Altstadt/Hadern:"Ich fermisse dich, OPA!!!"

Schüler schreiben "L(i)ebensbriefe" an Verstorbene zu Allerheiligen in München, 2014

Grußbotschaften in eine andere Welt sind "L(i)ebensbriefe" an Verstorbene, die Kinder 2014 in der Kirche St. Michael auf Folien schrieben.

(Foto: Stephan Rumpf)

Trauerbriefe von Kindern zu Allerheiligen

Von Jutta Czeguhn, Altstadt/Hadern

Da war dieses Sprossenfenster unterm Dach, durch das Marielle Seitz über Wochen den grauen Winterhimmel betrachtete. Eine Krankheit hatte sie ans Bett gefesselt. Meist, schreibt sie in ihrem neuen Buch "Briefe die zum Himmel fliegen" (Kösel-Verlag, von 31. Oktober an im Handel), seien die Fensterscheiben beschlagen gewesen und milchig weiß. Mal bildeten sich Eiskristalle auf dem Glas, und wenn sie schmolzen, sei das Kondenswasser wie Tränen hinuntergeflossen. In jenem schlimmen Winter, berichtet die Pasinger Kunst- und Montessori-Pädagogin, habe sie viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Über das Leben, über Verlust und Trauer. Und es entstand der Gedanke zu einem ganz besonderen Projekt, den "L(i)ebensbriefen".

Ihre Idee: Kinder aller Glaubensgemeinschaften schreiben Grußbotschaften an liebe Verstorbene, seien es nun Opa, Oma, ein verunglückter Schulkamerad oder das Haustier. Hunderte, ja Tausende solcher Botschaften auf einer speziellen, durchsichtigen Folie sind mittlerweile entstanden und waren bereits ausgestellt, etwa auf dem Friedhof Obermenzing, am Domplatz oder in St. Michael in der Neuhauser Straßer 6. Auch in diesem Jahr werden die L(i)ebensbriefe in den Tagen vor, zu und nach Allerheiligen in München ausgestellt. In St. Michael gibt es vom 25. Oktober bis 24. November nicht nur Briefe, sondern auch eine Fotodokumentation des Projekts. An Allerheiligen findet man L(i)ebensbriefe von trauernden Eltern und Geschwistern am Waldfriedhof, Kindergräber Sektion 601, Eingang Lorettoplatz.

Ihr Buch, das Marielle Seitz ein "Familienbuch" nennt, soll Trauerhilfe vor allem für Kinder sein. "Bei der Durchführung des Projekts habe ich unzählige Kinder erlebt, die mit großer Hingabe Briefe geschrieben und gezeichnet haben. Eigentlich hatte alle Kinder Trauererfahrungen auf irgendeine Art und Weise. Die beteiligten Kinder waren sichtlich froh und erleichtert, dass sie mit ihren Geschichten ernst genommen wurden", schreibt Seitz. Und wenn man diese Grüße liest, ist man ganz sicher, dass sie an der richtigen Stelle kommen werden: "Du biest gestorben, wo ich geboren bin. ich heise EMMA. du bist mein besta Opa auf der ganzen Welt. ich fermisse dich, OPA!!!

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