Altstadt:Kultur inmitten des Grauens

Altstadt: Der Komponist Viktor Ullmann wurde 1944 in Auschwitz ermordet.

Der Komponist Viktor Ullmann wurde 1944 in Auschwitz ermordet.

(Foto: oh)

Text-Collagen von Häftlingen aus Theresienstadt im Künstlerhaus

Alice Herz-Sommer hatte ein freies Wesen, von dem der Hass nie Besitz ergreifen konnte. Als Jüdin hatte sie im Konzentrationslager Theresienstadt Unaussprechliches erlebt und überlebt. Und doch hörte sie nie auf, sich für die schönen Dinge, für das Leben an sich und für ihre Mitmenschen zu interessieren. Als sie 2014 im Alter von 101 Jahren in London starb, war sie für viele mehr als nur ein Vorbild. "Hass ist ein Mangel an Fantasie" ist der Titel einer literarischen Collage, in der am kommenden Dienstag, 26. April, um 19.30 Uhr im Millerzimmer im Künstlerhaus am Lenbachplatz auch Texte von Alice Herz-Sommer gelesen werden. Gregorij H. von Leïtis leiht ihren Gedanken seine Stimme.

Ein weiterer Autor, dessen literarisches Vermächtnis an diesem Abend zu hören sein wird, ist Georg Kafka, ein entfernter Verwandter von Franz Kafka, den wiederum Alice Herz-Sommer noch gekannt hat. Georg Kafka war ebenfalls Häftling in Theresienstadt, wurde von dort nach Auschwitz deportiert und fand den Tod im KZ Schwarzheide. Zu den Überlebenden von Theresienstadt gehörte auch Paul Aron Sandfort, der als Dreizehnjähriger ins Lager kam. Weil er Trompete spielen konnte, wurde er in das Orchester von Theresienstadt abkommandiert. Er gehörte zu jenen, die in Hans Krásas Kinderoper "Brundibár" spielte. Sandfort arbeitete später als Autor, Komponist, Regisseur, Musikwissenschaftler und starb 2007 in Kopenhagen. Auch von Leo Strauss wird es Texte bei der Lesung geben. Der Wiener Kabarettkünstler war in Theresienstadt Conférencier eines Kabaretts. Er wurde in Auschwitz ermordet. Dieses Schicksal teilt er mit dem Komponisten Viktor Ullmann. Der Schüler Arnold Schönbergs, lange vergessen, ist heute einer der bekanntesten unter den Künstlern, die im "Vorzeigelager" Theresienstadt interniert waren. Seine Oper "Der Kaiser von Atlantis" hat ihren Platz gefunden auf den Bühnen. Ilse Weber schließlich schrieb im Ghetto von Theresienstadt Gedichte, mehr als fünfzig sind erhalten. Auch sie starb zusammen mit ihrem Mann und ihrem Kind in Auschwitz. Die Schirmherrschaft für die Lesung haben Bundeskanzler a. D. Helmut Kohl und Felix Kolmer von der Foundation for Holocaust Victims übernommen.

Die Tickets kosten 18, ermäßigt neun Euro und sind erhältlich im Künstlerhaus, Telefon 59 91 84 14, bei München Ticket, Telefon 54 81 81 81, oder unter www.muenchenticket.de.

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