Auer Dult auf dem Mariahilfplatz:Im Freiluft-Kaufhaus

Auer Dult auf dem Mariahilfplatz

Die Vorbereitungen laufen für die Auer Dult, die am Wochenende eröffnet.

(Foto: Claus Schunk)

Marktschreier preisen ihre Ware an, Kinder können Karussell oder Riesenrad fahren, auch die Liebhaber von Antiquitäten kommen auf ihre Kosten. Die Auer Dult bietet für jeden etwas.

Von Günther Knoll

Was würde wohl Karl Valentin sagen, wenn er sich heute wiederfände in der Au zwischen der Schatzsucher- und der Neuheitengasse - ein "schön's Durchanand" vielleicht? Es muss jedenfalls in einem Strukturierungsversuch geschehen sein, dass die Budenstraßen der Auer Dult Namen bekamen, um so diesem Chaos, das da dreimal im Jahr auf dem Mariahilfplatz stattfindet, zu der schon immer vorhandenen inneren auch eine äußere Ordnung zu geben. Der "Schrecken der Au" , wie Valentin als Bub genannt wurde, hätte womöglich auch mit den Gassenschildern Unfug getrieben. Denn in der Au, wo der Knabe Karl aufwuchs, war nichts vor seinen unsinnigen Ideen sicher. Inzwischen aber hat man dem genialen Komiker die Streiche längst verziehen, und dass eine Gasse der Dult nach ihm benannt ist, das passt einfach.

Warum und wann die Gassen aber ihre Namen bekamen, wissen weder Gabriele Papke noch Janine Franz auf Anhieb genau zu sagen. Dabei sind die beiden im zuständigen Wirtschaftsreferat der Stadt München beschäftigt und ausgewiesene Expertinnen in Sachen Auer Dult. Franz ist sogar direkte Ansprechpartnerin auf der Dult. Im kleinen Veranstaltungsbüro neben der Mariahilfkirche gehen die Fieranten und Handwerker bei ihr ein und aus, von Hektik ist drei Tage vor der Eröffnung nichts zu spüren. Auch nicht an den Ständen und Buden, wo fleißig aufgebaut und hergerichtet wird. Es geht - so abgedroschen der Begriff vielleicht auch klingen mag - gemütlich zu. Dass in den neun Tagen der Maidult an die 100 000 Besucher zum Mariahilfplatz kommen werden, ist noch nicht zu spüren.

Die Dult habe etwas von einem großen Familientreffen

Aber auch bei stärkstem Andrang schafft es diese kuriose Mischung aus Jahrmarktsständen, Geschirrverkäufern, Marktschreiern, Antiquitätenhändlern, Imbissbuden und Fahrgeschäften, dass es gesittet zugeht rund um den roten Backsteinturm der Kirche. Das versichern die Organisatoren ebenso wie die Fieranten. Die Dult habe etwas von einem großen Familientreffen, sagt Gabriele Papke, das Schöne an ihr sei der Abwechslungsreichtum "wie in einem großen Freiluft-Kaufhaus", es gebe für jeden in der Familie etwas. Zu solchen Treffen gehören auch "Stammkunden" sowohl bei den Standbetreibern wie bei den Besuchern, ergänzt Janine Franz.

Die Dult, ursprünglich ein Jahrmarkt mit Marktschreiern und Gauklern, der neben Kirchen oft zu Wallfahrten abgehalten wurde und die Duldung von höchster Stelle, das "indultum", hatte, gibt es in München seit rund 700 Jahren. Seit 1905 findet sie auf dem Mariahilfplatz in der Au statt, dreimal im Jahr. Neben der Maidult gibt es die Jakobidult im Sommer und die Kirchweihdult Ende Oktober. Jedes Mal sind rund 300 Aussteller dabei, die sich bei der Stadt bewerben müssen. Das machen rund doppelt so viele, ausgewählt wird so, "dass es vom Angebot passt", wie Janine Franz erklärt. Es gebe ein internes Punktesystem, man achte auch darauf, dass die Mischung stimme. Es kämen auf alle Fälle "keine Bratwürste statt Socken".

