Altstadt:Wer während der Zwischennutzung im Ruffinihaus arbeiten wird

Modedesigner, Autoren, Architekten und App-Entwickler: Diese Menschen werden hier ihre Projekte verwirklichen.

Von Franziska Gerlach und Christina Hertel

5 Bilder

-

Quelle: Alessandra Schellnegger

1 / 5

Wer sich für Mode interessiert, den dürfte der Name Daniel Wingate aufhorchen lassen. Wingate? Das ist doch der frühere Chefdesigner des Aschheimer Luxuslabels Escada. Zeigt einem da etwa gerade jener Mann seine Räume im Ruffinihaus, der beim ersten Münchner Modepreis in der Jury saß? Genau so ist es. Seither sind ja auch beinahe zwei Jahre vergangen: Der gebürtige US-Amerikaner arbeitet nicht mehr für Escada, nun möchte er sich mit einer eigenen Kollektion selbständig machen. Dass er sich aber mit seinem bekannten Namen ins kreative Getümmel stürzt, sagt auch etwas über seinen Ansatz aus. "Ich möchte Luxusmode anders angehen", sagt Wingate, "nicht so hochnäsig." In einem der Zimmer will der Designer arbeiten, das andere soll sein Showroom sein. Jeder kann dann einfach hineinspazieren und sich den leichten, weißen Mantel ansehen oder das bestickte T-Shirt-Kleid. Und dann, eh klar, sind natürlich auch die Geschäftsführer der großen Münchner Modehäuser willkommen. Die potenziellen Kunden also.

-

Quelle: Alessandra Schellnegger

2 / 5

So ein Autorenleben könne manchmal ganz schön einsam sein, sagt Sarah Schill, 39. Allein zu Hause im Schlafzimmer oder am Küchentisch. Sie hat in ihrer Wohnung immerhin ein eigenes Zimmer für's Schreiben. Aber dann sind da die Kinder, die Hausarbeit und alles Mögliche, das es zu erledigen gibt. Schill (rechts im Bild, mit Kollegin Helen Simon) freut sich deshalb auf die drei Monate im Ruffinihaus. Sie will dort an einem Kinderbuch arbeiten. Es geht um die Freundschaft zwischen einem Kobold und einer Hexe. Ein paar Geschichten daraus sind schon fertig. Nur einen Illustrator hat sie noch nicht. "Vielleicht finde ich den hier." Auch für ihr zweites Projekt, an dem sie arbeitet, könnte Schill Unterstützung brauchen. Für ihr Drehbuch, das auf der Intensivstation spielt, sucht sie einen Regisseur. Dass sie den findet, ist nicht unwahrscheinlich - immerhin teilt sie sich die Räume mit fünf anderen Filmleuten. Eingerichtet sei bis jetzt noch nichts, sagt Schill. "Der Hausmeister hat uns eine Topfpflanze mitgebracht."

-

Quelle: Alessandra Schellnegger

3 / 5

Als der Mann von Bernarda Alba stirbt, verpflichtet sie ihre fünf Töchter zu acht Jahren Trauer. In der Zeit dürfen sie das Haus nicht verlassen. So will es die Familientradition. Die Tragödie "Bernarda Albas Haus" von dem spanischen Autor Federico García Lorca ist ziemlich düster - und nimmt kein gutes Ende. Trotzdem hat sich Teresa Neuner (rechts) für dieses Drama entschieden. Neuner studiert Innenarchitektur an der Akademie der Bildenden Künste. Von ihrem Professor haben sie und drei Studienkollegen die Aufgabe bekommen, ein Gebäude anhand eines Textes zu entwerfen. "Normalerweise", sagt sie, "machen wir ja immer schöne Sachen." Zeit, etwas anderes auszuprobieren. Aus einem Gipsblock schnitzte sie das Haus heraus - mit dem Zimmer der Mutter in der Mitte, damit sie ihre Töchter jederzeit überwachen kann. Außerdem gestalteten die Studenten einen Raum im Ruffinihaus. "Wir haben die Wände mit Texten aus unserem Projekt zugekleistert." Anschauen kann man sich das von Donnerstag bis Sonntag.

-

Quelle: Alessandra Schellnegger

4 / 5

In der Mittagspause wollten Janis Marquardt und seine Kumpels Christian Feuerbacher und Peter Juras (von links) zusammen etwas essen. Am Ende waren alle drei verärgert. Nicht, weil das Essen so schlecht schmeckte, sondern weil sie so lange warten mussten. Auf die Karte, auf die Rechnung. "Wir dachten, das kann man doch ändern", sagt Marquardt. Seit Anfang des Jahres entwickeln die drei Freunde eine App, mit der man im Restaurant bestellen und bezahlen kann, ohne auf den Kellner zu warten. "Orda" heißt sie und läuft schon im "Vorhölzer", dem Café auf dem Dach der TU, und im Thailänder "Kaimug". Bis Ende des Jahres sollen noch sechs weitere Restaurants dazu kommen. Und bis 2025 soll Orda auf der ganzen Welt benutzt werden. Große Ziele, an denen sie im Ruffinihaus weiter arbeiten wollen. Denkbar sei, dass man mit der App auch Gerichte bewerten kann, Bilder hochladen und sich einen Platz im Restaurant reservieren, sagt Marquardt. "Wir brauchen jetzt vor allem Austausch mit anderen Start-ups."

-

Quelle: Alessandra Schellnegger

5 / 5

Man sollte sich nicht wundern, wenn man bei einem Besuch im Ruffinihaus plötzlich rot sieht. Oder ist das eher ein Pinkton, mit dem drei Architekturstunden aus Regensburg - Jakob Eden, Kilian Krass und David Djuric - den Infopoint im ersten Stock ausleuchten? Egal. In jedem Fall soll sich der Raum durch die Farben von den Arbeitsräumen unterscheiden. "Wir wollten eine extrem künstliche Atmosphäre schaffen", sagt Krass. Eine, die Besucher überrascht. Sie neugierig macht. Dazu eine Theke aus Bauschaum, denn Dübel bohren ist im Ruffinihaus verboten. Alexander Müller, ihr früherer Dozent an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH), hat die Regensburger ins Ruffinihaus geholt. Dort bilden sie gemeinsam mit Müller und dem Architekten Mathieu Wellner die "Arge Müller Wellner", eine Arbeitsgemeinschaft, die sich zwischen Kunst und Architektur bewegt. Im Ruffinihaus wollen sie nicht nur arbeiten, sondern auch mit den Münchnern reden. Gerne über unkonventionelle Ansätze in der Stadtplanung.

© SZ.de/ebri
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: