Allach/Untermenzing:Durchbruch auf der Klägerbank

Anwohner erreichen vor Gericht, dass die Stadt zum Ausbau der Allacher Straße einen neuen Bescheid erteilen muss

Von Ellen Draxel, Allach/Untermenzing

Die Urteile sind so, wie sich die Kläger das erhofft haben: Die Stadt kann den Ausbau der Allacher Straße zwischen Eduard-Schwartz- und Ernst-von-Beling-Straße wohl nicht so realisieren, wie geplant. Bei einem Prozess vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht haben Richter Dietmar Wolff und vier seiner Kollegen die Kommune aufgefordert, alle Argumente der Kläger noch einmal zu überprüfen und "neu zu bescheiden". Welche konkreten Verbesserungen die Neuplanung beinhalten muss, hat das Gericht nicht entschieden. Während der mündlichen Verhandlung zweier Anwohnerklagen war vor allem Tempo 30 ins Zentrum der Debatte gerückt. Die Urteile haben Präzedenz-Charakter.

Sechs Anlieger, alle Mitglieder der Interessengemeinschaft Allacher Straße, hatten gegen Planungen der Stadt geklagt, die Allacher Straße in diesem Abschnitt ohne Temporeduzierung auszubauen. Die Lärmgrenzwerte seien längst überschritten, argumentieren sie, daher müsse eine neu zu bauende Straße Elemente einer Entschleunigung beinhalten. Das könne durch einen versetzten Verlauf geschehen, durch Tempolimits und einen geringeren Lkw-Verkehr. Die Planung des Baureferats sieht einen geraden Straßenverlauf vor, mit einer 5,50 Meter breiten Fahrbahn plus Fahrradstreifen und Gehwegen auf jeder Seite.

"Wir haben der Stadt jede Menge Vorschläge gemacht, aber bisher ist sie auf keinen einzigen eingegangen", kritisiert Klägerin Erna Schmid. Seit fünf Jahren diskutieren die Anlieger mit der Verwaltung, 78 Anträge wurden gestellt, eine Mediation im August führte zu keinem Ergebnis. "Wir sind ein reines Wohngebiet, trotzdem fahren bei uns bis zu 9000 Autos am Tag vorbei." Mehr als 64 Dezibel erreichten die Lärmwerte maximal bereits im Jahr 2007, das zeigt eine Lärmkarte. "Seitdem hat der Verkehr massiv zugenommen", erklärt der zweite Vorsitzende der Interessengemeinschaft, Gerald Merz. Die Allacher Straße, monieren die Anlieger, werde von vielen Autofahrern als Schleichweg genutzt, statt der parallelen Von-Kahr-Straße.

Dass die Allacher Straße derzeit die attraktivste, weil kürzeste Route ist, bestätigte Peter Geck vom Kreisverwaltungsreferat. Der Lärm sei aber nicht so gravierend, eine Anordnung für Tempo 30 zu rechtfertigen. Zumal die Allacher Straße eine "Sammelstraße" sei. "Wir haben ja gesehen, dass die Straße dringend verbessert werden muss. Und eine neu asphaltierte Fahrbahn ist wesentlich ruhiger als die jetzige Holperfahrbahn." Laut Verkehrslärmschutzverordnung dürfen die Immissionswerte tagsüber 59 und in der Nacht 49 Dezibel nicht überschreiten. "Die Stadt ist aber der Ansicht, dass sie erst reagieren muss, wenn 70 Dezibel erreicht sind", kritisiert Erna Schmid. Das sind die Richtwerte in den Richtlinien, die das Bundesverkehrsministerium den Behörden als Orientierungshilfe gegeben hat. "Irgendwann müssen wir wissen, welche Grenzwerte gelten", meint Geck. "Das ist die Kernfrage." Kläger-Anwalt Wolfram Sedlak sieht in den Urteilen nun gute Chancen, die Tempobegrenzung in der Allacher Straße zu bekommen. "Es gibt, wenn man das näher untersucht, keine Gründe dagegen."

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