"Ein bisserl was muss schon reingehen"

Wer einmal da war, der kommt immer wieder, manche schon ein Leben lang. Franz und Maria Judenhofer zum Beispiel verkaufen traditionelles Spielzeug auf der Dult seit 34 Jahren. Ihr Geschäft in München haben sie inzwischen aufgegeben, auf der Dult aber wollen sie nicht fehlen. Viele Kunden, die schon als Kinder eingekauft hätten, kämen extra zu ihm, sagt Franz Judenhofer, und fragten, ober er sie noch kenne. Das sei sie, die Leidenschaft für die Auer Dult, sagt Gabriele Papke. Judenhofer ist bei allem aber doch Geschäftsmann: "Ein bisserl was muss schon reingehen", allein wegen der Krankenversicherung, sagt er und hofft auf den 1. Mai. Das sei traditionell der beste Verkaufstag. Außerdem wünscht er sich Windstille, "dass ich meine Luftballons verkaufen kann".

1948 waren die Großeltern von Manuela Weitner erstmals mit einem Bratwurststand auf der Dult. Schon als Kind sei sie selbst dabei gewesen und habe sich immer auf die Kokosnussstückchen vom Nachbarstand gefreut, sagt sie, während sie ihre sechs Meter in Frühlingsfarben dekoriert. Kokosnüsse gibt es nicht mehr, auch Weitner hat ihr Angebot modernisiert. Der Stand von "Wurst Michl" misst jetzt sechs statt drei Meter. Die Standgebühr richtet sich nach diesen "Frontmetern", wie Janine Franz erläutert. Neben der "Roten" und der "Weißen", wie die Stammkunden bei Weitner ihre Bratwurst bestellen, gibt es jetzt auch Brot mit Tomate und Mozzarella sowie Stockwürste. Bei aller Arbeit freue sie sich auf den "netten Ratsch", sagt Weitner , sie habe Kunden, die nur auf die Auer Dult kämen, "die hat eben echtes Münchner Flair".

Das Riesenrad wird in dritter Generation betrieben

Seit 90 Jahren schon dreht sich das Münchner Riesenrad im kleinen Schaustellerbereich neben Schießbuden und Autoscooter. Die Geschwister Herbert Koppenhöfer und Edith Simon betreiben das Fahrgeschäft in der dritten Generation, inzwischen "extra für die Stadt", wie Koppenhöfer versichert, und "weil unser Herz dran hängt". Seit er zwölf sei, baue er das Rad auf und ab, sagt der 69-Jährige, es habe noch keinen Unfall gegeben. Man merke, "dass es den Leuten Freude macht", ergänzt Edith Simon, die gleichen kämen immer wieder zum 14 Meter hohen Rad.

Man kennt sich eben wie in einer Familie. Jährlich werden, wie Gabriele Papke sagt, Jubilare unter den Schaustellern geehrt. Bis man da an der Reihe ist, das kann offenbar dauern. Allein 16 Jahre lang haben sich Renate und Franz Stey beworben, bis sie 2012 erstmals ihre Trachtenaccessoires und Strümpfe auf dem Mariahilfplatz verkaufen durften. "Es ehrt uns", sagt Renate Stey. Schon als Kind sei sie von der Auer Dult fasziniert gewesen.

Vor vier Jahren kam Dieter Bittorf auf die Dult in die Gasse der Trödler und Antiquitätenhändler. Für ihn sei das "wie vierzehn Tage Urlaub", sagt der Ismaninger. Vorher sei er nur einmal als Besucher da gewesen, die Auer Dult sei "einfach herrlich". "Menschen, Tiere, Sensationen" umfasst Bittorf seine Eindrücke, und bei allem lasse sich auch gutes Geld verdienen. Wenn er etwas nicht im Angebot habe, dann schicke er den Kunden auch zu Kollegen, das sei hier so üblich, versichert Bittorf. Er zum Beispiel bietet hochwertiges Geschirr an, mit dem Kunden ihr Service ergänzen können. Das ist ein Spezifikum der Auer Dult: Sie gilt bis heute als größter Geschirrmarkt Westeuropas. Vielleicht ist es ja das, was sie so besonders macht: Es will sich eben keiner benehmen wie der Elefant im Porzellanladen.

Auer Maidult: 25. April bis 3. Mai am Mariahilfplatz; geöffnet täglich von 10 bis 20 Uhr. Eröffnung am Samstag 25. April, um 11 Uhr. Familientag am Dienstag, 28. April, mit ermäßigten Preisen.

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