Alter Peter:Jubiläumsglocke muss repariert werden

Alter Peter: Die Jubiläumsglocke gehört zu den größten Kirchenglocken Deutschlands. Sie hat mehr als zwei Meter Durchmesser und ist sieben Tonnen schwer.

Die Jubiläumsglocke gehört zu den größten Kirchenglocken Deutschlands. Sie hat mehr als zwei Meter Durchmesser und ist sieben Tonnen schwer.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Die Jubiläumsglocke im Alten Peter ist vor vier Jahren gerissen und muss deshalb ausgebaut werden.
  • Dazu müssen Treppen im Inneren des Turms abmontiert und Stahlträger eingezogen werden.
  • Der Alte Peter bleibt daher bis Mitte April vorübergehend geschlossen.

Von Julia Haas

Sie hat mehr als zwei Meter Durchmesser und ist sieben Tonnen schwer. Die Jubiläumsglocke im Alten Peter gehört damit zu den größten Glocken Deutschlands. Die Prinzregent-Luitpold-Stiftung hat sie der Pfarrkirche Sankt Peter 1958 anlässlich der 800-Jahr-Feier der Stadt geschenkt. Damals zog man sie einfach durch den Turm nach oben. 60 Jahre später muss die Glocke wieder raus - zur Reparatur in ein Glockenschweißwerk nach Nördlingen. Das Problem: Dort, wo die Glocke hinaufgezogen wurde, befindet sich heute das Nottreppenhaus.

Der Alte Peter gehört zu den beliebtesten Münchner Sehenswürdigkeiten. Für einen Blick von ganz oben schieben sich Einheimische und Touristen gleichermaßen durch das enge Treppenhaus. Wie viele Besucher es genau sind, will das Pfarrbüro nicht verraten. "Auf unseren Turm sind viele neidisch", sagt Gerhard Bals, der seit 34 Jahren für die Kirche arbeitet. "Die Leute denken, wenn viele Besucher anstehen, verdienen wir einen Haufen Kohle." An einem Samstag können es mal 250, mal 1 000 Besucher werden. Dafür habe allein der Bau des Nottreppenhauses eine Million Euro gekostet. "Ohne Rettungsweg hätten wir den Turm schließen müssen", sagt Bals.

"Ihr Wert ist nicht in Euro zu bemessen"

Doch genau dieser Weg ist jetzt im Weg, wenn es darum geht, die Glocke zur Reparatur vom Turm zu holen. Vor vier Jahren läutete die Jubiläumsglocke zum vorerst letzten Mal, damals hatte man einen Riss in der Anschlagstelle entdeckt. Davor erklang sie jeden Sonntag um 18 Uhr zum Gedenken an die Verstorbenen der Stadt, die Jubiläumsglocke ist eine der tontiefsten Glocken Bayerns. "Ihr Wert ist nicht in Euro zu bemessen", sagt Architekt Andreas Hlawaczek, der für die Planung des Glockentransports zuständig ist. Es sei deshalb nicht in Frage gekommen, die Glocke neu gießen zu lassen. Leider habe man den Riss auch nicht vor Ort schweißen können.

Naheliegend wäre gewesen, "die Glocke einfach mit einem Kran aus den Schallöffnungen zu ziehen" sagt, Hlawaczek. Und dann zeigt er auf die Wände in der Glockenstube. Um das Geläut herum sind etliche Stahlträger verbaut, die Glocke würde weder durch diese Stahlkonstruktion noch durch die Schallöffnungen passen. "Das hätte uns kein Statiker genehmigt, wir hätten die ganze Stube auseinanderreißen müssen", sagt der Architekt. Außerdem sei es keine langfristige Lösung: "Mauer aufbrechen, später wieder zumauern, und wenn wieder eine Glocke repariert werden muss: die gleiche Arbeit".

