Amtsgericht München:Mann fälscht Identität - und fliegt beim KVR auf

Lesezeit: 2 min

Ein junger Berliner will lieber eine Frau sein und ändert Geschlecht und Name einfach selbst in seinen Papieren. Fast wäre er damit durchgekommen, aber sein Fantasiename war zur Fahndung ausgeschrieben.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Wenn, bildlich gesprochen, aus Julian eine Julia werden soll, darf auch offiziell der Name geändert werden. Ein 20-jähriger Berliner wollte seinem Wunsch nach einer neuen Identität aber gleich noch mit einem Computer-Scanner nachhelfen und mit seiner Fälschung in der Münchner Ordnungsbehörde Papiere mit Fantasiepersonalien beantragen. Der Schwindel flog auf - der Berliner wurde wegen Urkundenfälschung und mittelbarer Falschbeurkundung vom Amtsgericht München zu vier Wochen Dauerarrest verurteilt.

Mithilfe des Computers änderte er seinen Namen auf der Urkunde

Der junge Mann, der lieber eine Frau sein will, erwirkte beim Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg im November 2013 eine Änderung seines Vor- und Familiennamens. Das wurde ihm in einer amtlichen Urkunde bescheinigt. Im September 2015 scannte er dieses Dokument in seinen Computer ein und änderte dann Namen und Adresse in frei erfundene Personalien. Am 22. September 2015 beantragte er damit im Münchner Kreisverwaltungsreferat einen neuen Personalausweis und einen Reisepass.

Stadtverwaltung
:KVR muss wegen Überfüllung schließen

Schon von Mittag an gibt die Behörde keine Wartenummern mehr aus. Was das Chaos verursacht hat.

Von Heiner Effern und Dominik Hutter

Die Sachbearbeiterin in der Ordnungsbehörde wäre ihm fast auf den Leim gegangen: Sie hatte schon die Ausweispapiere mit dem Fantasienamen beantragt. Doch umgehend kam eine Rückmeldung aus Berlin, dass die Dokumente, mit denen sich der 20-Jährige ausgewiesen hatte, zur Fahndung ausgeschrieben sind.

Die Münchner Stadtbeamtin verständigte sofort die Polizei. Eine Funkstreife nahm den Berliner noch im Kreisverwaltungsreferat fest. Da er weder in München noch in Berlin über einen festen Wohnsitz verfügt, wurde gegen ihn Haftbefehl erlassen. Er befand sich bis zur Strafverhandlung in Stadelheim in Untersuchungshaft.

Dort zeigte er, wie die Leitung der JVA meldete, "Verhaltensauffälligkeiten", deswegen kam der Mann in die Krankenabteilung. Der unter anderem von ihm nachdrücklich geäußerte Wunsch, sein Oktoberfestdirndl tragen zu dürfen, wurde ihm "aus hygienischen Gründen" verwehrt.

"Mein Leben ist sehr schlimm, seit der Kindheit"

Vor dem Amtsgericht wurde nun festgestellt, dass der 20-Jährige in diversen Jugendhilfeeinrichtungen aufgewachsen ist, da ihn seine leiblichen Eltern schwer misshandelt hatten. Er besuchte die Förderschule und hat auch ein Abgangszeugnis. Sein sehnlichster Berufswunsch: Tänzer. Vor Gericht gab er alles zu: "Es tut mir leid, ich habe meinen Fehler eingesehen. Mein Leben ist sehr schlimm, seit der Kindheit."

Das Gericht ging bei seinem Urteil von "offensichtlichen Reifeverzögerungen" aus und wendete Jugendstrafrecht an. Es verhängte einen vierwöchigen Dauerarrest und rechnete darauf die bereits verbüßte Untersuchungshaft an, so dass der Berliner als freier Mann das Gericht verlassen konnte. Die Münchner Behörden hatten für diesen Fall bereits eine soziale Unterstützung von Berliner Ämtern organisiert.

© SZ vom 12.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Dienst
:SZ München-News per WhatsApp, Telegram oder Insta

Wissen, was München bewegt: Der WhatsApp-Kanal der Süddeutschen Zeitung bietet einen schnellen und bequemen Nachrichtenservice für die Stadt. Abonnieren Sie ihn kostenlos.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: