Historische Wiesn:"Ich habe mehr Angst vor dem totalen Bauchverbot"

Kabarettist Helmut Schleich darf in seiner Rolle als Franz Josef Strauß bei der historischen Wiesn anzapfen. Dabei fürchtet er sich auch nicht vor Ude, dem "Schwabinger Zigarettenbürscherl".

Astrid Becker

Oberbürgermeister Christian Ude und der Kabarettist Helmut Schleich haben zumindest eine Gemeinsamkeit: Beide werden heuer am ersten Wiesnsamstag anzapfen. Der eine wie gewohnt im Schottenhamelzelt, der andere, zum ersten und "einzigen" Mal im "Herzkasperlzelt" auf der historischen Wiesn - und zwar in der Rolle des Franz Josef Strauß. Die SZ traf Schleich ganz zufällig vor der Augustinerbrauerei. Astrid Becker nutzte die Gelegenheit für ein Gespräch.

Helmut Schleich

Helmut Schleich als Franz Josef Strauß. In dieser Rolle wird er am Samstag bei der historischen Wiesn das erste Fass anzapfen.

(Foto: AP)

SZ: Herr Schleich, wo kommen Sie denn her? Haben Sie heimlich das Anzapfen geübt - so wie der OB jedes Jahr?

Helmut Schleich: Da haben Sie mich jetzt echt erwischt. Ich komme tatsächlich gerade aus der Fassabfüllanlage, wo mir der Augustiner-Produktionsleiter Roland Bittl gezeigt hat, wie man richtig anzapft - und zwar erst an einem Fass Leitungswasser und dann an einem Fass Bier. Das war ein Überschuss oder ein Vorprodukt, irgendein Bier halt, das die nicht mehr brauchen. Ich habe Bittl im vergangenen Jahr zufällig kennengelernt, und wir haben uns gleich gut verstanden. Als jetzt das Anzapfen auf mich zukam, habe ich ihn gebeten, es mir zu zeigen. Es geht ja nicht nur um ein 30- oder 50-Liter-Fass, sondern um einen Hirschen, ich hab' gemeint, da gäbe es einen Unterschied. Gibt es aber nicht!

SZ: Erst hieß es doch, Sie dürften gar nicht als Strauß anzapfen, was ist passiert?

Schleich: In Sachen Wiesn ist heuer ja so einiges in der Schwebe gewesen - zum Beispiel auch, ob der Seehofer dirigieren darf. Na ja, dafür müsste man ja schon den Dirigierstab führen können, und wenn er das so macht wie mit seiner Regierung, ist es vielleicht besser, er lässt es sein. Weil sonst geht's da immer hin und her, aber selten im Takt. Was den Strauß anbelangt, war das ein Missverständnis. Es gab die große Sorge, der Ministerpräsident käme am Bierfass dem Oberbürgermeister zuvor, wenn der Strauß am Freitag anzapft. Das stimmt aber nicht, weil er ja, wie Ude auch, erst am Samstag anzapfen wollte. Auf der historischen Wiesn entsteht jetzt trotzdem eine absurde Situation: Am Freitag gibt's Bier ohne Anzapfen, am Samstagvormittag dann kein Bier, erst ab zwölf. Wenn das so weitergeht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dann gar keiner mehr kommt, weil keiner mehr weiß, wann und ob es überhaupt dort Bier gibt.

SZ: Warum zapfen Sie eigentlich als CSU-Vorsitzender an? Sie hätten diese Aufgabe doch auch als König Ludwig II. erledigen können - eine Paraderolle von Ihnen.

Schleich: Mit dem König Ludwig ist's schwierig. Der hätte kommen und sich vor viele Leute hinstellen müssen, das ist ja nicht so seine Sache. Und mittags, das ist auch nicht seine Zeit. Der hätte eher um drei Uhr nachts angezapft und wäre dann sofort wieder bei Kerzenschein in Richtung Neuschwanstein verschwunden. Da ist's dann doch besser, auf einen volkstümlichen Ersatzkönig zurückzugreifen.

SZ: Kann Strauß überhaupt anzapfen? Der durfte das auf der Wiesn doch nie. . .

Schleich: Na, hören Sie mal! Strauß konnte doch viel anzapfen: Geldgeber, illegale Kontakte. Und er hat auch überall abgezapft. Für das Bier hatte er zwar nicht viel übrig, ihm war Champagner lieber. Und die Wiesn ist ja ein Schicksalsort für ihn: 1988 war er dort zum letzten Mal, ist dann direkt vom Oktoberfest mit dem Hubschrauber zur Jagd geflogen, wo er gestorben ist. Ob er diesmal auf der Wiesn bleiben darf oder wieder weg muss, muss sich erst noch zeigen. . .

SZ: Wer wird denn nun Anzapfkönig: Ude oder Strauß?

Schleich: Strauß hat eigentlich immer beim ersten Schlag den Nagel auf den Kopf getroffen. Ein Strauß fürchtet kein Schwabinger Zigarettenbürscherl - und wenn er doch danebenhaut, dann hat eben der Kabarettist seine Hand schlecht geführt, ein Strauß würde dafür jedenfalls nie Verantwortung übernehmen.

SZ: Mögen Sie eigentlich die Wiesn?

Schleich: Strauß hat kein inniges Verhältnis zur Wiesn, ich hingegen bin ein großer Freund. Ich mag es aber nicht, dass man dort mittlerweile auf Schritt und Tritt überwacht und das alles reglementiert wird, man kann es auch übertreiben. Mich nervt das jedenfalls langsam.

SZ: Das Rauchverbot auch?

Schleich: Es gibt so viele Dinge, die wichtiger wären als dieses Rauchverbot. Der Strauß hat mehr Angst vor dem totalen Bauchverbot, also vor der zwangsverordneten gesunden Ernährung. Der Schleich übrigens auch - die dürften dann nämlich beide nimmer auf die Wiesn.

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