Archäologische Staatssammlung:Fluch des Rosts

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Archäologische Staatssammlung (Foto: Robert Haas)

Die Patina auf der Stahlfassade der Archäologischen Staatssammlung ist gewollt - doch die Korrosion hat dem Bau aus den Siebzigerjahren stärker zugesetzt als geplant. Jetzt wird das Museum saniert - und unterirdisch erweitert.

Von Alfred Dürr

Wer tief in die Vergangenheit Bayerns eintauchen will, kann hier Exponate aus 120 000 Jahren Siedlungsgeschichte bestaunen. Es sind außerdem interessante Fundstücke aus dem Mittelmeerraum und dem Nahen Osten zu sehen, Sonderausstellungen legen den Schwerpunkt auf einzelne Epochen oder Kunstgattungen. Die Archäologische Staatssammlung an der Lerchenfeldstraße mit den Schauräumen, Depots und Restaurierungswerkstätten ist ein beliebtes Museum in der Münchner Kulturszene. Aber die Fassaden an den charakteristischen, gestaffelten Würfelbauten aus den Siebzigerjahren haben inzwischen reichlich Patina angesetzt. Das Bauwerk ist technisch längst nicht mehr auf dem neuesten Stand. Nun soll das Haus umfassend saniert werden. Zudem ist ein unterirdischer Anbau für Ausstellungen geplant.

Die Archäologische Staatssammlung liegt hinter dem Bayerischen Nationalmuseum, das sich an der Prinzregentenstraße befindet, und unmittelbar neben dem Englischen Garten an der Lerchenfeldstraße. Helmut von Werz hat mit seinen Partnern Johann Christoph Ottow, Erhard Bachmann und Michel Marx bemerkenswerte Zeugnisse Münchner Nachkriegsarchitektur entworfen. Der Museumsbau spielt dabei eine wichtige Rolle. Die sechs würfelförmigen Bauteile und der Bürotrakt gruppieren sich um zwei Lichthöfe. Das Gebäude wirkt vor allem auch durch die Fassade, die damals ihrer Zeit weit voraus war. Die Hülle besteht aus Stahlplatten, die im Lauf der Jahre rosten und damit ein spezielles Erscheinungsbild bewirken. Diesen Effekt vor dem Hintergrund der grünen Parklandschaft strebte man damals bewusst an.

Jede Ausstellung eine Improvisation

Doch inzwischen hat der Rost der Fassade doch stärker zugesetzt, als ursprünglich geplant war. Außerdem sei die Technik im Haus "vollkommen am Ende", berichtet Kurt Bachmann, der Chef des staatlichen Bauamts München 1. "Wir warten seit zehn Jahren auf eine umfassende Sanierung", sagt Museumssprecherin Andrea Lorentzen. Eigentlich könne man bei den Ausstellungen nur noch improvisieren.

Das Museum ist auch im Inneren in die Jahre gekommen. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Bauamt hatte im Rahmen eines europaweiten Vergabeverfahrens vier Architektenbüros ausgewählt, die sich Gedanken über die Sanierung des Museums machen sollten. Ideen, wonach zum Beispiel die bisherigen Gebäudeteile aufgestockt werden sollten, wurden schnell verworfen. "So etwas hätte den Charakter des Hauses zu stark verändert", sagt Kurt Bachmann. Am besten kam das Konzept des spanischen Büros Nieto Sobejano Arquitectos an. Die Platzprobleme sollen mit einem unterirdischen Anbau entlang der Himbselstraße gelöst werden. Auf der Decke dieses 700 Quadratmeter umfassenden Raums für Sonderausstellungen wird wieder ein Garten als Freifläche für die angrenzende Kindertagesstätte angelegt. Drei Oberlichtkuben, mit denen eine natürliche Beleuchtung des Untergeschosses ermöglicht wird, setzen die baulichen Akzente im sanierten Museum.

Dazu gehört auch der neue Eingangsbereich. Geplant ist, diese Zone heller und freundlicher als bisher zu gestalten. Auch ein neues Café ist vorgesehen. Sowohl die Oberlichtkuben als auch der künftige Eingang sollen wieder mit dem besonderen Stahl verkleidet werden. So will man den ursprünglichen Entwurfsgedanken und das spezielle Erscheinungsbild des Hauses bewahren.

Arbeiten könnten 2016 beginnen

Die Architekten Fuensanta Nieto und Enrique Sobejano haben Niederlassungen in Madrid und Berlin. Sie und ihr Team haben sich international einen Namen mit Museen, Hotels, Gewerbebauten, Einfamilienhäusern und städtebaulichen Planungen gemacht. In München erregten die Spanier mit einem spektakulären Entwurf für den Neubau des Hotels Königshof am Stachus Aufsehen. Außerdem planen sie am Vogelweideplatz, neben der Autobahn in Richtung Riem, ein Hochhaus-Ensemble.

Im kommenden Jahr sollen die Detailplanungen und Kostenberechnungen für die Generalsanierung erfolgen. Voraussichtlich 2016 könnten dann die Arbeiten beginnen. Das Museum wird bis auf seine Rohbauform zurückgeführt. Mit einer Wiedereröffnung des Hauses ist nicht vor dem Jahr 2020 zu rechnen.

Die Besucher können also noch einige Zeit die gewohnte Atmosphäre des Museums genießen. Ein perfektes Hightech-Ausstellungsdesign wurde hier nie geboten, was auch den Charme dieses Hauses ausmacht. Es wirkte auf liebenswerte Art in die Jahre gekommen. Die meisten Besucher störten sich offensichtlich nicht daran und nutzten gern das Angebot.

Attraktiv soll das aufgefrischte und größere Haus auf jeden Fall bleiben. 30 Jahre lang war die gut erhaltene "Moorleiche aus dem Dachauer Moos" ein Höhepunkt im Museum. Was es mit der jungen Frau, die im 15. oder 16. Jahrhundert ums Leben kam, auf sich hat, wird noch bis zum 6. Januar 2015 letztmalig in der Archäologischen Staatssammlung präsentiert.

© SZ vom 13.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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