Anschlag am OEZ:Staatsanwalt fordert sieben Jahre Haft für Waffenhändler

  • Philipp K. steht vor Gericht, weil er dem Täter der Morde am OEZ die Waffe und Hunderte Schuss Munition verkauft hat.
  • Die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Tötung in neun Fällen, fahrlässige Körperverletzung in fünf Fällen und illegalen Waffenhandel vor.

Im Prozess gegen den Waffenlieferanten von David S., dem Täter der Morde am OEZ, hat die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten gefordert. Sie wirft dem Angeklagten fahrlässige Tötung in neun Fällen, fahrlässige Körperverletzung in fünf Fällen und illegalen Waffenhandel vor.

Der 33-Jährige habe zwar nichts von einem geplanten Anschlag gewusst, die Tat sei nach dem Verkauf der Schusswaffe und Hunderten Schuss Munition aber vorhersehbar gewesen, erklärte der Staatsanwalt Florian Weinzierl in seinem Plädoyer vor dem Landgericht München I. Die Tat vom 22. Juli 2016 wäre ohne den Waffenverkauf nicht möglich gewesen. Erstmals soll damit nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ein Waffenverkäufer damit auch für eine mit der Waffe begangene Tat verantwortlich gemacht werden, ohne an der Tat selbst beteiligt gewesen zu sein.

Schon zum Prozessbeginn im August hatte Philipp K. zugegeben, dass er die Waffe verkauft hatte, mit der der 18-jährige David S. neun Menschen und sich selbst tötete. Angeklagter und Täter fanden über das Darknet zueinander, einem verborgenen Teil des Internets, der illegale Geschäfte möglich macht. Bei der Bluttat wurden vor allem junge Menschen mit Migrationshintergrund erschossen.

Die Forderung der Staatsanwaltschaft setzt sich aus den unterschiedlichen Anklagepunkten zusammen. Für den Verkauf der Waffe, einer Glock 17, und mehr als 450 Schuss Munition sowie die fahrlässige Tötung und Körperverletzung plädierte die Anklagebehörde auf vier Jahre und sechs Monate Haft. Der Rest der Strafforderung bezieht sich auf zahlreiche weitere Verstöße gegen das Waffengesetz.

"Unfassbar" und "kaltschnäuzig" habe er agiert

Besonders schwer gewichtete die Anklage den geplanten Verkauf einer Waffe an zwei verdeckte Ermittler, die Philipp K. im August 2016 im hessischen Marburg überführten. Zu diesem Zeitpunkt habe der Angeklagte schon von der Münchner Bluttat seines Kunden gewusst, wie mehrere Zeugen berichteten. Staatsanwalt Florian Weinzierl bezeichnete dieses Verhalten als "unfassbar" und "kaltschnäuzig".

Strafmildernd dagegen wirkte sich unter anderem der Verlauf des Verfahrens aus, bei dem es immer wieder zu Anfeindungen gegen den Angeklagten - aber auch die Staatsanwaltschaft - vonseiten der Angehörigen der Opfer kam. Außerdem sei der Prozess durch eine Flut von Beweisanträgen der Nebenklage unnötig in die Länge gezogen worden, betonte Staatsanwalt Weinzierl. Auch eine enorme Medienpräsenz des Falls habe die Strafzumessung um insgesamt vier Monate reduziert.

Ein Angehöriger eines der Opfer nannte die Forderung der Anklage lächerlich. "Aber egal, was man ihm gibt, ich werde nie zufrieden sein", sagte Hasan Leyla nach der Verhandlung. Eine der Angehörigen verließ die Verhandlung vorzeitig mit dem Satz: "Das halte ich nicht aus". Familien der Opfer werfen Philipp K., der mit David S. eine rechte Gesinnung teilte, Mitwisserschaft vor.

Eigentlich sollte der Prozess noch einige Wochen dauern, aber am Mittwoch entschied der Richter überraschend, dass die Beweisaufnahme nun abgeschlossen ist. Der Prozess soll am Montag mit dem Plädoyer der Nebenklage fortgesetzt werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: