Schüsse in München:Wie der Terror über München kam

Special forces police officers stand guard at entrance of main train station following shooting rampage at shopping mall in Munich

Spezialkräfte der Polizei vor einem Eingang in die Münchner U-Bahn

(Foto: REUTERS)

Der dramatische Abend im Minutentakt: Was am Freitag ab 17.52 Uhr im Olympia-Einkaufszentrum und der ganzen Stadt geschah.

Dieser Freitagabend in München ist ein schrecklicher Abend. Die Stadt steht unter Schock, seit klar ist, dass bei einer Schießerei in der Nähe eines Einkaufszentrums mehrere Menschen erschossen wurden. Im Minutentakt trafen neue Nachrichten ein. Protokoll der Nacht in München:

17.52 Uhr: Der Alarm vom Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) im Norden der Stadt geht bei der Polizei ein. Die ersten Schüsse fallen bei einem McDonald's-Schnellrestaurant. Bald danach sind überall in München Polizeisirenen zu hören.

18.33 Uhr: Die Polizei bestätigt erstmals die Vorkommnisse an sich: Im OEZ hat es eine Schießerei gegeben. Ob Menschen verletzt oder getötet wurden, ist zunächst unklar. "Es ist wohl etwas Größeres", sagt eine Sprecherin.

18.35 Uhr: Die Polizei teilt auf Twitter mit: "Im Moment haben wir einen großen Polizeieinsatz am OEZ. Bitte meiden Sie den Bereich um das Einkaufszentrum." Der Twitter-Kanal der Münchner Polizei wird im Verlauf der Nacht zum wichtigsten Informationskanal.

18.43 Uhr: Es zeichnet sich ab, dass es Verletzte und möglicherweise Tote gegeben hat.

19.05 Uhr: Die Polizei warnt die Bevölkerung über Twitter: "+++ACHTUNG+++ Meiden Sie die Umgebung um das #OEZ - Bleiben Sie in Ihren Wohnungen. Verlassen Sie die Straße!+++"

19.13 Uhr: Die Polizei hält die Menschen immer weiter per Twitter auf dem Laufenden. "Lage am #OEZ mit #Schießerei ist aktuell noch unübersichtlich. Es gab mehrere Verletzte."

19.17 Uhr: Die Polizei muss die Warnung ausweiten - vom OEZ auf alle öffentlichen Plätze. "Meiden Sie öffentliche Plätze in #München. Die Lage ist noch unübersichtlich."

gegen 19.30 Uhr: Ein Internetvideo taucht auf. Es zeigt einen Menschen, der aus einem McDonald's kommt - dem Augenschein zufolge in München - und mit einer Handfeuerwaffe wahllos auf Menschen schießt. Die Quelle dieses Videos, das auf Twitter veröffentlicht wurde, ist zunächst unklar.

19.33 Uhr: Nun gibt es auch in der Innenstadt einen Großeinsatz der Polizei, nachdem Menschen sich von dort per Notruf gemeldet hatten. Zahlreiche Menschen laufen aus der Fußgängerzone zum Stachus. Leute schreien und brechen in Tränen aus. Zahlreiche schwer bewaffnete Polizisten sind dort.

19.41 Uhr: Die Sicherheitskräfte lassen Menschen in der Innenstadt nicht mehr zum Marienplatz und Odeonsplatz. Am Stachus laufen allerdings viele Passanten herum. Gerüchte über angebliche weitere Schießereien gehen um. Die Polizei reagiert auf Twitter: "Gerüchte um eine #Schießerei in der City bekannt. Die Lage ist noch unklar! Bitte meidet öffentliche Plätze sowie U/SBahn." Danach stellt die Polizei klar, dass es am Stachus in der Innenstadt einen Fehlalarm gegeben hat.

19.42 Uhr: Der U-Bahn-Verkehr in der Innenstadt ist eingestellt.

19.47 Uhr: "Wir wissen derzeit nicht wo sich die Täter befinden. Passt auf Euch auf und meidet nach wie vor die Öffentlichkeit", twittert die Polizei und informiert in den Minuten danach auch auf Englisch.

