Amoklauf am OEZ:Neue Zeugin belastet Waffenhändler Philipp K. schwer

Waffenhändler vor Gericht

Der mutmaßliche Waffenhändler Philipp K. beim Prozessauftakt am 28. August im Münchner Landgericht.

(Foto: dpa)
  • Im Prozess gegen den mutmaßlichen Waffenhändler des OEZ-Amokläufers David S. sagt eine Zeugin aus, die den Angeklagten schwer belastet.
  • Etliche Nebenklage-Anwälte sehen die Aussage als weiteren Beleg dafür, dass Philipp K. sehr wohl wusste, was der Amokläufer in München plante.
  • Bislang ist Philipp K. unter anderem wegen fahrlässiger Tötung in neun Fällen angeklagt. Einige Opferanwälte stellten den Antrag, eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord zu erwägen.

Aus dem Gericht von Susi Wimmer

Im Prozess gegen den Marburger Waffenhändler Philipp K., der dem OEZ-Amokläufer eine Glock 17 für dessen neunfachen Mord verkauft hatte, ist eine Zeugin aufgetaucht, deren Aussage den Angeklagten schwer belastet. Sandra S. (Name geändert) erzählte vor Gericht von ihrer ausländerfeindlichen Schwägerin Elke, die sich am Abend des 22. Juli 2016, kurz nach dem Amoklauf, damit gebrüstet habe, über Umwege von Philipp K. in Darknet-Chats von der geplanten Tat bereits im Vorfeld gewusst zu haben.

Mehr sogar: Die Waffennärrin habe damit geprahlt, dem Täter und dem Waffenhändler Tipps für den strategischen Umgang mit Waffen gegeben zu haben. Etliche Nebenklage-Anwälte sehen die Aussage als weiteren Stein in der Indizienkette, die belegen könnte, dass Philipp K. sehr wohl gewusst hatte, was David S. mit der Glock 17 in München plante. Sie stellten deshalb am Freitag erneut Anträge, eine Verurteilung von K. wegen Beihilfe zum Mord in Betracht zu ziehen. Der Vorsitzende Richter Frank Zimmer äußerste sich dazu noch nicht.

Eine blonde Frau mit Pferdeschwanz betritt am Freitag den Gerichtssaal - sie ist am elften Verhandlungstag die einzige Zeugin, die vor dem Landgericht München I gehört wird. Ursprünglich habe sie gar nicht aussagen wollen, erklärt die 29-jährige Bundeswehr-Ärztin. Aber ihr Bruder habe sie darum gebeten. Die Familienverhältnisse sind - gelinde gesagt - schwierig.

Der Bruder, selbst Anwalt, stand wegen Waffengeschäften in Nordrhein-Westfalen vor Gericht, wurde zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und wartet nun auf seine Berufungsverhandlung. Verheiratet ist oder war er mit Elke, die ebenfalls im Darknet bei Philipp K., der sich dort "Rico" nannte, eine scharfe Waffe gekauft hatte. "Elke ist äußerst intelligent", sagt die Zeugin, "aber sie eckt sozial überall an - und sie hing immer am Computer".

Nach den Übergriffen in der Silvesternacht von Köln soll Elke mit einer Waffe am Gürtel aufgetaucht sein. Die habe sie auch im Haus getragen. "Ich hielt das für eine Schreckschusspistole", sagt die Zeugin. Elke sei vernarrt in jede Art von Waffen, ob Messer oder Kettensägen, sie habe gegen muslimische Mitbürger gehetzt und Gewaltfantasien verbreitet, was man alles in Flüchtlingsheimen anstellen könnte. Über ihren Bruder will die Zeugin nichts sagen. Nur, dass es im April 2016 eine SEK-Durchsuchung zu Hause gab und alle Waffen mitgenommen wurden.

Am Tag des Amoklaufs sei die Schwägerin in das Elternhaus von Sandra S. gekommen, um ihre Kinder abzuholen. Sie sei entgegen ihrer Art sehr freundlich und fröhlich gewesen. Angesprochen auf den Amoklauf, habe sie erklärt, sie wisse schon davon, "er hat es tatsächlich durchgeführt". Es sei ja der Jahrestag des Breivik-Attentats und da sollte jemand einen Amoklauf in München begehen. Sie wisse das von ihrer Chat-Bekanntschaft "blab", der auch mit "Rico" in Kontakt stehe.

Alle hätten gewusst, dass "vor Monaten" jemand bei "Rico" eine Glock gekauft hätte. Aber "Rico" und der Täter seien "dummes Fußvolk, das Hitler verehrt. Man kann sie instrumentalisieren zum Gebrauch." Sie, also Elke, hätte die beiden angeleitet im professionellen Gebrauch von Waffen, "wie man einen Rückstoß verarbeitet oder mehrere Schüsse nacheinander strategisch gut abfeuert".

Bislang ist Philipp K. unter anderem wegen fahrlässiger Tötung in neun Fällen angeklagt, was mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden kann. Einige Opferanwälte stellten den Antrag, eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord zu erwägen. Darauf steht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Reinhard Köppe, einer der Nebenklage-Anwälte, zeigte sich verwundert über die Zurückhaltung des Gerichts. "Für mich war diese Zeugin glaubwürdig", sagte er. Die Nebenklage beantragte, die Eltern der Zeugin zu laden. Als Termin ist der nächste Mittwoch anvisiert. Die Eltern sollen ebenso die Äußerungen von Elke mitbekommen haben.

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