Aquarium mit 300 Zimmern:Erstes Unterwasser-Hotel der Welt

Fast alle erklären ihn für verrückt, aber der Münchner Designer Joachim Hauser macht es wirklich: Er baut vor Dubai ein Hotel im Meer. Es gibt sogar eine künstliche Wolke, die Schatten spendet.

Von Martin Hammer

(SZ vom 12.9.2003) — Natürlich haben die Leute ihn für verrückt erklärt. Joachim Hauser sitzt entspannt im Besprechungsraum eines Münchner Hotels und lacht: "So oft, dass dieser Begriff schon gar keine Bedeutung mehr für mich hat."

Seine Frau war die erste, die es nicht glauben wollte, erzählt er, und irgendwie kann man diese Zweifel durchaus nachvollziehen. Denn der Münchner Designer hat sich in den Kopf gesetzt, in Dubai das erste Unterwasser-Hotel der Welt zu bauen. "Kein schwimmendes Gebäude auf Stelzen oder einem Ponton", betont er, "sondern ein Hotel, das tatsächlich auf dem Meeresgrund steht."

Und das ist nicht nur ein Traum, sondern bereits ein konkretes Bauprojekt, für das im Oktober der Grundstein gelegt wird. In drei Jahren sollen in dem Hotel die ersten Gäste übernachten.

Um das möglich zu machen, sei einige Überzeugungsarbeit nötig gewesen, gibt Hauser zu, der seit drei Jahren an dem Projekt arbeitet. "Es gibt nicht viele Länder, in denen so ein Hotel überhaupt möglich wäre. Können Sie sich vorstellen, dass eine deutsche Behörde diesen Bau genehmigen würde?"

100.000 Quadratmeter unter dem Meer

Unterstützung hat Hauser bei der Regierung in Dubai gefunden, dort wird das Projekt "Hydropolis" nun auf einer Fläche von mehr als 100.000 Quadratmetern rund 500 Meter vor dem Strand von Jumeihra realisiert. Für die Finanzierung des immerhin 520 Millionen Euro teuren Projekts hat Hauser private Investoren aus dem arabischen Raum gewonnen.

Und trotzdem. Wenn Hauser anfängt, seine Pläne zu beschreiben, klingt das eher nach einem - verrückten - Traum, als nach konkreten Bauplänen. Da ist zum Beispiel die künstliche Wolke über der Anlage, die Schatten spenden, nachts in verschiedenen Farben leuchten und - "wenn wir das wollen" - auch für Regen sorgen soll.

Einen eigenen überdachten Strand wird es geben und einen Ballsaal unter Wasser, dessen Dach als gläserne Kuppel aus dem Meer ragt und in der Nacht geöffnet werden kann. "Wo können Sie so etwas sonst erleben, unter Wasser feiern und gleichzeitig die Sterne sehen", schwärmt Hauser.

Die gesamte Anlage soll aus drei Teilen bestehen. In der Landstation werden die Gäste empfangen, dann geht es in einem gläsernen Zug durch einen gläsernen Tunnel 500 Meter auf dem Meeresgrund zum eigentlichen Hotel. Auf drei Stockwerke verteilt - zehn bis 15 Meter unter der Wasseroberfläche - liegen die knapp 300 Zimmer und Suiten.

Jedes Zimmer mit Meerblick

"Bis zu dieser Tiefe reicht das Tageslicht, das ist wichtig, damit sich die Gäste nicht eingesperrt fühlen", erklärt Hauser. Dazu solle auch die transparente Gestaltung des Gebäudes beitragen. "Von jedem Zimmer hat man einen Blick ins Meer, auch aus dem Bad." Und wer sich eine der Suiten leistet - die so genannten Glasballs - der sieht nicht nur rechts und links, sondern auch oben und unten die Unterwasserwelt.

Selbstverständlich sorgt Hauser dafür, dass dieser Blick sich auch lohnt. "Eigentlich ist das Wasser dort zu warm, um Korallen und Fische anzusiedeln", sagt er, "aber wir werden um die Hotelanlage einen Glaskasten bauen, das Wasser darin kühlen und ein Meeresbiotop anlegen."

Wie viel Besucher, die diese Aussicht genießen wollen, zahlen müssen, ist noch unklar. Billig wird es nicht, auch wenn Hauser verspricht, dass man sich nicht als extremes Luxushotel verstehe. Geld verdient werde ohnehin nicht mit den Übernachtungsgästen, sondern mit dem Event- und Bankettbereich, mit Tagesausflüglern, die kommen, um eine Ausstellung in der ersten Unterwasser-Galerie der Welt zu sehen oder sich im gläsernen Spa- und Wellnessbereich verwöhnen zu lassen.

Dass sein Konzept damit ein wenig an einen Themenpark von Walt Disney erinnert, bestreitet Hauser. "Das Hotel wird eine Ruhestätte sein, wir wollen das Ganze schon ernsthafter als ein Las Vegas-Hotel betreiben."

Bleibt die Frage: Warum sollen Touristen, die auf Kreuzfahrtschiffen eine Menge Geld ausgeben, um auf einem Deck über Wasser zu wohnen, nun dafür bezahlen, in einem Aquarium zu sitzen. "Abenteuerlust", sagt Hauser. "Das Meer ist einer der letzten unbewohnten und eigentlich unbewohnbaren Orte der Welt."

Die Zielgruppe? Liegt im Promillebereich

Aber nicht nur das. Selbst wenn der Reiz des Neuen verflogen sei, werde das Hotel im Wasser gefragt sein. "Natürlich liegt die Zielgruppe weltweit im Promille-Bereich, aber das reicht, um unser Hotel auf Jahre zu füllen." Traum seit der Antike

Dem Wasser, versichert Hauser, gehört die Zukunft. Egal, ob Zeitschriften wie Mare, Erlebnisduschen oder der Tauchsport-Trend, "die Menschen treten in eine neue Beziehung zum Wasser". Das ist Hausers Marketing-Konzept: eine Mischung aus literarischen, historischen und psychologischen Versatzstücken, die eine gemeinsame Aussage haben: Der Mensch will im Wasser leben. "Den Traum, das Meer zu besiedeln, gibt es seit der Antike. Das Unterwasser-Hotel ist also keine neue Idee von mir", erklärt der Münchner, "sondern eher eine gesetzmäßige Entwicklung."

18 Zentimeter dickes Plexiglas

Die technische Umsetzung des Projekts, an dem neben der federführenden Münchner Siemens-Tochter IBC weitere 150 Firmen beteiligt sein werden, sei heute kein Problem mehr, versichert er. Auch die Sicherheit der Gäste sei garantiert. "Wir verwenden 18 Zentimeter dickes Plexiglas, da kann man mit dem Vorschlaghammer draufhauen und es passiert nichts." Für den Notfall existierten genug Aufzüge und Treppen, "und bei den Wassertemperaturen kann jeder locker ans Ufer schwimmen".

Inzwischen gebe es auch schon Anfragen für weitere Unterwasser-Hotels, sagt Hauser. Dem Element wird er in den nächsten Jahren also treu bleiben. Und was dann kommt? Das Hotel auf dem Mond, glaubt er. Aber das werde er wohl selbst nicht mehr umsetzen. "Erstens ist der Transport zum Mond derzeit zu teuer, und zweitens gibt es keine Versicherung, die das Risiko trägt."

Bis diese Fragen gelöst sind, werde es noch viele Jahre dauern. "Und dann", sagt er nüchtern, "bin ich einfach zu alt." "Verrückt" genug wäre er bestimmt.

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