Ammersee:Ein Schiff wird kommen - aber nicht anlegen

Dampfer auf dem Ammersee

Ein Dampfer kreuzt bei Herrsching auf dem Ammersee.

(Foto: Georgine Treybal)
  • Dampfer auf dem Ammersee lassen die auf den Stegen wartenden Passagiere einfach stehen.
  • Die Kapitäne haben manchmal keine andere Wahl, beteuern die Verantwortlichen.

Von Sebastian Krass, Breitbrunn

Pünktlich um kurz nach 16 Uhr kommt der Dampfer angefahren. Die potenziellen Fahrgäste auf dem Steg schauen, dass sie alles beisammen haben, um schnell an Bord zu kommen - und sehen dem Schiff erwartungsfroh entgegen. Doch dann, ein paar Hundert Meter fehlen noch, dreht der Dampfer ab. Will er umdrehen, um mit der anderen Seite anzulegen? Hm, sieht nicht so aus, ohne Hupen oder Durchsage fährt er weiter, in Richtung Utting, am gegenüberliegenden Ufer des Ammersees. Zurück in Breitbrunn bleiben unter anderem eine radelnde Familie mit Kindern und ein älteres Paar, das ein Ticket für eine Seerundfahrt hat. Die Situation ist auch deshalb blöd, weil es die letzte Fähre war, die an diesem Tag von hier aus nach Herrsching und damit zur S-Bahn gefahren wäre.

"Dank unbelehrbarer Badegäste"

Warum das Schiff weiterfuhr, erklärt ein Aushang am Beginn des Steges: "Dank unbelehrbarer Badegäste" könne es "im Ausnahmefall" vorkommen, dass eine Fähre nicht anlege. "Wenn sich rund um den Steg badende Personen befinden und den Schiffsverkehr massiv behindern, sind unsere Schiffsführer aus Sicherheitsgründen gezwungen, an dieser Anlegestelle vorbeizufahren." In der Tat vergnügte sich an jenem heißen Sommernachmittag auf dem Steg in Breitbrunn ein Dutzend Kinder und Jugendliche ungestört. Einer sprang noch ins Wasser, als das Schiff deutlich in Sichtweite war.

Drei- bis viermal im Monat komme es vor, dass ein Halt deshalb ausfalle, sagt Harald Lugmair, Betriebsleiter der Bayerischen Seenschifffahrt auf dem Ammersee. Breitbrunn sei in diesem Jahr ein Schwerpunkt. Auch am Starnberger See kennt man das Problem seit vielen Jahren. 2015 habe es bisher "drei bis vier Fälle" gegeben, heißt es aus der dortigen Filiale. Jetzt, nach Beginn der Sommerferien, könnten es natürlich mehr werden.

Harald Lugmair verweist auf die Verordnung für die Schifffahrt auf den bayerischen Gewässern, Paragraf 55, Absatz 3: "Im Umkreis von 100 m um Anlegestellen der Fahrgastschifffahrt ist das Baden und Sporttauchen außerhalb öffentlicher Badeplätze nur soweit gestattet, als die Schifffahrt dadurch nicht behindert wird." So weit, so logisch, so theoretisch. Dass man damit Jugendliche in Sommerstimmung eher wenig beeindruckt, ist Lugmair klar: "Die haben ja ein gewisses Alter, in dem sie ihre Pubertät ausleben."

Ehrenamtliche Stegwarte sollen Abhilfe schaffen

Die Anlegestege seien Eigentum der Seenschifffahrt, erklärt er, die wiederum gehört dem Freistaat. Was also kann das Unternehmen tun? Hupen bringt nichts, sagt Lugmair. Und Durchsagen des Kapitäns, die den Stehengelassenen zumindest erklären, was los ist, gebe es schon öfters. Aber eben nicht immer, wie Lugmair mit Blick auf den Fall aus Breitbrunn zugibt.

An den großen Anlegestellen Herrsching und Utting, Starnberg und Tutzing gibt es Stegwarte. Dort sind das meist Angestellte der Seenschifffahrt, die überwachen sollen, dass der Steg und das Wasser drumherum leer sind, wenn ein Schiff kommt. Harald Lugmair hat auch mal jemanden für Dießen gesucht, der das auf Honorarbasis macht. Nur hat er keine Interessenten gefunden. Bezahlt würde pro gelungenem Anlegevorgang - die Höhe des Honorars wissen allerdings weder er noch Michael Grießer, der Geschäftsführer der Seenschifffahrt.

Der sagt, man dürfe sich von so einem Wärter nicht zu viel versprechen. In Breitbrunn habe man kürzlich einmal jemanden auf dem Steg gehabt. "Aber der war auch machtlos, als die Jugendlichen sich drunter versteckt haben und dann rausgeschwommen sind, als das Schiff in der Nähe war." Viele unterschätzten auch die Sogwirkung, wenn sie hinter einem Schiff her schwimmen. "Wenn man ein paar Meter hinter der Schiffsschraube unterwegs ist, besteht die Gefahr, dass man als Faschiertes endet."

Einen Trost immerhin haben die Verantwortlichen für gestrandete Fahrgäste: Natürlich bezahle ihnen die Seenschifffahrt ein Taxi.

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