Alte Jahrmarktromantik:Wie damals mit dem Westpaket

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Pascal Raviol war früher beim Circus Roncalli und hat dort seine Liebe zu Wohnwagen und Jahrmärkten entdeckt. Auf der Oiden Wiesn ist er zum fünften Mal. (Foto: Catherina Hess)

Pascal Raviols "Reisesconditorei" und das Leben hinterm Zaun

Interview von Franz Kotteder

Pascal Raviol hat die "Reiseconditorei" mit Kaffeegarten auf der Oiden Wiesn, gleich rechts vom Haupteingang. Seit fünf Jahren verkauft der gebürtige Ostberliner mit bis zu 20 Teilzeitmitarbeitern Herzerl aus einem fast 70 Jahre alten Verkaufswagen, Kaffee aus einem Campingwagen und gebrannte Mandeln an einem Stand daneben. Zusammen mit acht seiner Mitarbeiter wohnt er auch in historischen Wohnwagen auf dem Festgelände. Die alte Jahrmarktromantik liege ihm sehr am Herzen, sagt er, und München müsse aufpassen, dass der Charme der Oiden Wiesn nicht verloren gehe.

SZ: Ist die Oide Wiesn heuer anders als beim letzten Mal 2015?

Pascal Raviol: Auf alle Fälle. Die Sicherheitsauflagen und die Kontrollen machen es uns nicht gerade leicht. Als ehemaliger DDR-Bürger bin ich es ja gewohnt, hinter Zäunen zu leben ... Es ist zum Beispiel gar nicht so einfach, einfach so Lebensmittel für den täglichen Bedarf hier reinzubringen, weil einen die Security mit Rucksäcken natürlich nicht durchlässt. Für die Schausteller ist das dann schon absurd.

Wie haben Sie dieses Problem gelöst?

Durch Beziehungen! Da wussten wir uns ja auch damals im Osten schon zu helfen (lacht ). Nein, im Ernst: Man kennt sich natürlich über die Jahre hinweg, und die Lastwagenfahrer, die auch die großen Zelte mit riesigen Mengen Lebensmittel beliefern, die bringen uns dann einfach mal einen Riegel Butter mit oder einen Schweinsbraten oder einen gefrorenen Lachs. Schon lustig: Fühlt sich so an, wie damals mit den Westpaketen.

Früher war alles einfacher auf der Oiden Wiesn, oder?

Klar, da bin ich jeden Morgen zum Supermarkt geradelt, um Brötchen zu holen. Geht jetzt nicht mehr. Aber wir haben vorgesorgt, mit Tiefkühlbackware.

In ihrem Kaffeegarten halten Sie es ja auch mit dem vereinfachten Angebot.

Ja! Dort gibt es Waffeln und Kaffee. Und zwar nur Kaffee und nicht Cappuccino. Wir sind schließlich die Oide Wiesn! Die Leute mögen das, die stehen geduldig Schlange, bis sie drankommen, ratschen miteinander und haben eine gute Zeit.

Haben Sie etwas gespürt vom Besucherschwund in diesem Jahr?

Ja, natürlich merkt man das. München muss schon aufpassen, dass die Oide Wiesn ihren eigenen Charme nicht verliert. Das wäre der Fall, wenn die Touris hier auch nur noch zum Saufen reinkämen. Zum besonderen Charme gehören aber auch liebevoll ausgewählte Stände und Fahrgeschäfte und ein ordentlich kuratiertes Museumszelt. Man muss auch aufpassen, dass ältere Münchner nicht abgeschreckt werden, weil sie x-mal kontrolliert werden von Leuten, die erkennbar nicht aus München stammen.

© SZ vom 30.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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