Asylbewerber:München sucht verzweifelt Unterkünfte

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Die temporäre Flüchtlingsunterkunft in der Pasteurstraße in Allach. (Foto: Robert Haas)

Die Stadt muss in diesem Jahr 200 weitere Flüchtlinge und 50 wohnungslose Münchner unterbringen - pro Monat. In allen Stadtbezirken sollen nun zusätzliche Wohnanlagen gebaut werden. Wo ist noch nicht klar, aber eng wird es auf alle Fälle.

Von Bernd Kastner und Sven Loerzer

Die Stadt gerät bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen zunehmend unter Druck. Für dieses Jahr rechnet Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD) damit, jeden Monat etwa 200 neue Plätze für Asylbewerber schaffen zu müssen, dazu noch etwa 50 für Münchner, die ihre Wohnung verloren haben. Es ist geplant, nach und nach größere Unterkunftsanlagen in Betrieb zu nehmen, die über das ganze Stadtgebiet verteilt werden sollen. "Das ist eine große Kraftanstrengung", sagte Meier am Freitag. "Ich gehe aber davon aus, dass wir es schaffen." In den 1990er- Jahren habe die Stadt noch viel mehr Menschen untergebracht.

Weil die Flüchtlingszahlen immer weiter steigen, ist jetzt auch die Stadt München verpflichtet, dem Freistaat Bettenkontingente zur Verfügung zu stellen. Damit hat das Sozialreferat aber angesichts des angespannten Wohnungsmarktes enorme Probleme. Nun wird die Situation endgültig prekär, berichtet Rudolf Stummvoll, Chef des Amtes für Wohnen und Migration im Sozialreferat.

Er habe eigentlich im Februar ein weiteres größeres Haus eröffnen wollen, dieser Plan habe sich jedoch am Donnerstag zerschlagen. Die Regierung habe ihm nun signalisiert, dass sie von Februar an der Stadt direkt Flüchtlinge zuweisen werde, wenn Stummvoll nicht von sich aus die geforderten Plätze anbiete. Wo die Stadt diese neuen Flüchtlinge unterbringt, sei ihre Sache.

Kurzfristige Baupläne

Händeringend suchen sie im Wohnungsamt also nach geeigneten Objekten oder freien Flächen. Man kooperiere dabei mit privaten Vermietern, die ehemalige Arbeiterwohnheime oder Bürogebäude in Häuser für Flüchtlinge umwandeln. Stummvoll rechnet damit, dass ein Platz in einem angemieteten Objekt etwa 400 Euro pro Monat koste.

Zudem wolle man auf freien Flächen kurzfristig bauen: Statt, wie früher, Container aufzustellen, wolle man nun auf die Schnelle Unterkünfte in Fertigbaubauweise errichten. Containeranlagen waren in Verruf geraten, weil sie sich nach jahrelanger Nutzung in hygienisch äußert schlechtem Zustand befanden.

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Meier und Stummvoll streben Zwischen-, aber auch Dauernutzungen von Gebäuden und Flächen an: Wenn klar ist, dass irgendwo erst in ein paar Jahren abgerissen und neu gebaut werde, bemühe man sich, das Objekt bis dahin zu akquirieren. Zudem plant Stummvoll, auf städtischen Flächen selbst Unterkünfte zu bauen und diese dauerhaft zu halten. Ihren Betrieb soll ein freier Träger übernehmen. Wenn sie nicht mehr für Flüchtlinge oder Wohnungslose benötigt würden, könnten etwa Azubis oder Studenten einziehen. Diesem Plan muss der Stadtrat aber erst zustimmen.

Wo sollen die 1600 Flüchtlinge aus der Bayernkaserne hin?

Eng wird es auf alle Fälle auf diesem speziellen Immobilienmarkt für Menschen in Not. Bis 2016 seien allein für Wohnungslose 2500 neue Plätze zu schaffen, auch, weil 800 bestehende bis dahin wegfallen. Verschärfen dürfte sich die Lage in München, wenn 2017 die Bayernkaserne nicht mehr zur Verfügung steht.

Dort leben derzeit etwa 1600 Flüchtlinge und Wohnungslose, das Areal soll in ein paar Jahren aber neu bebaut werden. Zwar ist für die Asylsuchenden dort die Regierung zuständig, sie muss sich auch um Ersatz kümmern. Doch dann konkurrieren Freistaat und Stadt um die wenigen infrage kommenden Objekte.

Die Stadtspitze weiß, welcher Zündstoff darin liegt, wenn sie über die Stadt verteilt große Unterkünfte schafft. Immer wieder liefen in der Vergangenheit Lokalpolitiker und Nachbarn gegen solche Pläne Sturm. Dem will das Sozialreferat diesmal entgegenwirken, indem Meier und Stummvoll mit Vertretern aller Parteien in den Bezirksausschüssen und im Stadtrat sprechen. Zudem wollen sie engagierte Bürger vor Ort, in den Kirchengemeinden etwa oder in Vereinen, dafür gewinnen, sich so gut es geht um die neuen Nachbarn zu kümmern.

© SZ vom 18.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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