Auer Dult:Blick nach gestern

Nostalgische Modellautos, Dirndl und Wunderputzmittel - es ist wieder Maidult auf dem Mariahilfplatz. Händler wie Karl Maier bieten ihre Waren an, die so manche Erinnerungen an alte Zeiten wecken.

Wolfgang Görl

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Der Citroën2CV, vulgo Ente, ist ungefähr so groß wie eine Männerfaust, sein Blech leuchtet silbrig in der Sonne, und er hat eine weite Reise hinter sich. Das Auto wurde auf Madagaskar gefertigt, und zwar in Handarbeit von kleinen Familienbetrieben. Nun aber steht es auf der Mai-Dult auf dem Mariahilfplatz, inmitten vieler anderer Modelle, die Karl Maier (Foto) in seiner Jahrmarktsbude feilbietet.

Fotos: Catherina Hess Text: Wolfgang Görl

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Sogar die Türen und die Motorhaube der kleinen Ente lassen sich öffnen - aber was ist das? Im Wageninneren prangt auf dem Blech das Abbild einer Tomate, auch das Logo einer Firma ist erkennbar.

Karl Maier, der seit acht Jahren aus Aalen zur Auer Dult kommt, liefert die Erklärung: Die Modellautos sind aus Blechdosen gefertigt, die Straßenkinder in der Hauptstadt Antananarivo aus dem Müll sammeln. Heimische Handwerker verwandeln die Getränkedosen und Sardinenbüchsen mit Hilfe der Blechschere in flotte Flitzer, europäische Luxuslimousinen oder eben in das Lieblingsauto der französischen Existentialisten. Gut hundert Menschen in Antananarivo leben davon, sagt Maier. Und selbstverständlich würden die blechernen Recycling-Kunstwerke fair gehandelt.

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Es ist nicht unbedingt die sengende Sonne Afrikas, die am Eröffnungstag der Auer Dult über München scheint, aber auch die bayerische Aprilsonne hat Kraft genug, um tausende Stöberer und Raritätensucher in das Budendorf auf dem Mariahilfplatz zu locken.

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Nicht weit von Maiers Stand mit afrikanischem Blechdosenspielzeug bietet Helmuth Ott (Foto) aus Obergiesing die technisch ausgereiften Varianten des Modellautobaus an. Seit 35 Jahren verkauft er altes Blechspielzeug auf der Auer Dult, rare Miniaturlokomotiven oder Dampfschiffe sind darunter, aber eben auch antiquarische Modellautos von Schuco, Distler und Matchbox. Seltene Schuco-Modelle aus den Fünfzigern können schon mal 500 Euro und mehr kosten, beim Anblick der detailgenauen Modelle wird sogar der sparsamste Sammler mitunter schwach.

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Vor allem Männer im reifen Alter belagern den Blechspielzeugstand, sie fachsimpeln über steinalte Mercedes-Modelle und frühe Porsches, und vielleicht sind einige darunter, auf die Otts Kunden-Charakterisierung passt: "Oft kaufen die Leute die Autos, mit denen sie als Kinder gespielt haben." In den Kindertagen freilich kosteten die Miniaturfahrzeuge ein paar Mark, als Antiquität sind sie heute oft ein Vielfaches wert. Deswegen rät Ott allen Eltern und Großeltern, ihre alten Spielsachen nicht dem Nachwuchs zu geben, der sie doch nur kaputt macht, sondern sie lieber an ihn zu verkaufen - auf dass sie in seinem Internetshop oder auf der Auer Dult landen.

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Nun aber weiter beim Samstagsbummel über den Mariahilfplatz. Der Boden ist staubig, weshalb Thorsten Raukes (Foto) Jahrmarktsbude für Lederpflege gerade recht kommt. Rauke verfügt nämlich über einen prachtvollen türkischen Schuhputzkasten, da kann man gar nicht anders, als sich von ihm die Schuhe putzen zu lassen. Hinterher ist man gewaltig in Zugzwang: Man wäre geradezu ein Schuft, würde man dem Mann, der einem soeben die Schlappen blankpoliert hat, nicht das hochwirksame Lederbalsam abkaufen. Überhaupt ist das Angebot an Wunderputzmitteln auf der Auer Dult beeindruckend, und wenn man den Händlern glauben darf, wird selbst das Polieren von Autokarosserien oder das Fensterputzen zum reinsten Vergnügen.

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Christina Obergroßberger aus Steindorf pflegt die afrikanische Methode, aus alten Dingen Neues zu fertigen. Die Frau, die seit 36 Jahren auf der Dult ist, schneidert aus gebrauchter Bettwäsche dekorative Jacken, Blusen, Röcke und Dirndl. Stolz präsentiert sie eine filigrane Schürze, die aus einem Paradekissen gefertigt ist. Die Textilien kauft sie aus Nachlässen auf, und dann überlegt sie, was daraus zu machen ist. "So etwas gibt es nur bei mir", sagt sie. Nun ja. Wahrscheinlich gibt es das auch in Afrika.

Fotos: Catherina Hess Text: Wolfgang Görl

(SZ vom 26.04.2010/amm)

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