Also doch nach unten. Das darunterliegende Nottreppenhaus ist mittlerweile entsprechend umgebaut. Die Treppen bekamen Scharniere, um sie nach oben wegklappen zu können. Befestigt sind sie jeweils an Betonsockeln am Rand des Turms. "Eigentlich wollten wir diese Sockel wegreißen", erklärt Hlawaczek. Der Spalt zwischen den Betonsockeln sei nämlich nicht so breit, dass eine Glocke mit 2,20 Metern Durchmesser einfach nach unten gleiten kann. "Wir machen Pendeltechnik", berichtet der Architekt begeistert. Die Glocke sei ja oben schmäler. Mit schwingenden Armen beschreibt er die Bewegung der Glocke. "Sie wird ein Stück abgelassen, und sobald der Betonsockel näher kommt, ein bisschen zur Seite gekippt, dann passt sie durch den Spalt und kann wieder ein Stück nach unten."

"Die Decke würde sofort durchbrechen"

So einfach, wie sich das anhört, ist die Aktion aber nicht. Wenn eine Spezialfirma mit Seilen und Gurten die Glocke nach unten pendelt, hängt immerhin das Gewicht von mehreren Autos in der Luft. Die Betondecke, an der das Nottreppenhaus auf etwa halber Turmhöhe endet, eignet sich deshalb auch nicht, um die Glocke darauf abzustellen. "Die Decke würde sofort durchbrechen", sagt Hlawaczek. Handwerker haben eigens eine Stahlträgerkonstruktion angefertigt, auf der die Glocke abgestellt wird. Von dort aus soll sie dann horizontal in den nördlichen Teil des Turms unters Kirchendach geschoben werden. Hlawaczek steigt auf ein Gerüst und klettert durch eine breite Luke im Dach auf ein draußen aufgebautes Gerüst, in 37 Metern Höhe. "Hier wird am 4. April ein Kran die Glocke rausheben und nach unten bringen."

Die Aktion ist für den späten Mittwochabend geplant, Dachdecker mussten dafür schon vor ein paar Wochen bei minus 13 Grad das Dach abdecken. "Es ging leider nicht anders, die Reparatur ist ganz eng getaktet." "Bisher lief zum Glück alles nach Plan", sagt der Architekt. Der Alte Peter bleibt für Besucher während der Bauarbeiten komplett gesperrt. Man nutzt diese Zeit gleich für eine Rundumerneuerung.

Reparaturkosten in Höhe von 455 000 Euro

Es hat immerhin vier Jahre gedauert, um den Glockentransport zu organisieren. Das Schweißwerk in Nördlingen hat eine lange Warteliste. Als endlich ein Termin frei war, startete gerade die Hugendubel-Baustelle, damit war kein Platz für das Glocken-Projekt. Dann passte es der Kirche nicht in den Kalender, jetzt also 2018. Eine kleinere, mehr als 600 Jahre alte Glocke kommt auch gleich zur Reparatur. Für das komplette Projekt Glockensanierung samt Treppenhausumbau, Kran und Reparatur sind Kosten von etwa 455 000 Euro veranschlagt. Auf dem Plan stehen auch noch ein frischer Anstrich, die Ausbesserung der Elektronik und die Erneuerung der Feuermeldeanlage.

Die Handwerker hat Hlawaczek sorgfältig ausgewählt, mit vielen Firmen arbeitet er seit Jahren zusammen. Mit alten Materialien müsse man sich bei so einer Arbeit auskennen, sagt er. Er selbst hat schon viele Kirchen- und Denkmalprojekte betreut. Als er auf dem Gerüst neben dem Dach des Alten Peter steht, blickt er sich in alle Richtungen um. "Von hier kann ich meine ganzen Baustellen sehen." Vom 12. April an sollen diesen Ausblick wieder alle genießen können. "Ende Mai kommt die Bimmel dann wieder rein", sagt Hlawaczek. Endgültig ist der Alte Peter voraussichtlich vom 9. Juni an wieder geöffnet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: