Amtsgericht:Prozess gegen Schleuser: "Das Vorgehen glich einem Viehtransport"

  • Das Münchner Amtsgericht hat einen skrupellosen Schleuser zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.
  • Der Mann hatte mindestens 16 Flüchtlinge in seinen Kleintransporter geladen.
  • Die Fahrt dauerte ohne Pause mindestens zehn Stunden - bei hochsommerlichen Temperaturen.
  • In einem zweiten Urteil verhängte das Gericht ebenfalls eine hohe Haftstrafe gegen einen Schleuser, der mehrere Menschen am Hauptbahnhof im Auto eingesperrt hatte.

Von Ekkehard Müller-Jentsch und Martin Bernstein

Das Münchner Amtsgericht hat gegen einen skrupellosen Schleuser eine beachtliche Haftstrafe verhängt: "Seine Vorgehensweise glich eher einem Viehtransport", stellte das Gericht in seiner Begründung fest, als es den 53 Jahre alten Türken zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilte.

Dass der Mann, wie er selbst beteuert hatte, vor allem aus Mitleid gehandelt haben will, nahm ihm das Gericht nicht ab und sagte: "In erster Linie war er von Profitgier geleitet."

Der Mann hatte am 10. Juli 2015 an der serbisch-ungarischen Grenze mindestens 16 irakische und iranische Flüchtlinge in seinen in Rumänien zugelassenen Kleintransporter geladen.

Dann fuhr er über Ungarn und Österreich nach Deutschland. Die Flüchtlinge hatten weder Pässe noch Ersatzpapiere, wie später die Sicherheitsbehörden feststellten. Und auch der Schleuser selbst besaß weder das erforderliche Einreisevisum noch einen Pass.

Seine menschliche Fracht transportierte er auf der nur 3,5 mal zwei Meter großen Ladefläche des Kleintransporters, der weder Fenster noch sanitäre Einrichtungen hatte. Die Fahrt dauerte ohne Pause mindestens zehn Stunden. Angesichts der hochsommerlichen Temperaturen herrschten im Fahrzeuginneren mehr als 30 Grad.

1500 Euro für einen unbekannten Hintermann

Die Flüchtlinge mussten während der Fahrt in mitgeführte Dosen urinieren, wie die Polizei später feststellte. In München, am Autobahnende der A 8, wurde der Transporter gestoppt und von der Polizei kontrolliert. Die Flüchtlinge berichteten, dass sie an einen ihnen angeblich unbekannten Hintermann jeweils 1500 Euro bezahlen mussten. Wie viel der Fahrer davon bekommen hat, sei nicht bekannt.

Das Gericht ging in der Verhandlung zwar davon aus, dass der Angeklagte zum ersten Mal solch eine Fahrt unternommen hatte. Und der Mann war auch nicht vorbestraft.

Doch nach dem deutschen Aufenthaltsgesetz wird das illegale Einschleusen von Ausländern mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren geahndet, wenn der Täter "den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt".

In der Urteilsbegründung zog das Gericht diese Gesetzespassage heran: "Es muss strafschärfend berücksichtigt werden, unter welchen Bedingungen die Schleusung stattfand - der Angeklagte hat eine große Zahl von Flüchtlingen auf einem relativ engen Raum bei großer Hitze untergebracht. Es handelte sich bei der Fahrt in keiner Weise um menschenwürdige Bedingungen", stellte das Gericht fest.

Vier Flüchtlinge im Auto eingesperrt

Wie skrupellos Schleuser mit ihrer menschlichen Fracht umgehen zeigt auch ein zweiter Fall, der vergangenen Dienstag ebenfalls vom Amtsgericht mit einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten für den Haupttäter geahndet wurde. Bundespolizisten hatten am 29. Juli am Hauptbahnhof ein österreichisch-ungarisches Schleuserpaar festgenommen.

Der 32-jährige Mann aus Graz und die 24-jährige Frau aus Budapest standen im Verdacht, vier Flüchtlinge aus Eritrea gegen Bezahlung von mehreren Hundert Euro Bargeld illegal von Budapest nach München eingeschleust zu haben. Die Kriminalpolizisten vom Kommissariat 34 begannen mit der Befragung der Festgenommenen. Da ging im Polizeipräsidium ein Notruf ein: An der Bayerstraße stehe ein Audi A 3, in dem zwei Männer und zwei Frauen eingesperrt seien.

Die Menschen schwitzten stark, riefen um Hilfe und könnten sich nicht von alleine aus dem Fahrzeug befreien, hieß es. Noch vor dem Eintreffen eines Streifenwagens schlug ein Passant die Seitenscheibe des Pkw ein und befreite alle vier Insassen. Die Befreiten machten sich aus dem Staub, bevor die Polizeibeamten ihre Personalien feststellen konnten.

Was die Beamten im Auto aber entdeckten, war der Reisepass des 32-jährigen Schleusers. Das Paar hatte am Bahnhof in Budapest gezielt Flüchtlinge angesprochen und ihnen angeboten, sie nach Deutschland zu bringen. Die Frau reiste mit vier Flüchtlingen und ihrem vierjährigen Sohn mit dem Zug.

Gleichzeitig fuhr ihr Lebensgefährte in dem Auto ebenfalls mit vier Flüchtlingen nach Deutschland. Bevor sich der Schleuser mit seiner Lebensgefährtin traf, hatte er die vier Flüchtlinge im Auto eingesperrt, das mehrere Stunden in der prallen Sonne stand.

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