Amtsantritt:Der Herr der Züge

Amtsantritt: Staffellauf: Bernhard Weisser (li.) übergibt den Stab an Heiko Büttner.

Staffellauf: Bernhard Weisser (li.) übergibt den Stab an Heiko Büttner.

(Foto: Stephan Rumpf)

Münchens neuer S-Bahn-Chef muss gleich mit einer großen Panne starten

Von Andreas Schubert

Der erste Tag des neuen S-Bahn-Chefs hätte auch besser anfangen können. Aber irgendwie passte es dann auch ganz gut, dass ausgerechnet beim Stabwechsel an der Spitze der S-Bahn München der Verkehr auf der Stammstrecke für Stunden aus dem Takt geraten war. Grund war ein heiß gelaufenes Achslager eines Zuges am Ostbahnhof, das in Brand geriet. Zug und Bahnsteig mussten um kurz nach 8 Uhr evakuiert und der Zugverkehr am Ostbahnhof eingestellt werden. Obwohl die Sperrung nach etwa einer Stunde wieder aufgehoben war, zogen sich Zugausfälle und Verspätungen noch Stunden hin.

Daran wird sich Heiko Büttner, der neue S-Bahnchef, gewöhnen müssen. Am Freitagvormittag hat ihm der bisherige Chef Bernhard Weisser mit der symbolischen Übergabe eines Staffelstabs im Hotel Maritim offiziell die Geschäfte übergeben. "Das ist S-Bahn live", sagte Weisser zu den Ausfällen. Denn nach acht Jahren als Chef weiß der 61-jährige Eisenbahner nur allzugut, welche enormen Auswirkungen ein Fall wie der am Ostbahnhof auf dieses komplexe System hat. Dazu kommen noch die regelmäßigen Meldungen von Notarzteinsätzen, Personen im Gleis oder anderen Störungen, die den Takt durcheinander bringen - Einflüsse, die es immer geben wird.

Der gebürtige Unterfranke Büttner, 48, weiß um die Störanfälligkeit der S-Bahn allerdings längst, denn er ist kein Neuling in München. Von 2008 bis 2011 war der Jurist dort verantwortlich für die Bereiche Finanzen, Personal und Marketing, bevor er Geschäftsführer Personal bei der DB Vertrieb GmbH in Frankfurt wurde. Jetzt übernimmt er in München die Stelle von einem, der die S-Bahn in Krisenzeiten übernommen und seither viele Schritte zur Verbesserung des Systems eingeleitet hat, seien es neue Stellwerke, verbesserte Bremsanlagen, ein neues Störfallmanagement oder zuletzt das automatische Türöffnen - alles auf der Jagd nach ein paar eingesparten Sekunden. Und weil Bayerns Bahn-Chef Klaus-Dieter Josel und Johann Niggl, Chef der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), Weisser mit Lobesworten verabschiedeten, meinte Büttner anschließend: "Es gibt Leichteres, als Bernhard Weisser nachzufolgen." In der Tat wird es in den kommenden Jahren auch für ihn nicht einfach sein: Die S-Bahn ist schon jetzt an den Grenzen ihrer Kapazität angekommen, doch der Großraum München wächst immer weiter. 840 000 Fahrgäste nutzen die S-Bahn an Werktagen. Auf den 434 Kilometern Strecke verkehren täglich rund 1100 Züge. Erst mit der zweiten Stammstrecke und weiteren Ausbauten auf den Außenästen, heißt es in einer Stellungnahme der Bahn, werde ein qualitativ und kapazitätsmäßig völlig anderer S-Bahn-Verkehr möglich sein.

In den kommenden neun Jahren, bevor die zweite Stammstrecke fertiggestellt sein wird, wird es auch für Büttner darum gehen, mit der bestehenden Infrastruktur zurechtzukommen und an kleinen Verbesserungen zu arbeiten. Eine solche könnte, wie er sagt, eine verbesserte Kommunikation mit den Fahrgästen sein. So hofft er unter anderem auch auf Anregungen von Fahrgästen, die er als "externe Experten" bezeichnet und die, wenn es nach ihm geht, stolz auf "ihre S-Bahn" sein sollen. Dazu wird es wohl noch ein bisschen Kommunikation brauchen.

Bis dahin steht für die S-Bahn eine weitere Herausforderung an. 2020 schreibt die BEG als Bestellerorganisation des Freistaats die Verkehrsleistungen auf dem S-Bahn-Netz neu aus, der Vertrag wird dann bis 2032 gelten. Büttner meinte am Freitag zwar, er sei "selbstbewusst genug", um sagen zu können, dass die BEG keinen besseren Partner finden könne. Doch warnte er davor, das Vertragsverhältnis als Selbstverständlichkeit zu begreifen. Den Ausfall am Freitag mag er weder als schlechtes noch als gutes Vorzeichen begreifen. "So ist einfach das System", sagt er.

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