20.01 Uhr: Es fahren keine Trambahnen, U-Bahnen und Busse mehr. Der Nahverkehr ist auf Anweisung der Polizei eingestellt worden. Wenig später wird auch der Hauptbahnhof evakuiert - wegen eines Polizeieinsatzes, teilt die Bahn mit. Auch der Zugverkehr ist jetzt eingestellt.

20.11 Uhr: Die Münchner Polizei geht nun davon aus, dass es am Olympia-Einkaufszentrum drei Attentäter gab: "Zeugen melden drei verschiedene Personen mit Schusswaffen", schreibt die Polizei auf ihrer Facebook-Seite. Trotz hohen Fahndungsdrucks hätten noch keine Täter festgenommen werden können. Über die Anzahl von Opfern lägen noch keine gesicherten Erkenntnisse vor.

20.13 Uhr: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) haben ein Krisentreffen in der Staatskanzlei in München angesetzt.

20.16 Uhr: Die Stadt München ruft den "Sonderfall" wegen einer "Amoklage" aus. Die Bürger werden über das Smartphone-Warnsystem Katwarn aufgefordert, ihre Wohnungen nicht zu verlassen.

20.18 Uhr: Die Polizei versucht zu beruhigen: "Starke Polizeikräfte in der gesamten City. Wir fahnden mit Hochdruck nach den Tätern. Meidet die Öffentlichkeit!"

20.24 Uhr: Unruhe und teilweise Panik herrscht in der Stadt. Nach der Sperrung des Hauptbahnhofs flüchten Menschen über Bahngleise, wie Augenzeugen berichten.

20.26 Uhr: Ärzte und Schwestern sind zu Münchner Krankenhäusern gerufen worden - zur Vorsorge. "Es wurde der Alarm Massenanfall Verletzte ausgelöst", sagt der Sprecher des Universitäts-Klinikums Großhadern. Ob und wie viele Verletzte schon eingeliefert wurden, kann er zunächst nicht sagen.

20.34 Uhr: Vertreter der Sicherheitsbehörden schließen einen Terroranschlag nicht mehr aus. Es gehe tendenziell in Richtung Terrorverdacht.

20.35 Uhr: Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eilt in die Einsatzzentrale der Münchner Polizei. Der von der Stadt ausgerufene "Sonderfall" bedeute, dass jetzt alle Dienste der Stadt zusammenarbeiteten, sagt er.

20.42 Uhr: Die Polizei spricht von einer "akuten Terrorlage" in München.

20.44 Uhr: Die Polizei berichtet, dass Täter mit "Langwaffen" auf der Flucht sind. Dies bestätigt sich im weiteren Verlauf des Abends allerdings nicht, auf den Videos sind kleinere Waffen zu erahnen.

20.55 Uhr: Feuerwehr und Rettungskräfte in München sind mit einem Großaufgebot im Einsatz. "Alles, was verfügbar ist, ist im Einsatz", sagt ein Sprecher der Münchner Feuerwehr.

21.05 Uhr: Tschechien verstärkt die Polizeistreifen im Grenzgebiet zu Deutschland. Auch in vielen Einkaufszentren in Tschechien wird die Polizeipräsenz erhöht.

21.12 Uhr: Die Münchner Polizei hat noch keine Täter festgenommen: "Die Fahndung nach ihnen läuft mit Hochdruck."

21.16 Uhr: Barack Obama sagt Deutschland seine Unterstützung zu. "Deutschland ist einer unserer engsten Verbündeten. Wir werden ihnen jegliche Unterstützung zusagen, die sie in diesen Umständen brauchen können", sagt der US-Präsident in Washington.

21.21 Uhr: Die erste Opferzahl: Mindestens fünf Menschen sind getötet worden, gibt ein Polizeisprecher zu diesem Zeitpunkt bekannt.

21.23 Uhr: Die Polizei twittert: unbekannte Zahl von Verletzten und sechs Tote.

21.32 Uhr: Nach den Tätern wird im gesamten Stadtgebiet und im Umland gefahndet. Gerüchte über den angeblichen Tod eines Täters kann ein Sprecher der Polizei zunächst nicht bestätigen.

21.33 Uhr: Die Bundesregierung stellt sich auf eine Krisenlage wegen der tödlichen Attacken in München ein. Im Kanzleramt kommen Mitarbeiter zusammen, um die Geschehnisse in München zu verfolgen und Kontakt mit allen zuständigen Stellen zu halten.

21.36 Uhr: Der britische Außenminister Boris Johnson äußert sich "zutiefst schockiert" und "traurig" über die tödlichen Schüsse in München. "Meine Gedanken sind bei den Opfern, deren Liebsten und ganz Deutschland zu dieser Zeit", schreibt er auf Twitter.

21.39 Uhr: Die Polizei ruft auf Twitter zu Mäßigung auf: Man solle sich mit Spekulationen zurückhalten. "Damit würdet Ihr uns sehr unterstützen."

21.45 Uhr: Es halten sich keine Kunden in dem Münchner Einkaufszentrum mehr auf, teilt die Polizei mit.

21.46 Uhr: Die Polizei hat bislang keinen Hinweis auf einen islamistischen Hintergrund. "Dafür ist es viel zu früh", sagt ein Sprecher. Die Polizei spricht von einer "akuten Terrorlage". Sie veröffentlicht die Telefonnummer der zentralen Auskunfts- und Vermisstenstelle für Angehörige: 0800/7766350.

22.07 Uhr: Nach dem Attentat sind Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Innenminister Joachim Herrmann in der Einsatzzentrale bei der Polizei eingetroffen.

22.09 Uhr: Die Sicherheitsbehörden wissen nach Angaben von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) bisher konkret nur von einem Täter in München, aber er sagt auch: "Wir schließen keine Hypothese aus."

22.12 Uhr: Die Polizei hat Spezialeinheiten aus mehreren anderen Bundesländern angefordert, darunter die GSG9 der Bundespolizei.

22.27 Uhr: Die Polizei meldet: "Die Zahl der Toten steigt auf acht."

22.38 Uhr: Nach dem Fund einer weiteren Leiche - ein Mann - im näheren Umfeld des Münchner Olympia-Einkaufszentrums prüft die Polizei, ob es sich um einen Täter handeln könnte.

22.44 Uhr: Die Polizei durchsucht intensiv das OEZ. Zur Lage in der Umgebung des Tatorts sagt Polizeisprecher Martins: "Wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Lage außerhalb des OEZs zuspitzt."

22.49 Uhr: "Dem, der bei einer Veranstaltung in einem Gebäude ist, raten wir, lieber dort zu verweilen, bis wir entwarnen können." Weiter mahnt die Polizei auf Twitter, drin zu bleiben.

23.09 Uhr: Die Polizei versucht wieder zu beruhigen: "Wir haben derzeit mehrere Spezialeinsatzkräfte aus Bayern, anderen Bundesländern und von der Bundespolizei in #München im Einsatz."

23.12 Uhr: Es ist klar, dass der Mann, der beim OEZ tot gefunden wurde, durch Gewalteinwirkung gestorben ist - es gibt neun Tote.

23.25 Uhr: Das Kanzleramt teilt mit, dass am Samstag das Bundessicherheitskabinett in Berlin zusammenkommt.

01.18 Uhr Die Zahl der Toten steigt auf zehn. Einer von ihnen ist der mutmaßliche Attentäter.

01.31 Uhr Die Polizei hat die Leiche eines Mannes gefunden, bei dem es sich vermutlich um den Attentäter handelt. Der Mann habe sich selbst getötet, teilten die Ermittler mit.

02.00 Um zwei Uhr nachts gibt die Münchner Polizei eine letzte Pressekonferenz. Sie hoffen, dass derart späte Zusammenkünfte eine Ausnahme blieben, sagt Pressesprecher Marcus da Gloria Martins zur Eröffnung. Dann gibt Polizeipräsident Hubertus Andrä erste Ermittlungsergebnisse bekannt: Der Täter ist ein 18-jähriger Deutsch-Iraner aus München. Er wurde gegen 20.30 Uhr tot aufgefunden, er hatte sich wohl selbst gerichtet. Hinweise, dass andere Personen tatbeteiligt waren, liegen nicht vor. Die Schießerei hatte laut Polizeipräsident Andrä bei der McDonalds-Filiale gegenüber des OEZ begonnen. Der Täter habe mit einer Pistole erst dort auf Menschen geschossen, dann im OEZ. Dort seien auch "die Opfer zu beklagen", so Andrä. Der Täter flüchtete anschließend und wurde von Streifenbeamten beschossen. Getötet habe er sich aber selbst.

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