Andreas Ströhl hört auf:Das Filmfest sucht einen neuen Chef

Ein Mann der leisen Töne: Filmfest-Chef Andreas Ströhl hört auf und geht nach sieben Erfolgsjahren ans Goethe-Institut.

Christian Mayer

Das Gerücht gab es schon länger, schließlich handelt es sich bei der Filmbranche ja um einen in sich geschlossenen Kreis von Leuten, die ständig mit- und gegeneinander arbeiten, Geheimniskrämerei ist also zwecklos. Andreas Ströhl, seit 2004 Leiter des Münchner Filmfests, wird nach dem diesjährigen Festival im Sommer aufhören.

Andreas Ströhl und Julia Koschitz, 2010

Andreas Ströhl (hier mit der Schauspielerin Julia Koschitz auf dem Filmfest 2010) hört nach sieben Jahren auf.

(Foto: Robert Haas)

Das ist definitiv, auch wenn Ströhl der Frage ausweicht: "Ich kann das weder bestätigten noch dementieren", sagt der 48-Jährige, was man getrost als klares "Ja, stimmt schon" deuten darf. Angeblich, so geht das Gerücht weiter, wird Ströhl dorthin zurückkehren, wo er bis 2003 gearbeitet hat: ans Goethe-Institut, wo dann die Abteilung Kultur und Kommunikation einen neuen Chef bekommen würde.

Über die Gründe seines Fortgangs wird sich Ströhl bald schon äußern. Er schätzt ja das offene Wort, auch wenn er in der Szene eher als stiller, bedächtiger, fleißiger Typ gilt - ganz anders etwa als Dieter Kosslick, der Chef der sehr viel größeren und glamouröseren Berliner Filmfestspiele. Während Ströhl lieber im Hintergrund bleibt und bei Eröffnungsfeiern oder Premieren rasch von der Bühne verschwindet, zelebriert der Berliner Kollege jeden Auftritt mit Hollywood-Stars wie eine Hauptstadt-Operette, sein roter Schal und der kosslickhafte Hut sind zum Markenzeichen des Festivals geworden.

Andreas Ströhl dagegen hat immer betont, das Filmfest München gehöre dem Publikum und nicht den Medien. Deshalb setzte er voll auf Inhalt, auf anspruchsvolle Filmreihen und Retrospektiven, die Show blieb zweitrangig. 214 Filme aus aller Welt liefen beim Filmfest im Sommer 2010, mit 66.000 verkauften Tickets konnte Ströhl fast an das Rekordjahr 2009 anknüpfen - trotz der zeitgleich stattfindenden Fußball-WM in Südafrika. München behauptet seit Jahren Platz zwei der deutschen Filmfestivals, allerdings deutlich hinter Berlin, das mit seinem Wettbewerb in einer anderen Liga spielt, übrigens auch mit dem Berlinale-Palast, der den düsteren Gasteig klar in den Schatten stellt.

Der Job des Münchner Festivalleiters und Geschäftsführers ist attraktiv, auch wenn er über wenig Geld verfügt - dafür sind seine künstlerischen Freiheiten nicht zu verachten. Wer Ströhl auf diesem Posten nachfolgt, das entscheiden nun die Gesellschafter: der Freistaat Bayern, die Stadt München, die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft und der Bayerische Rundfunk.

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