Aubing:Provokation im Dorfkern

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Wie wird Aubing aussehen, wenn der Denkmalschutz nicht mehr greift? Mit Bildmontagen demonstrieren Mitglieder des "Fördervereins 1000 Jahre Urkunde Aubing" eindrucksvoll, in welche gestalterische Richtung sich das Zentrum verändern könnte

Von Ellen Draxel, Aubing

Ein kubistischer Baukörper stört Aubings Postkarten-Idylle. Werner Dilg hat das Haus neben die historische Pfarrkirche St. Quirin projiziert, das Bild spricht für sich. Eine Fotomontage weiter ist der Burenwirt an der Altostraße zu sehen, daneben ein schnörkelloses Gebäude in moderner Ästhetik, das der Architekt fiktiv in die Nachbarschaft der Gaststätte eingefügt hat.

Der moderne Komplex entsteht derzeit genau so, wenn auch nicht neben dem Burenwirt im geschützten Dorfkern, sondern an der Limesstraße gegenüber dem Jugendstilbau der Limesschule. Die Stadt musste den Neubau dort auch gegen Bedenken der Stadtgestaltungskommission genehmigen, weil das an der Limesstraße weder eine bestimmte Gestaltungssatzung noch der Denkmalschutz verhindern können.

Die Bilder sind reine Provokation. "Wir wollen zeigen, wie Aubing aussehen könnte, wenn der Denkmalschutz fällt", sagt Dilg. "Das, was hier zu sehen ist, wäre baurechtlich dann alles möglich." Klaus Bichlmayer wird noch deutlicher: "Sollte der Ensembleschutz wegfallen, wird auch der Dorfkern unwiederbringlich in den Einheitsbrei von Siedlungen versinken, wie sie ringsum aus dem Boden schießen."

Dilg und Bichlmayer engagieren sich seit Jahren im "Förderverein 1000 Jahre Urkunde Aubing" für den Erhalt von Aubings denkmalgeschütztem Dorfkern. Gemeinsam mit dem Aubinger Archiv und der Bürgervereinigung Aubing-Neuaubing hat der Verein bereits eine Baufibel herausgebracht, die Empfehlungen für Neubauten gibt. Die Ausstellung, die derzeit im Kulturzentrum an der Ubostraße 9 zu sehen ist, zeigt exemplarisch an 16 Beispielen, wie positiv sich der Dorfkern unter dem Denkmalschutz entwickeln konnte. Da haben neue Häuser Giebel statt Flachdächer, Fassaden sind neutral weiß statt grell bunt. Sprossenfenster dominieren, manche Gebäude wurden mit Holz verschalt oder mit Fensterläden verziert. "Wir kämpfen nicht für ein erstarrtes Museumsdorf", betont Bichlmayer. "Es geht um einen Prozess der sanften Veränderung, um die Bewahrung der Identität."

Bis zum Herbst, das hatte der Landesdenkmalrat 2012 entschieden, muss ein wegweisender Richtungswechsel in der Baukultur erkennbar sein, soll Aubings Dorfkern seinen Status als denkmalgeschütztes Ensemble behalten dürfen. Mit einer Ausstellung im Ubo 9 wollen Dilg und Bichlmayer diesen bereits eingeschlagenen Weg dokumentieren - und gleichzeitig vor den Folgen eines Entzugs der Denkmaleigenschaft warnen.

Mechthild Keßler, die Leiterin der städtischen Unteren Denkmalschutzbehörde, und Susanne Fischer, beim Landesamt für Denkmalpflege zuständig für den Bereich München und Oberbayern, haben ihren Besuch in der Ausstellung ebenso angekündigt wie Thomas Goppel, der Vorsitzende des Landesdenkmalrats. Plakative Bilder, das demonstriert die Aktion deutlich, sagen eben mehr als trockene Akten-Formulierungen.

Zu sehen ist die Ausstellung "Unser Aubing - zwischen gestern und morgen" noch Samstag, 7. Mai, von 14 bis 19 Uhr sowie am Sonntag, 8. Mai, zwischen 12 und 18 Uhr.

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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