianne Wille bereits Zusagen gesammelt -, überdies will sich der Verein um Zuschüsse für Denkmalschutz kümmern und um Fördermittel des Freistaats. "Wir haben ein Stiftungsmodell vor Augen, das eine Realisierung in absehbarer Zeit ermöglichen könnte", sagt Wittmann.

Das allein aber wird nicht reichen. Und dies ist der Moment, in dem die Stadt München ins Spiel kommt. Sie müsste mitmachen, und zwar nicht nur, weil sie Eigentümerin des Hauses ist. Sollten die maßgeblichen Kommunalpolitiker zu der Überzeugung gelangen, dass sich hier die Chance bietet, ein außergewöhnliches kulturelles Projekt zu verwirklichen, dann käme die Stadt nicht umhin, Geld locker zu machen - für die Sanierung, aber auch für die laufenden Kosten. Wittmann schätzt die Summe, die jährlich aus der Stadtkasse für den Betrieb fließen müsste, auf 900 000 Euro.

Ist sie dazu bereit? Der Vereinsvorstand hat bereits Gespräche mit Oberbürgermeister Dieter Reiter, dem Kulturreferenten Hans-Georg Küppers und Stadtbaurätin Elisabeth Merk geführt; Wittmann sagt, die Akzeptanz sei "sehr groß" gewesen, verbindliche Zusagen gab es selbstredend noch keine. Für ihn und seine Vorstandskollegen gilt es, erst einmal die nächsten Hausaufgaben zu machen: ein Konzept verfeinern, und Spenden sammeln und überlegen, wie man die Stadträte von dem Projekt überzeugen kann.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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